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Homotoxikologie


Die Homotoxikologie gehört zu den Varianten der Homöopathie. Mitunter findet sich auch die Bezeichnung Homotoxinlehre.

Sie stammt von dem Arzt und Homöopath Hans-Heinrich Reckeweg, der ab den 1950ern in Zeitschriften und Büchern Texte zu seiner neuen Lehre veröffentlichte. Er verstand seine Thesen als Weiterentwicklung der Homöopathie.

Reckeweg ging davon aus, dass alles, was die Medizin als Krankheit kennt, in Wahrheit Reaktionen des Körpers auf ständig auf ihn einwirkende Giftstoffe sind. Der Körper kämpft im Bild der Homotoxikologie gegen diese Gifte an und möchte sie ausscheiden. Akute Krankheiten werden als erfolgreiche Ausscheidungsphasen gedeutet, chronische Krankheiten sollen entstehen, wenn das Entgiften nach und nach nicht mehr vollständig gelingt, sich Giftstoffe in den Zellen ablagern und diese letztlich irreversibel schädigen.[1]

Die Homotoxikologie gibt vor, wissenschaftlich untermauert zu sein.[2] Die Grundvorstellungen widersprechen jedoch dem bestätigten Wissen über Entstehung und Verbreitung von Krankheiten.[3] Für die zahlreichen therapeutischen Empfehlungen gibt es keine ausreichende Datengrundlage.[3][4][5]

Bekannte Arzneimittel der Homotoxikologie sind beispielsweise Traumeel, Galium-Heel N, Vertigoheel, Echinacea compositum SN und Lymphomyosot.



Krankheit im Bild der Homotoxikologie

Die Krankheitsursache in der Homotoxikologie

Reckeweg bezeichnet die von ihm formulierte Homotoxikologie als „Ganzheitsschau einer Synthese der Medizin“. Einerseits werden homöopathisch potenzierte Präparate eingesetzt, andererseits werden diese nicht individuell, sondern indikationsbezogen verordnet.[2]

Er zeichnet mit dieser Lehre ein Bild, in dem alle Erkrankungen Abwehrmaßnahmen gegen Gifte sind, bzw. Versuche des Körpers, trotz der Vergiftung über geeignete Regulationsmaßnahmen zu überleben.[6] Krankheiten sind in diesem Bild also notwendige bzw. für den Körper langfristig nützliche Abwehrmechanismen.

Die Biologische Heilmittel Heel GmbH beschreibt dies in ihrer Broschüre Homotoxikologie – Grundlagen für die therapeutische Praxis folgendermaßen:

Nach der Homotoxinlehre sind alle jene Vorgänge, Zustandsbilder und Erscheinungen, die wir als Krankheiten bezeichnen, der Ausdruck dessen, dass der Körper mit Giften kämpft und dass er diese Gifte unschädlich machen und ausscheiden will. Entweder gewinnt dabei der Körper oder er verliert den Kampf. Stets aber handelt es sich bei jenen Vorgängen, die wir als Krankheiten bezeichnen, um biologische, d.h. naturgerechte Zweckmäßigkeitsvorgänge, die der Giftabwehr und Entgiftung dienen.[1]

Reckeweg sprach deshalb nicht von Krankheit, sondern von Homotoxikose. Gesund sei ein Organismus nur dann, wenn er völlig frei von Giften und Giftschädigungen ist.[6] Alle auf den Körper einwirkenden Gifte nannte Reckeweg Homotoxine.[6] Zu diesen den Körper vergiftenden Substanzen zählte Reckeweg nahezu alles, womit der Körper in Berührung kommt:[1]

  • Staub
  • Rauch
  • Verschiedene Metalle
  • Holzschutzmittel
  • Lebensmittelzusatzstoffe
  • Schimmelpilze
  • Körpereigene Stoffe wie bestimmte Hormone (Adrenalin, Östrogen, …), Harnsäure
  • Verschiedene Medikamente
  • u. v. m.

Wissenschaftliche Einschätzung

Diese Annahmen sehen die Krankheitsentstehung unrealistisch monokausal und basieren nicht auf dem wissenschaftlich-medizinischen Wissen über die biochemischen Vorgänge in unserem Körper. Sie haben auch keinen Bezug zu anerkannten, belegten und akzeptierten Prinzipien der Toxikologie.[3] Die Toxikologie beschäftigt sich mit nachweisbaren Giftwirkungen im Körper und ist interdisziplinär mit der Pharmakologie und der Biochemie verwoben. Dagegen steht die Basis der Homotoxikologie, alle Krankheiten würden auf der Reaktion des Körpers auf bestimmte Schadstoffe beruhen, im Widerspruch zu vielen medizinischen und biochemischen Erkenntnissen. Dazu zählen genetische Ursachen für bestimmte Erkrankungen, die Übertragung anderer Krankheiten durch Keime und das Fehlen eines Nachweises systematischer Veränderungen im Zellstoffwechsel, wie die Homotoxikologie sie beschreibt.

Obwohl Reckeweg nachgesagt wird, sein Modell durch umfangreiche Forschungstätigkeit untermauert zu haben, finden sich keine relevanten Arbeiten von ihm in den wissenschaftlichen Fachjournalen. Die später von ihm gegründete Firma Heel beschreibt in ihren Broschüren zumindest einige später durchgeführte Studien. Diese wurden aber meist ohne Kontrollgruppen durchgeführt und sind somit nur wenig aussagekräftig.[5][B 1][B 2]

Die Dynamik der Krankheit in der Homotoxinlehre

In einer Krankheitsevolutionstabelle beschrieb Reckeweg seine Vorstellungen über eine Krankheitsentwicklung als Folge zunehmender Vergiftungserscheinungen in sechs Phasen, von leichten Beschwerden bis hin zu schweren Pathologien, meist Krebs.[6] Mitunter wird diese Tabelle in der Literatur deshalb auch als Sechs-Phasen-Tabelle bezeichnet.[1]

Die Homotoxikologie unterscheidet die folgenden „Phasen des Vergiftungszustandes“ des Körpers:

  1. Exkretionsphase: Beschreibt die „normale Reaktion“ des Körpers; Gifte werden einfach und unproblematisch regelmäßig ausgeleitet.
  2. Inflammationsphase: Es kommt zu Entzündungen, die als stresshaft gesteigerte Reaktion des Körpers auf die Gifte verstanden werden.
  3. Depositionsphase: Diese Reaktionen des Körpers sollen die beginnende Einlagerung der Gifte in den Körper anzeigen, in dieser Phase noch „extrazellulär“, also außerhalb der Zellen.[B 3]
  4. Imprägnationsphase: Ab dieser Phase handelt es sich bei den mutmaßlichen Reaktionen des Körpers um chronische Erkrankungen. Dies wird damit begründet, dass die Einlagerung der Stoffe in die Zellen nun endgültig sei.
  5. Degenerationsphase: Die Homotoxikologie spricht hier von dauerhaften Schädigungen des Körpers durch die eingelagerten Gifte.
  6. Dedifferenzierungsphase: In der schwersten und letzten Phase führen die Giftstoffe zu bösartigen Veränderungen im Gewebe.

Zwischen der dritten und vierten Phase sieht die Homotoxikologie den „biologischen Schnitt“. Er soll die Grenze sein, bis zu der die Giftstoffe noch vollständig aus dem Körper entfernt werden und es nicht zu dauerhaften Einlagerungen im Gewebe kommt. Entsprechend seien Beschwerden in Phasen jenseits des biologischen Schnittes nicht mehr vollständig reversibel.[1][7] In der homotoxikologischen Literatur findet man bisweilen auch die beiden Bezeichnungen „links des biologischen Schnittes“ für Beschwerden, die in den ersten drei Phasen der Krankheitsevolutionstabelle gelistet sind, und „rechts des biologischen Schnittes“ für Erkrankungen aus den drei letzten Phasen.

Die Homotoxikologie setzt ihre Präparate in allen Phasen der Krankheitsevolutionstabelle ein.

Organ Exkretionsphase Inflammationsphase Depositionsphase Imprägnationsphase Degenerationsphase Dedifferenzierungsphase
Haut Schwitzen Hautunreinheiten, Akne Nävi,[B 4] Leberflecke, Ekzeme, Warzen Neurodermitis, Analfissuren, Krätze, Hautatrophie (Gewebeschwund) Hautkrebs
HNO erhöhte Tränensekretion Mittelohrentzündungen, Bindehautentzündung Nasenpolyp, Tubenkatarrh Heuschnupfen, chronische Nasennebenhöhlenentzündung Makuladegeneration, Otosklerose, Karies, Parodontose Zungenkarzinom, Larynxkarzinom, Nasopharynxkarzinom, Trachealkarzinom
Darm Durchfall Entzündung der Darmschleimhaut Verstopfung Colitis ulcerosa (chronische Darmentzündung) Divertikel im Darm (Divertikulose) Darmkrebs

Tabelle 1: Ausschnitt aus typischen Krankheitsevolutionstabellen.[1][7][8] Vollständige Tabellen sind deutlich länger und umfassen nahezu alle Organe.


Die Bezeichnung „HNO“ wurde aus der Originalliteratur[1] übernommen. Aus medizinischer Sicht können jedoch nicht alle aufgeführten Beschwerden unter die Kategorie „HNO“ subsummiert werden, sondern stellen eigentlich Atemwegserkrankungen oder Erkrankungen der Augen dar.

Die Krankheitsevolutionstabelle wird in der Homotoxikologie nicht nur benutzt, um den Schweregrad von Vergiftung und Körperreaktion einzuordnen, sie dient auch als Grundlage zur Bestimmung der nach der Lehre indizierten antihomotoxischen Präparate. Nicht zuletzt dient sie auch der Prognose der Entwicklung der Beschwerden.[8] Verschieben sich die Beschwerden eines Patienten von einer Phase in eine andere, wird dies Vikariation genannt.[1] Dabei müssen nicht alle Phasen sichtbar durchlaufen werden. Es können auch völlig beschwerdefreie Jahre zwischen dem Auftreten bestimmter Krankheitsbilder liegen. Diese werden trotzdem als Folge sich schleichend eingelagerter Gifte interpretiert, mitunter auch als Folge einer falschen Behandlung der Beschwerdebilder in den ersten drei Spalten der Tabelle. Nach Reckewegs Lehre bedeutet eine medizinische Behandlung eine Unterdrückung der Symptome und führt damit zur Verhinderung der Ausleitung der Gifte. Die Folge sei unweigerlich die Entstehung von weiteren Erkrankungen, die letztlich durch diese ärztlichen Maßnahmen verursacht seien. Die International Academy for Homotoxicology (IAH) schreibt hierzu beispielsweise:

Wenn wir eine Entzündung unterdrücken, dieser Entzündungsprozess jedoch Homotoxine und deren negative Einflüsse auf die Gewebe beseitigen sollte, haben wir einen Reinigungsprozess gestoppt und die Auswirkungen der Vergiftung bleiben bestehen. Indem die durch einen Entzündungsprozess bewirkte Reinigung blockiert wird, ergreift man eine Maßnahme gegen das Leben, da die Homotoxine bestehen bleiben und langfristig zu einer tieferen Vergiftung führen…[8]

Wissenschaftliche Einschätzung

Die Anordnung der verschiedenen Beschwerdebilder und Krankheiten in der Krankheitsevolutionstabelle sowie die postulierte Entwicklung der jeweiligen Krankheiten aus den Beschwerden der vorhergehenden Phasen entbehrt jedweder wissenschaftlichen Grundlage.[3][B 5] Zwar können sich einzelne der Einträge tatsächlich auseinander entwickeln, doch trifft das in keiner Weise in dieser Allgemeingültigkeit zu, wie sie hier postuliert wird.[B 6] Es gibt auch keine wissenschaftlichen Belege, die dies nahelegen würden. Kritiker bezeichnen die Tabelle deshalb als …

… eine bedeutungslose Tabelle mit Krankheiten in willkürlicher Anordnung, entkoppelt von anatomischem und physiologischem Wissen.[B 7][9]

Wegen des Fehlens der Belege für das Krankheitsverständnis in der Homotoxikologie ist es problematisch, dass viele medizinisch sinnvolle Maßnahmen wie fiebersenkende oder entzündungshemmende Mittel grundsätzlich als „Unterdrückung“ der Reaktionen des Körpers abgelehnt werden. Während die Homotoxikologie im Einsatz fiebersenkender Mittel immer die völlig unbelegte Gefahr sieht, dass der Körper sonst Giftstoffe (die aus medizinischer Sicht überhaupt nicht für die jeweilige Erkrankung relevant sind) irreversibel in seine Zellen einlagert, besteht tatsächlich beim Einsatz fiebersenkender Mittel lediglich die Gefahr einer Schwächung des Immunsystems bei der Abwehr von aktuell eingedrungenen Keimen: Die erhöhte Körpertemperatur liegen oberhalb des Temperaturoptimums der Erreger, so dass der Körper bei der „Angriffsarbeit“ gegen die Keime in Vorteil kommt. Eine Senkung der Temperatur lindert zwar die Beschwerden, aber um den Preis der Immunschwächung. Die Ausnahme von dieser Regel ergibt sich, wenn die Temperatur so hoch steigt, dass körpereigene Proteine zerstört werden. Dann muss die Temperatur gesenkt werden – alles andere wäre tödlich. Entsprechend handelt die wissenschaftliche Medizin situationsabhängig: Leichtes Fieber wird nicht behandelt (es sei denn als nicht zu vermeidende Nebenwirkung eines Schmerzmittels, das notwendig ist) und hohes Fieber wird gesenkt, wenn der Vorteil des Fiebers (schnellere Genesung) sich in sein Gegenteil zu verkehren droht (Tod durch Überhitzung).[10] Gerade beim Fieber wird deutlich, wie sehr die individuelle Situation des Patienten in das medizinische Behandlungskonzept eingeht.

Über die (unbelegte) Vorstellung, medizinische Behandlungen würden das Ausleiten von Giftstoffen unterdrücken, werden in der Homotoxikologie mitunter medizinische Behandlungen sogar als Ursache der Entstehung der Beschwerdebilder „rechts des biologischen Schnittes“ dargestellt.[11] So schreibt die IAH:

Eine Erkrankung, die unterdrückt wird (…), hat die Tendenz, sich in Richtung tiefer gelegene (Organ-)Gewebe (zentripetal) zu entwickeln.[8]

Auch wird der Schweregrad vieler Erkrankungen in der Homotoxikologie oft ganz anders beurteilt als in der wissenschaftlich fundierten Medizin. Einige chronische Krankheiten werden „links des biologischen Schnitts“ gesehen und entsprechend als ausschließlich durch homotoxikologische Maßnahmen behandelbar angenommen.[8]

Übersicht über die homotoxikologischen Präparate

Die Homotoxikologie postuliert, dass die als Homotoxine bezeichneten Schadstoffe durch Entgiftungs-, Ausleitungs- oder Regulationsmaßnahmen unschädlich gemacht werden müssten, um der Einlagerung in die Zellen Einhalt zu bieten. Die Entgiftungsbestrebungen des Körpers seien zu unterstützen – oder in höheren Phasen der Krankheitsdynamik auch erst zu ermöglichen. Die im Rahmen homotoxikologischer Behandlungen eingesetzten Präparate sind oft Mischungen verschiedener homöopathisch „potenzierter“ Stoffe. Eine wichtige Rolle spielen hierbei auch Nosoden (also potenzierte Krankheitserreger oder infiziertes Gewebe) und potenzierte Inhaltsstoffe medizinischer Medikamente. Die letzten beiden Gruppen werden nach dem Gedanken der Isopathie (also „Gleiches mit Gleichem“) eingesetzt.

Bezug zur Homöopathie

Bei den antihomotoxischen Produkten handelt es sich oft um Kombinationspräparate, in denen die Wirkstoffe entweder in sehr niedriger Dosierung (Potenzen D6 bis D8) oder auch oberhalb der Avogadrogrenze enthalten sind (wie bei Injeelen oder Homaccorden).[11] Oft werden höhere Potenzen mit niedrigeren Potenzen desselben Ausgangsstoffes kombiniert; in vielen Präparaten sind deshalb auch dann Moleküle des Ausgangsstoffes vorhanden, wenn (zusätzlich) hohe Potenzen verwendet werden.[12]

Weil die Inhaltsstoffe der Präparate homöopathisch „potenziert“ werden, lassen sich antihomotoxische Arzneimittel als homöopathische Kombinationspräparate bezeichnen. Anwender der Homotoxikologie weisen aber darauf hin, dass dies umgekehrt nicht der Fall sei:[13]

  • In der klassischen Homöopathie nach Hahnemann wird das Ähnlichkeitsprinzip individuell verstanden, es erfolgt ein Abgleich zwischen dem Arzneimittelbild und den Symptomen des Patienten. In homöopathischen Komplexmittel werden die Komponenten über ihre Gemeinsamkeiten in der Materia medica zusammengestellt.
  • In der Homotoxikologie werden Präparate nach der Ähnlichkeit des Vergiftungsbildes mit dem Arzneimittelbild der Komponenten ausgewählt. Bei den antihomotoxischen Arzneimitteln sind verschiedene Aspekte des Vergiftungsstatus bei der Wahl der Bestandteile ausschlaggebend, so dass auch Ausgangsstoffe kombiniert werden, die unterschiedliche Symptome im Arzneimittelbild haben. Die Auswahl erfolgt also indikationsbezogen und nicht individualisiert.

Durch diese spezielle Zusammenstellung sollen sich antihomotoxische Präparate von anderen homöopathischen Komplexmitteln durch einen „Synergismus der Bestandteile“ unterscheiden.[13] Beim Postulat dieser Synergien beruft man sich auf ein Prinzip, das in den 1930ern von dem Schweizer Pharmakologen Emil Bürgi formuliert wurde. Nach diesem Prinzip verstärken sich Effekte zweier Substanzen, die dieselben Symptome beseitigen, wenn sie verschiedene pharmakologische Angriffspunkte haben.[12] Bürgi hat dieses Prinzip allerdings nicht für potenzierte Präparate formuliert und auch nicht für Präparate, die auf dem Krankheitsbild der Homotoxikologie beruhen.

Weil man gewebeunverträgliche Substanzen für die Entstehung der Beschwerden verantwortlich macht, wendet man diese „Homotoxine“ in potenzierter Form als „Gegengifte“ in den antihomotoxischen Präparaten an. Ohne die Entgiftung mittels homöopathischer „Anti-Homotoxine“ würde, laut Reckeweg, die Dynamik der Krankheit fortschreiten. Als wissenschaftliche Begründung für dieses Vorgehen wird mitunter die Arndt-Schulz-Regel angeführt. Nach dieser aus den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts stammenden Hypothese kehrt sich die Wirkung vieler Giftstoffe um, wenn sie in Dosen knapp unterhalb der toxikologischen Grenze verabreicht werden: Schwache Reize sollen die Lebenstätigkeit (der Zellen) anfachen, mittelstarke Reize sollen sie fördern, starke hemmen sie, stärkste heben sie auf.[1] Tatsächlich ist heute bekannt, dass die Arndt-Schulz-Regel keinesfalls allgemein für alle Stoffe zutrifft und auch nicht in beliebigen oder gar extremsten Verdünnungen.[14] Obwohl die Arndt-Schulz-Regel als Rechtfertigung der Homotoxikologie als Ganzes genannt wird,[1] kann sie das allein schon deshalb gar nicht sein, weil sie keine Aussagen über Krankheitsentstehung macht, sondern allein auf Ebene der Zellen formuliert ist. Sie kann deshalb das Bild der Krankheit als Vergiftungskonsequenz gar nicht stützen.

Obwohl also aus der Sicht der Homotoxikologie ganz erhebliche Unterschiede zu normalen homöopathischen Komplexmitteln oder gar der klassischen Homöopathie bestehen, wird im Beipackzettel antihomotoxischer Präparate im Allgemeinen nicht auf die Zugehörigkeit des Produktes zur Homotoxikologie hingewiesen.[15] Die Patienteninformation beinhaltet in aller Regel lediglich den Hinweis auf die homöopathische Zubereitung. Diese Darstellung ermöglicht es, die Präparate über den Binnenkonsens der „besonderen Therapierichtung Homöopathie“ ohne Wirksamkeitsnachweis in klinischen Studien und aufwändiges Zulassungsverfahren als Arzneimittel zu registrieren.

Klassen homotoxikologischer Präparate

Die Homotoxikologie unterscheidet verschiedene Präparategruppen, die in Abhängigkeit von ihrer Zusammensetzung in unterschiedlichen Phasen der Krankheitsevolutionstabelle eingesetzt werden. Präparate, denen eine Wirkung als Regulatoren zugesprochen wird („Spezialitäten“ und die Homaccorde) werden in der gesamten Sechs-Phasen-Tabelle eingesetzt. Vor allem in den höheren Phasen „rechts des biologischen Schnittes“ werden Krankheitserreger (Nosoden), Materialien aus Schweinegewebe oder Stoffwechselkatalysatoren verwendet. Die Composita-Präparate und die Injeele fallen in diese Produktgruppen.[1] Besonders bei Erkrankungen, die in den höheren Phasen der Krankheitsevolutionstabelle eingeordnet sind, werden in der homotoxikologischen Behandlung mehrere Präparate aus verschiedenen Präparategruppen miteinander kombiniert.[2]

„Spezialitäten“

Die Produkte dieser Gruppe sind Komplexmittel, also Mischungen verschiedener Bestandteile. Sie sind für eine indikationsbezogene Anwendung in allen Phasen der Krankheitsevolutionstabelle konzipiert.[11] Die „Spezialitäten“ tragen Phantasienamen wie Traumeel oder Vertigoheel.[11] Mitunter wird damit geworben, dass ihre Wirksamkeit durch Studien abgesichert sei.[11] Viele Präparate sind jedoch als „registrierte homöopathische Arzneimittel“ und damit ohne Nachweis einer Wirksamkeit auf dem Markt. Zu einigen Präparaten existieren zwar Studien oder Laborexperimente, doch werden diese von verschiedenen Wissenschaftlern aufgrund fehlender Verblindung, fehlender Kontrollgruppen oder anderer Schwächen als nicht aussagekräftig eingestuft (siehe unten).[3][5][16]

Composita

Composita-Präparate sind ebenfalls Komplexmittel aus homöopathisch potenzierten Ausgangsprodukten. Anders als die „Spezialitäten“ enthalten die meisten von ihnen neben den in der Homöopathie üblichen Wirkstoffen zusätzlich organisches Gewebe (von Schweinen), Katalysatoren des Zitronensäurezyklus oder Nosoden, alles ebenfalls potenziert.[11] Im Bild der Homotoxikologie qualifiziert sie diese Zusammensetzung (mit der Ausnahme von Euphorbium compositum) zur Behandlung vor allem von chronischen und degenerativen Erkrankungen, also speziell Erkrankungen aus den höheren Phasen der Krankheitsevolutionstabelle.[11] Durch ihre Zusammensetzung sollen sie ihre Wirkung außerdem gewebebezogen entfalten, für verschiedene Organe gibt es verschiedene Compositum-Präparate.[11]

Composita tragen das „compositum“ oft im Namen, wie beispielsweise Hepar compositum Heel.[11] Einige Produkte sind zur Injektion bestimmt.[17]

Homaccorde

Unter Potenzakkorden versteht man in der Homöopathie das Zusammenmischen verschiedener Potenzen desselben Einzelmittels. Die Homaccord-Produkte enthalten mehrere Einzelmittel in Potenzakkorden, meist D6 – D8, D10, D30, D200, gegebenenfalls D1000.[1] Sie werden in der homotoxikologischen Literatur oft für ein eng umgrenztes Anwendungsgebiet empfohlen.[11] Ein Beispiel ist Gelsemium-Homaccord.[18]

Injeele

Injeele sind homotoxikologische Präparate, die zur Injektion vorgesehen sind. In dieser Produktgruppe werden neben homöopathischen Einzelmitteln in Potenzakkorden auch Nosoden, Suis-Organpräparate (aus Schweinegewebe gewonnen), Katalysatoren und homöopathisierte Medikamente angeboten.[11]

Einzelmitteln in Potenzakkorden

Diese Gruppe wird am ehesten wie klassische Homöopathika nach der Materia medica verordnet: Durch Ergänzung mit einem Einzelmittel im Potenzakkord soll oft ein verordnetes homotoxikologisches Produkt besser an das Symptombild des Patienten angepasst werden.[11] Die Produkte werden in allen Phasen der Krankheitsevolutionstabelle eingesetzt.[11] Ein Beispiel ist Lycopodium-Injeel S.[19]

Nosoden

Nosoden sind potenzierte Substanzen aus Krankheitserregern, infizierten Geweben oder Ausscheidungen.[1] In der Homotoxikologie werden Nosoden eingesetzt, wenn die Erreger zur aktuellen oder einer vergangenen Erkrankung des Patienten passen.[11] Es handelt sich beim Einsatz der Nosoden um Isopathie (also den Ansatz, „Gleiches mit Gleichem“ zu behandeln).[1] Die Homotoxikologie spricht den Nosoden eine die Giftstoffe ausleitende Wirkung zu. Sie sollen den Körper an die toxischen Eigenschaften der durch die jeweilige Nosode erzeugten Erkrankung „erinnern“ können.[1]

Die Nosoden werden in allen Phasen der Krankheitsevolutionstabelle eingesetzt.[11] Beispiele sind Asthma-Nosode-Injeel[20] oder Sinusitis Nosode-Injeel.[21]

Suis-Organpräparate

Hierbei handelt es sich um verdünnte und verschüttelte Organgewebe. Die Organe stammen von Schweinen (lateinisch: suis).[1] Die Präparate enthalten oft verschiedene Potenzen („Potenzakkorde“) des Gewebes.[11] Anders als bei den Nosoden werden diese Produkte aus gesundem Gewebe gewonnen.[11] Die Homotoxikologie postuliert für diese Produkte wegen der Entnahme aus einem bestimmten Organ eine organspezifische regulative Wirkung.[1]

Die Suis-Präparate werden in der homotoxikologischen Behandlung speziell bei chronisch Kranken mit Beschwerden aus den letzten Phasen der Krankheitsevolutionstabelle verwendet.[1] Ein Beispiel ist Hepar suis-Injeel. Es wird in der homotoxikologischen Literatur für Lebererkrankungen (Hepar = altgriechisch: Leber) empfohlen,[11] ist in Deutschland aber als registriertes Homöopathikum ohne Indikation auf dem Markt.[22]

Katalysatoren

Homöopathisch verdünnte Katalysatoren werden als Injeele oder als Bestandteil von Composita eingesetzt. Sie sollen in den Zitronensäurezyklus der Zelle eingreifen und die Zelle mit Sauerstoff versorgen.[11] Zum Einsatz kommen sie bei den angenommenen Zellschäden auf der rechten Seite der Krankheitsevolutionstabelle.[11] Ein Beispiel ist Acidum cis-aconiticum-Injeel.[23]

Homöopathisierte Medikamente

Die Produkte dieser Gruppe enthalten Potenzakkorde von Medikamenten, die im Bild der Homotoxikologie ebenfalls Homotoxine sind.[11] Sie sollen Nebenwirkungen und Vergiftungserscheinungen der Medikamente entgegenwirken.[11] Das Medikament ist vor der Entgiftungsmaßnahme laut der homotoxikologischen Literatur abzusetzen.[11] Die homöopathisierten Medikamente werden auch eingesetzt, wenn das potenzierte Medikament gar nicht vom Patienten eingenommen wurde, seine Beschwerden aber den Nebenwirkungen des Medikamentes ähneln.[11] Ein Beispiel ist Acetylsalicylsäure-Injeel.[24]

Wissenschaftliche Einschätzungen

In der homotoxikologischen Literatur und auf den Webseiten der Anbieter finden sich immer wieder Aussagen, dass die Wirksamkeit der Produkte durch Studien belegt und abgesichert sei.[2][25] Wissenschaftliche Einschätzungen der Studienlage haben dieser Darstellung wiederholt widersprochen.

Review von Ernst und Schmidt

Eine Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2004 findet nach einer umfangreichen Literatursuche gerade einmal sieben randomisierte klinische Studien mit einer Placebo-Kontrollgruppe. In diesen sieben eingeschlossenen Arbeiten kommen unterschiedliche Medikamente aus dem Bereich der Homotoxikologie zum Einsatz, auch die Anwendungsgebiete sind verschieden. Somit lagen zu keiner Arbeit Reproduktionen vor.[3]

Die Ergebnisse von sechs dieser sieben Einzelstudien zeigen statistisch signifikante Ergebnisse zugunsten der homotoxikologischen Präparate. Allerdings fanden Ernst und Schmidt gravierende methodische Fehler in allen sieben Arbeiten und dies, obwohl der hohe Jadad-Score[B 8] einiger dieser Studien eine hohe Studienqualität hätte vermuten lassen.[B 9] Entsprechend kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die positiven Ergebnisse der Einzelarbeiten einer nicht immer sorgfältigen Analyse der Daten geschuldet sind.[B 10]

Ernst und Schmidt äußern den Verdacht eines Sponsor-Bias und fühlen sich darin durch einen Briefwechsel mit dem Hersteller bestätigt:

In drei der sieben eingeschlossenen RCTs war mindestens ein Autor ein Angestellter des Herstellers. In den meisten Artikeln wurden keine Interessenkonflikte deklariert. Mehrere Artikel wurden in einer Zeitschrift veröffentlicht, die eng mit dem Hersteller verknüpft ist; nur zwei Zeitschriften haben einen Impact-Faktor[B 11] (…). Unser Verdacht auf einen Sponsor-Bias wurde durch einen Briefwechsel mit einem Hersteller verstärkt, in dem uns mitgeteilt wurde, dass eine finanzielle Unterstützung für unser Forschungsprojekt nur vergeben werden würde, nachdem sie die Ergebnisse hätten überprüfen (und implizit genehmigen) dürfen [ Weiser M.[B 12] E-Mail an Professor Edzard Ernst, vom 27. Februar 2003 ] (…). Keine der eingeschlossenen klinischen Studien berichtete von einem unabhängigen Beobachter, der natürlich eine adäquate Maßnahme gewesen wäre, um diese Art von Bias zu minimieren.[B 13]

Aufgrund der methodischen Fehler und des Verdachts eines Bias kommen Ernst und Schmidt zu dem Ergebnis:

Trotz der meistens positiven Ergebnisse und der hohen Bewertung beim Jadad-Score, können die placebokontrollierten, randomisierten klinischen Studien zur Homotoxikologie keine gezielte Wirksamkeit dieses therapeutischen Ansatzes demonstrieren.[3][B 14]

Keine aussagekräftigen Belege für die homotoxikologische Komplementärbehandlung von Krebs

Die Krankheitsevolutionstabellen enthalten in den beiden rechten Spalten verschiedene Arten auch schwerster Pathologien, darunter Krebs. Entsprechend versteht sich die Homotoxikologie traditionell als ein Verfahren, das auch – komplementär – für die Behandlung von Krebs geeignet ist. Seit Jahrzehnten werden genaue Behandlungspläne mit den genannten Präparategruppen in der Literatur beschrieben.[2]

Beispielsweise finden sich auf der englischsprachigen Webseite Homotoxicology.net im „Biotherapeutischen Index für die Produkte der Biologische Heilmittel Heel GmbH“ in der explizit von Heel autorisierten Ordinatio Antihomotoxica et Materia Medica, 5th revised English edition, 2000[2] im sechsten Kapitel sehr detaillierte und konkrete Empfehlungen für die komplementäre Behandlung von Krebs mit homotoxikologischen Präparaten.

Präparat Einnahmeempfehlung
Lymphomyosot 3 Tabletten 3 mal täglich
Nux vomica-Homaccord 10 Tropfen 3 mal täglich
Berberis-Homaccord
Oder: Hepeel + Reneel
10 Tropfen 3 mal täglich
je 1 Tablette täglich

Tabelle 2: Beispiel für einen detaillierten Therapieplan (Ausschnitt) zur komplementären Behandlung von Krebspatienten, wie er sich in der homotoxikologischen Literatur findet.[2]


Der beschriebene homotoxikologische Therapieplan bei Krebs soll eine mehrwöchige Ausleitungs- und Entgiftungsphase darstellen, für die weitere Ergänzung mit Composita-Präparaten wie Coenzyme compositum und Ubichinon compositum nahegelegt werden. Im Anschluss an diese Phase soll die Therapie auf eine laut Behandlungsplan das Immunsystem regulierende Phase umgestellt werden, die wiederum mehrere Wochen dauert. Für diese Phase werden dann Präparate wie Echinacea compositum S, Engystol N, Lymphomyosot, Thyreoidea compositum, Tonsilla compositum und passende Carcinoma Nosoden empfohlen. Für die Wahl der passenden Nosode wird explizit ein Test über Elektroakupunktur oder kinesiologischem Muskeltest angeraten.[B 15] Bei beiden Verfahren handelt es sich um wissenschaftlich nicht anerkannte und zur Diagnose als ungeeignet eingestufte Methoden.[26][27][28][29][30]

Derart detaillierte Therapiepläne erwecken beim Patienten leicht den Eindruck, dass sie auf der Basis sorgfältiger klinischer Untersuchungen und eindeutig nachgewiesener Wirksamkeiten beruhen. Tatsächlich existieren keinerlei derartige Untersuchungen, die eine Wirksamkeit der beschriebenen Therapie nahelegen würden.

Bei vielen angeführten Untersuchungen handelt es sich lediglich um in vitro-Labortests, also Tests, die gar nicht am Patienten durchgeführt wurden, sondern an isolierten Zellen.[B 16] Derartige Tests an isolierten Zellen können aber keinen Wirksamkeitsnachweis für einen bestimmten Effekt beim Patienten ersetzen.[B 17] Daneben finden sich auch wenige Studien am Patienten; diese erfolgten jedoch teils ganz ohne Kontrollgruppe, teils unverblindet und/oder zu anderen Anwendungsgebieten als Krebs.[B 18] Die überwiegende Mehrheit der aufgeführten Arbeiten wurde in der Zeitschrift Internationale Zeitschrift für Biomedizinische Forschung und Therapie (Biologische Medizin, BM) veröffentlicht, die unter anderem von der Internationalen Gesellschaft für Homotoxikologie e. V. bis 2006[31][32] herausgegeben wurde.[33] Für viele Therapielisten werden auch gar keine Studien angeführt.

Diesen Mangel an Studien kritisieren verschiedene Wissenschaftler. So schreibt Stephen Barrett:[5]

Das Magazin der BHI beschreibt einige wenige Studien mit den Produkten von Heel, aber diese enthalten keine Kontrollgruppen und sind absolut bedeutungslos.

Auch Karsten Münstedt beschreibt in seinem „Ratgeber Unkonventionelle Krebstherapien“[4] die Anweisungen der Homotoxikologie. Sein Fazit zum Einsatz der verschiedenen Carcinoma-Nosoden-Injeele im Kapitel „Heteronosoden“ lautet

Untersuchungen und Prüfungen: Keine bekannt

Und im Kapitel „Komplex-Homöopathie / Antihomotoxische Medizin“ konstatiert er ebenfalls, dass sich die Empfehlungen keineswegs auf eine ausreichend wissenschaftliche Datenbasis stützen, sondern

im Wesentlichen auf Erfahrungsberichte von Therapeuten.

Münstadt kann überhaupt nur eine einzige Studie zum genannten Themenkreis angeführen.[34] In dieser Arbeit geht es jedoch um die Behandlung typischer Nebenwirkungen bei Krebspatienten (Entzündungen im Mundraum), nicht um eine Untersuchung, ob antihomotoxische Präparate die in der Literatur genannten entgiftenden, ausleitenden oder immunregulierenden Wirksamkeiten haben. Die Studie wird zudem in der Übersichtsarbeit von Ernst und Schmidt als wenig belastbar eingestuft, weil sie einerseits nur sehr wenige Patienten einbezieht (nur 30 Patienten werden ausgewertet) und somit statistisch anfällig ist. Andererseits wird kritisiert, dass nicht genannt wird, welcher Stoff als Placebo eingesetzt wird und somit nicht überprüfbar ist, ob das Placebo eher die Entzündungen förderte.[3]

In Replikationsversuchen, die nach Erscheinen der jüngsten Auflage von Münstedts Buch durchgeführt wurden, zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen mit Placebo oder Traumeel behandelten Patientengruppen.[35][B 19][36][B 20]

Das Fehlen von Wirksamkeitsnachweisen bei Krebs – und anderen Anwendungsgebieten – ist auch in den Patienteninformationen („Packungsbeilage“) der in den Therapieempfehlungen aufgeführten Präparate zu erkennen. Nirgends findet sich Krebs als Anwendungsgebiet.

In Deutschland sind die meisten in den Empfehlungen gelisteten Präparate als „registriertes homöopathisches Arzneimittel“ auf dem Markt und damit ganz „ohne Angabe einer therapeutischen Indikation“.[B 21] In Österreich werden Anwendungsgebiete genannt, allerdings nicht Krebs. Zudem wird auch hier explizit darauf hingewiesen, dass sich die Nennung von Anwendungsgebieten nicht auf wissenschaftliche Daten berufen kann. In der österreichischen Patienteninformation für Lymphomyosot heißt es beispielsweise:

Die Anwendung dieses homöopathischen Arzneimittels in den genannten Anwendungsgebieten beruht ausschließlich auf homöopathischer Erfahrung.[37]


Anmerkung: Einsatz im Veterinärbereich

Die komplementäre Krebsbehandlung mit Präparaten der Homotoxikologie wird in sehr ähnlicher Weise auch von Tierärzten und Tierheilpraktikern beworben.[38]

Zum Einsatz kommen Injektionen und orale Gaben verschiedener Produkte der Homotoxikologie, wie beispielsweise

  • Coenzyme compositum
  • Ubichinon compositum
  • Para-Benzochinon-Injeel forte
  • Lymphomyosot

Die Mittel werden kombiniert in Zyklen über 25 Tage verabreicht, getrennt durch eine mehrwöchige Pause.

Man beruft sich bei dieser Therapieempfehlung auf eine einzige Veröffentlichung aus Göttingen aus dem Jahr 2000.[39] Die Studie ist sehr klein, sie schließt gerade einmal 31 Hündinnen ein, bei denen ein Tumor operativ entfernt worden war. Die Hündinnen bekommen im Anschluss an die Operation alle eine homotoxikologische Therapie. Im Ergebnis kehren Tumore bei 26,9 % der Tiere zurück, 73,5 % der Hündinnen (Durchschnittsalter bei Operation 11,1 Jahre) leben nach einem Jahr noch. Die Studie enthält keine Kontrollgruppe, man vergleicht die genannten Zahlen vielmehr einfach mit Quoten älterer Studien. Nirgends wird thematisiert, ob die medizinische Behandlung und Nachbehandlung wirklich identisch waren oder ob der Zustand der in den jeweiligen Studien betrachteten Hündinnen vergleichbar war. Dies wäre aber sehr wichtig, denn es ist bekannt, dass die Überlebensraten der Tiere empfindlich mit dem Krebsstadium zusammenhängen.[40][B 22] Der einzige Hinweis auf die Vergleichbarkeit bezieht sich auf Rassen- und Altersstruktur der betrachteten Tiere und auch das nur über eine vage Angabe im Text.[B 23] Tabellen mit konkreten Angaben enthält die Studie nicht. Eine Vergleichbarkeit der Gruppen ist damit keineswegs belegt, die Studie insgesamt wenig belastbar. Auch im Veterinärbereich gibt es deswegen keine wissenschaftlich aussagekräftige Datengrundlage für den Einsatz dieser Therapieform.

Verwarnung durch die amerikanische FDA

Die amerikanische Food and Drug Administration (FDA)[B 24] sah 1984 deutliche Verstöße gegen die Arzneimittelvorschriften durch die Biological Homeopathic Industries (BHI) – der damalige Name von Reckewegs Firma in den USA.[41] Unter anderem in Bezug auf mit dem Hinweis „Antikrebs Stimulation“ vertriebene Tabletten sprach die FDA im Dezember 1984 eine Verwarnung aus:

Weiterhin sind uns keine stichhaltigen wissenschaftlichen Belege bekannt, die zeigen, dass die von Ihnen vermarkteten homöopathischen Arzneimittel allgemein als sicher und in der zugedachten Anwendung als wirksam anerkannt sind. Dementsprechend ist die fortgesetzte Vermarktung dieser Medikamente ein ernsthafter Verstoß gegen den „Federal Food, Drug and Cosmetic Act“...[B 25]

Bis zum März 1985 beendete die BHI deswegen den Vertrieb von Präparaten unter Bezeichnungen wie „Antikrebs“, „Antivirus“ oder „Schlaganfall-Tabletten“.[42] Während der späten 1980er und 1990er folgten weitere ähnliche Verwarnungen bzgl. der Produktbeschreibungen, denen die Firma jeweils nachkam.[43][44]

Wenngleich die Vermarktung der Produkte seitdem nicht mehr unter diesem Namen stattfindet, finden sich die ausgearbeiteten Therapiepläne für diverse schwere Erkrankungen, unter anderem auch Krebs, nach wie vor in der Literatur zur Homotoxikologie.[2] Auch in Deutschland wird trotz der fehlenden Belege eine Notwendigkeit einer „ausleitenden Begleittherapie bei Tumorerkrankungen“ auf verschiedenen Webseiten an den Patienten herangetragen.[45] Im Jahr 2015 boten 47,5 % der europäischen Zentren für Krebsbehandlung auch komplementärmedizinische Maßnahmen an; bei immerhin 12,8 % der von diesen Einrichtungen beworbenen Therapien handelte es sich um die Homotoxikologie.[46]

Quellen- und Literaturangaben
  1. 1,00 1,01 1,02 1,03 1,04 1,05 1,06 1,07 1,08 1,09 1,10 1,11 1,12 1,13 1,14 1,15 1,16 1,17 „HOMOTOXIKOLOGIE Grundlagen für die therapeutische Praxis“ Broschüre der Biologische Heilmittel Heel GmbH https://www.heel.de/media/de/downloads_pdf/heel_de_1/materialien/fk_bro_homotoxikologie_85254.pdf (aufgerufen am 11. Juli 2017)
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 2,7 Ordinatio Antihomotoxica et Materia Medica; 5th revised English edition, 2000. © 1986 by Biologische Heilmittel Heel GmbH; http://www.homotoxicology.net/Documents/biotherapy.pdf (aufgerufen am 11. Juli 2017)
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 3,5 3,6 3,7 E. Ernst, K. Schmidt: „Homotoxicology – a review of randomised clinical trials“ In: Eur J Clin Pharmacol (2004) 60: 299. doi:10.1007/s00228-004-0776-6 https://link.springer.com/article/10.1007%2Fs00228-004-0776-6 (aufgerufen am 8. Juli 2017)
  4. 4,0 4,1 Karsten Münstedt: „Ratgeber Unkonventionelle Krebstherapien Taschenbuch“; ecomed; ISBN: 978-3609163291 Link zum (eingeschränkten) Blick ins Buch (aufgerufen am 12. Juli 2017)
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 Stephen Barrett, Amerikanischer Psychiater im Ruhestand und Mitgründer der National Council Against Health Fraud (NCAHF) zur Homotoxikologie https://www.homeowatch.org/reg/BHI/bhi.html (aufgerufen am 11. Juli 2017)
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 Oliver Ploss: „Moderne Praxis bewährter Regulationstherapien: Entgiftung und Ausleitung, Säure-Basen-Haushalt, Darmsanierung“; Haug Verlag, 2. Auflage, ISBN: 978-3-8304-7315-2 Link zum (eingeschränkten) Blick ins Buch
  7. 7,0 7,1 Beschreibung der Sechs-Phasen-Tabelle auf der Webseite der Österreichischen Ärztegesellschaft für Biologische Regulationsmedizin und Homotoxikologie http://homotox.at/homotoxikologie/was-ist-homotoxikologie/ (aufgerufen am 13. Juli 2017)
  8. 8,0 8,1 8,2 8,3 8,4 International Academy for Homotoxicology „Einführung in die Homotoxikologie“ PDF (aufgerufen am 16. Juli 2017)
  9. Mark Crislip: „Homotoxicology“ auf dem Wissenschaftsblog „science-based medicine“ https://sciencebasedmedicine.org/homotoxicology/ (aufgerufen am 18. Juli 2017)
  10. Barlow, Gavin, et al. "Some clinical data." BMJ 340 (2010): c905. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20160319 (aufgerufen am 24. Juli 2017)
  11. 11,00 11,01 11,02 11,03 11,04 11,05 11,06 11,07 11,08 11,09 11,10 11,11 11,12 11,13 11,14 11,15 11,16 11,17 11,18 11,19 11,20 11,21 11,22 11,23 International Academy for Homotoxicology „Einführung in die Homotoxikologie: Präparategruppen“ PDF (aufgerufen am 6. Juli 2017)
  12. 12,0 12,1 International Academy for Homotoxicology „Einführung in die klassische Homöopathie“ PDF (aufgerufen am 17. Juli 2017)
  13. 13,0 13,1 International Academy for Homotoxicology „Basismittel in der Homotoxikologie“ PDF (spanisch) (aufgerufen am 17. Juli 2017)
  14. Edzard Ernst: „Homeopathy – The Undiluted Facts“; Springer International Publishing Switzerland 2016, S.71; DOI 10.1007/978-3-319-43592-3_11, ISBN: 978-3-319-43590-9
  15. Beispiele: Patienteninformation von
    –Lymphomyosot; es findet sich kein Hinweis auf die Homotoxikologie
    https://www.heel.de/media/de/downloads_pdf/heel_de_1/gebrauchsinformationen_bpz_kombis/lymphomyosot_tabl_016200_bpz.pdf (aufgerufen am 10. Juli 2017)
    –Traumeel S; es findet sich kein Hinweis auf die Homotoxikologie
    https://www.heel.de/media/de/downloads_pdf/heel_de_1/gebrauchsinformationen_bpz_kombis/traumeel_s_tabl_k_014558_bpz.pdf (aufgerufen am 18. Juli 2017)
  16. V. Ahne: „Traumeel: Hilft ein homöopathisches Mittel bei Sportverletzungen?“ auf „medizin transparent“, einem Projekt con Cochrane Österreich; https://www.medizin-transparent.at/traumeel-hilft-ein-homoeopathisches-mittel-bei-sportverletzungen (aufgerufen am 18. Juli 2017)
  17. Beispiel: Hepar compositum Heel https://www.heel.de/media/de/downloads_pdf/heel_de_1/gebrauchsinformationen_bpz_kombis/hepar_comp_heel_inj_k_052653_bpz.pdf (aufgerufen am 18. Juli 2017)
  18. Patienteninformation von Gelsemium-Homaccord https://www.heel.de/media/de/downloads_pdf/heel_de_1/gebrauchsinformationen_bpz_kombis/gelsemium_hc_mischung_k_015307_bpz.pdf (aufgerufen am 19. Juli 2017)
  19. Patienteninformation von Lycopodium-Injeel S; https://image.wub-service.de/resources/static/des/210901/74/85/74850.pdf (aufgerufen am 19. August 2021)
  20. Patienteninformation von Asthma-Nosode-Injeel; https://static.shop-apotheke.com/pdf/Beipackzettel-asthma-nosode-injeel-ampullen-10-st-00081866-bz.pdf (aufgerufen am 19. Juli 2019)
  21. Patienteninformation von Sinusitis-Nosode-Injeel; https://www.heel.de/media/de/downloads_pdf/heel_de_1/gebrauchsinformationen_bpz_injeele/sinusitis_nosode_inj_e_015953_bpz.pdf (aufgerufen am 19. Juli 2019)
  22. Patienteninformation von Hepar suis-Injeel https://www.heel.de/media/de/downloads_pdf/heel_de_1/gebrauchsinformationen_bpz_injeele/hepar_suis_injeel_e_015932_bpz.pdf
  23. Patienteninformation von Acidum cis-aconiticum-Injeel https://www.heel.de/media/de/downloads_pdf/heel_de_1/gebrauchsinformationen_bpz_injeele/acidum_cis_aconiticum_injeel_e_082011_bpz.pdf
  24. Patienteninformation von Acetylsalicylsäure-Injeel https://www.heel.com/media/de/downloads_pdf/heel_de_1/gebrauchsinformationen_bpz_injeele/acetylsalicylsaeure_injeel_e_bpz.pdf
  25. Beschreibung von Lymphomyosot in der „Reckeweg Heilpflanzen Welt“ der multi MED vision GbR http://reckeweg.heilpflanzen-welt.de/Praeparate/Lymphomyosot.htm (aufgerufen am 20. Juli 2017)
  26. B. Niggemann, C. Grüber: „Unproven diagnostic procedures in IgE‐mediated allergic diseases.“
    In: Allergy 59.8 (2004): 806-808.http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1398-9995.2004.00495.x/full (aufgerufen am 28. Mai 2017)
  27. J., Goran, W. Leung: „VEGA test: diagnostic champion or quack device.“ Univ Toronto Med J 81 (2004): 144-6. https://utmj.org/index.php/UTMJ/article/view/878 (aufgerufen am 28. August 2021)
  28. B. Wüthrich, P.C. Frei, A. Bircher, C. Hauser, W. Pichler, P. Schmid-Grendelmeier, F. Spertini, D. Olgiati, U. Müller: Bioresonanz – diagnostischer und therapeutischer Unsinn. Stellungnahme der Fachkommission der Schweizerischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie (SGAI) zu den Bioresonanz- und Elektroakupunkturgeräten zur Diagnostik und Therapie von (vermeintlichen) Allergien, Schweizerische Ärztezeitung 2006;87: 2, S.50 https://www.researchgate.net/publication/242643214_Stellungnahme_der_Fachkommission_der_Schweizerischen_Gesellschaft_fur_Allergologie_und_Immunologie_SGAI_zu_den_Bioresonanz-_und_Elektro-_akupunkturgeraten_zur_Diagnostik_und_Therapie_von_vermeintliche (aufgerufen am 6. September 2017)
  29. R. Lüdtke, B. Kunz, N. Seeber, J. Ring: „Test-retest-reliability and validity of the Kinesiology muscle test“.
    In: Complementary Therapies in Medicine, 2001, 9(3), 141-145; http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0965229901904558 (aufgerufen am 21. Juli 2017)
  30. H. J. Staehle: „„Applied Kinesiology“ auf dem Prüfstand“,
    In: zm 96, Nr. 19, 01.10.2006, Seite 52-58 http://prelaunch.zfn-online.de/tl_files/ZfN-Newsmaterial_2009/Wissenschaftliche%20Studie%20ueber%20ein%20weit%20verbreitetes%20alternativmedizinisches%20Verfahren.pdf (aufgerufen am 21. August 2021)
  31. Zeitschriftensammlung in der Bibliothek der Carstens Stiftung (Link zum Webarchiv, aufgerufen am 21. Februar 2021)
  32. Hinweis auf das Einstellungsdatum der Zeitschrift unter Lehmanns Media GmbH siz – service internationale zeitschriften http://size.lehmanns.de/artikel/8804289-Biologische-Medizin-ERSCHEINEN-EINGESTELLT (aufgerufen am 29. Juli 2017)
  33. Eintrag im Katalog für Fachzeitschriften http://www.worldcat.org/title/biologische-medizin-bm-internationale-zeitschrift-fur-biomedizinische-forschung-und-therapie-offizielles-organ-folgender-gesellschaften-internationale-gesellschaft-fur-biologische-medizin-ev-internationale-gesellschaft-fur-homotoxikologie-ev-hufelandgesellschaft-fur-gesamtmedizin-ev/oclc/643847180 (aufgerufen am 21. Juli 2017)
  34. M. Oberbaum, I. Yaniv, Y. Ben‐Gal, J. Stein, N. Ben‐Zvi, L.S. Freedman, D. Branski: „A randomized, controlled clinical trial of the homeopathic medication TRAUMEEL S in the treatment of chemotherapy‐induced stomatitis in children undergoing stem cell transplantation“;
    In: Cancer, 92(3), 684-690, 2001; http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/1097-0142(20010801)92:3%3C684::AID-CNCR1371%3E3.0.CO;2-%23/full (aufgerufen am 21. Juli 2017)
  35. S. F. Sencer, T. Zhou, L. S. Freedman, J. A. Ives, Z. Chen, D. Wall, M. L. Nieder, S. A. Grupp, I. Sahdev, W. B. Jonas, J. D. Wallace, M. Oberbaum: „Traumeel S in preventing and treating mucositis in young patients undergoing SCT: a report of the Children’s Oncology Group“
    In: Bone marrow transplantation, 47(11), 1409; 2012 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4008329/ (aufgerufen am 24. Juli 2017)
  36. V. Eilers, D. Beynenson, D.: „Effect of Traumeel S on pain and discomfort in radiation-induced oral mucositis: a preliminary observational study“
    In:Alternative therapies in health and medicine, 18(4), 12., 2012 https://www.researchgate.net/profile/Matthias_Fink2/publication/230636817_Effect_of_Traumeel_S_on_Pain_and_Discomfort_in_Radiation-induced_Oral_Mucositis_A_Preliminary_Observational_Study/links/0deec52cae2a8c4e66000000/Effect-of-Traumeel-S-on-Pain-and-Discomfort-in-Radiation-induced-Oral-Mucositis-A-Preliminary-Observational-Study.pdf#page=14 (aufgerufen am 24. Juli 2017)
  37. Patienteninformation von Lymphomyosot für Österreich; https://www.schwabe.at/wp-content/uploads/2020/07/Gebrauchsinformation-Lymphomyosot-Tabletten.pdf (aufgerufen am 21. August 2021)
  38. Beispiel eines solchen Therapievorschlages: M. Kraft, F. Beinheim: „Mammatumor“ – Beschreibung der Behandlung beim Hund http://www.mrcev.de/index.php/homoeopathie/mammatumor (aufgerufen am 21. Juli 2017)
  39. T. Kurth, S. Neumann, E. Reinhart: „Postoperative Nachbehandlung bei caninen Mammatumoren mit biologischen Präparaten“.
    In: Prakt Tierarzt, 16(4), 276-291. 2000; Nachdruck auf Englisch: http://www.biopathica.co.uk/Articles/Veterinary/28%20-%20Post%20Surgical%20Treatment%20in%20Canine%20Mammary%20Tumours%20.pdf (aufgerufen am 21. Juli 2017)
  40. Martin Kessler, Tierärztliche Klinik für Kleintiere: „Was Sie schon immer über Mammatumoren bei Hunden und Katzen wissen wollten“ http://www.vetcontact.com/presentations/kessler2/abstracts/mammatumoren_hund_katze.pdf (aufgerufen am 21. Juli 2017)
  41. Chastonay RJ. Request for limited inspection Re: Homeopathic Products. Memo, Oct 26, 1984
  42. Uhlman M. FDA cracks down in city 'homeopathic' drug factory. Albuquerque Tribune March 14, 1985
  43. FDA Enforcement Report, March 25, 1992, p 6.
  44. Health Fraud Actions, October 1993 - September 1994. Rockville, MD: FDA, 1994, p 3.
  45. Beispiel: Auf der Webseite der Deutschen Gesellschaft für Akupunktur und Neuraltherapie e. V. DGfAN findet sich ein Text aus der Zeitschrift „Die Naturheilkunde“ 5/2014 von R. Wander mit dem Titel „Die Biologische Tumortherapie – Eine homotoxikologische Betrachtung“ http://www.dgfan.de/media/admin/public/pdfs/fachbeitraege/akupunktur/2014/nhk-ap-2014-5.pdf (aufgerufen am 21. Juli 2017)
  46. E. Rossi, A. Vita, S. Baccetti, M. Di Stefano, F. Voller, A. Zanobini: „Complementary and alternative medicine for cancer patients: results of the EPAAC survey on integrative oncology centres in Europe. Supportive Care in Cancer“, 23(6), 1795-1806; https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25471177 (aufgerufen am 22. Juli 2017)


Anmerkungen und Originalzitate
  1. Originalzitat von Stephen Barrett auf Quackwatch: „The principles of "homotoxicology" do not conform to what is scientifically known about the body in health and disease. I have found nothing about Reckeweg or homotoxicology by searching MEDLINE and very few mentions of him or his work from sources not commercially affiliated with Heel-BHI. Although Reckeweg is said to have conducted extensive research, I can find no evidence that he published anything significant about this. BHI's magazine has described a few studies of Heel products, but these involved no control groups and mean absolutely nothing.“
  2. Quackwatch ist eine nichtkommerzielle, an den Patienten gerichtete Informationsplattform, die von verschiedenen Instanzen als vertrauenswürdig eingestuft wurde, unter anderem von den Fachzeitschriften
    The Lancet (M. Larkin: „Medical quackery squashers on the web.“ The Lancet 351.9114 (1998): 1520; http://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(05)78918-2/abstract (aufgerufen am 14. Juli 2017))
    JAMA (NN: „Click here: How to find reliable online health information and resources“. JAMA. 1998;280(15):1380. doi:10.1001/jama.280.15.1380).
    Quackwatch wurde auch in Fachzeitschriften als Quelle zitiert.
    (Beispielsweise in: Pray, W. Steven. "Ethical, scientific, and educational concerns with unproven medications." American journal of pharmaceutical education 70.6 (2006): 141. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1803699/ (aufgerufen am 14. Juli 2017))
  3. Die „extrazelluläre Matrix (EZM)“, die in diesem Zusammenhang mitunter genannt wird, umfasst Makromoleküle, die sich außerhalb der Membran von Zellen zwischen diesen in Geweben und Organen befinden. Zellen und EZM beeinflussen sich im Körper ständig gegenseitig.
  4. Nävus (Plural Nävi) ist eine Sammelbezeichnung für gutartige Haut- oder Schleimhautfehlbildungen http://www.naevus-netzwerk.de/nevus/naevi-allgemein/#Was_bedeutet_Naevus (aufgerufen am 29. Juli 2017)
  5. Originalzitat: „Pharmacologists would insist that the a priori assumptions are not based on science and bear no relationship to accepted principles of toxicology or therapeutics.“
  6. Ein Beispiel, bei dem die Krankheitsevolutionstabelle die medizinischen Verhältnisse falsch darstellt, findet sich in der zweiten dargestellten Zeile: Nasenpolypen sind nicht die Vorstufe eines Heuschnupfens. Nasenpolypen sind Zeichen einer chronischen Sinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung). Eine chronische Sinusitis ist oftmals Folge einer Allergie (keineswegs die Ursache) - aber sie ist nicht immer Folge der Allergie. Auch gibt es mehrere Formen der "chronischen Sinusitis", die in einem Schaublatt beziehungslos (oder mit nur geringen Querverbindungen) nebeneinander stehen würden, aber nicht in chronologischer (und damit implizit in kausaler) Reihenfolge.
  7. Originalzitat: „…a meaningless table of diseases with an arbitrary organization, unhinged from known anatomy and physiology.“
  8. Die Jadad-Skala ist ein Bewertungssystem zur Beurteilung der Studienqualität, bei dem eine Studie maximal fünf Punkte erreichen kann. Eine knappe Erklärung findet sich auf dem Blog „Medizin im Text“ unter „Die Jadad-Skala (Oxford-Skala)“ https://www.medizin-im-text.de/2014/29211/jadad-skala-oxford/ (aufgerufen am 19. August 2021)
  9. Originalzitat: „Important flaws were found in all trials. These render the results of the primary studies less reliable than their high Jadad scores might suggest.“
  10. Originalzitat: „Our systematic review suggests that these claims are not based on proper analyses of the data.“
  11. Der „Journal-Impact-Faktor“, ist ein Maß dafür, wie oft Artikel aus einer bestimmten wissenschaftlichen Fachzeitschrift in wissenschaftlichen Arbeiten zitiert werden. Er gilt deshalb als Maß dafür, wie umfangreich Artikel eines Journals unter Kollegen gelesen und beachtet werden. Die Definition auf der Webseite des Instituts für Forschungsinformation und Qualitätssicherung findet sich hier: https://web.archive.org/web/20161113201558/http://www.forschungsinfo.de/iq/iq_inhalt.asp?agora/Journal_Impact_Factor/journal_impact_factor_inc.htmlXXXJournal%20Impact%20Factor (Webarchiv, aufgerufen am 8. August 2021)
  12. Dr. Michael Weiser ist Forschungsleiter bei Heel und Co-Autor mehrerer Veröffentlichungen zur Homotoxikologie; http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=26880 (aufgerufen am 20. Juli 2017)
  13. Originalzitat: „In three of the seven included RCTs, at least one author was an employee of the manufacturer. In most articles, no conflicts of interest were declared. Many articles were published in a journal closely linked to the manufacturer; only two of these journals have an impact factor (…). Our suspicion of sponsor bias was strengthened by correspondence with one manufacturer stating that financial support for our research project would only be given after they had inspected (and, by implication, agreed with) its results [Weiser M. E-mail to Professor Edzard Ernst, dated 27th Feb 2003] (…). None of the included RCTs reported having an independent monitor, which, of course, would have been an adequate measure to minimise this type of bias.“
  14. Originalzitat: „Despite mostly positive findings and high ratings on the Jadad score, the placebo-controlled, randomised clinical trials of homotoxicology fail to demonstrate the efficacy of this therapeutic approach.“
  15. Originalzitat: „Carcinoma nosode preparations are not available for all cancerous diseases, but they can be applied in accordance with the homoeopathic simile principle. The selection is conducted based on the type of tumor and the location of the tumor, most preferably through a naturopathic test procedure (EAV, Kinesiology)“
  16. Beispiel: Heine, H., and M. Schmolz. "Immunologische Bystander Reaction durch pflanzliche Extrakte in Anti-homotoxischen preparations." Biol Med 27.1 (1998): 12-4.
  17. Der britische Arzt Ben Goldacre schreibt hierzu: „But you have to be very cautious about how you extrapolate from what happens to some cells in a dish, on a laboratory bench, to the complex system of a living human being, where things can work in completely the opposite way to what laboratory work would suggest. Anything can kill cells in a test tube. Fairy Liquid will kill cells in a test tube, but you don't take it to cure cancer.“ (Übersetzt: Aber man muss sehr vorsichtig sein, wie man von dem, was mit einigen Zellen in einer Schale in einem Laborregal passiert, auf das schließt, was im komplexen System eines lebenden Menschen geschieht, wo sich die Effekte in genau die entgegengesetzte Richtung entwickeln können, wie die Labortests es nahelegten. Praktisch alles kann Zellen in einem Reagenzglas töten. Spülmittel wird die Zellen in einem Reagenzglas töten, aber du nimmst es trotzdem nicht her, um Krebs zu heilen.)
    B. Goldacre: „Bad Science“, Harper&Collins, 2008 und 2009, ISBN: 978-0-00-728487-0
  18. Beispiel: Eiber, Alois, Peter Klein, and Michael Weiser. "Adjuvant Homeopathic Treatment Enhances the Effects of Conventional Therapy." Der Allgemeinarzt, 2003;25(8):610-4.
  19. Originalzitat: „A previous phase II trial in 32 children undergoing HSCT reported a beneficial effect of the homeopathic remedy Traumeel S. The Children's Oncology Group sought to replicate the results in a multi-institutional trial. The study was an international multi-center, double-blind, randomized trial comparing Traumeel with placebo in patients aged 3–25 years undergoing myeloablative HSCT. (…) No statistically beneficial effect from Traumeel was demonstrated for mucositis. We could not confirm that Traumeel is an effective treatment for mucositis in children undergoing HSCT.“
  20. Originalzitat: „The research team could not confirm any appreciable specific effect of Traumeel S on the primary endpoints; the limited reduction in pain for the intervention group compared to the control group was not significant, and the more frequent analgesia in the Traumeel S group most likely explained that reduction“
  21. Beispiele:
    Patienteninformation von Lymphomyosot
    https://www.heel.de/media/de/downloads_pdf/heel_de_1/gebrauchsinformationen_bpz_kombis/lymphomyosot_tabl_016200_bpz.pdf (aufgerufen am 10. Juli 2017)
    Patienteninformation von Carcinoma mammae Injeel
    https://static.shop-apotheke.com/pdf/Beipackzettel-carcinoma-mammae-injeel-ampullen-10-st-01823873-bp.pdf (aufgerufen am 10. Juli 2017)
  22. Originalzitat: „Prognose: Der Anteil der Hunde mit kleinen, umschrieben wachsenden und wenig invasiven malignen Tumoren (Grad 1-2), die innerhalb von zwei Jahren aufgrund eines Rezidivs sterben, liegt unter 25 %. Bei Tieren mit Sarkomen oder aggressiven Karzinomen (Grad 3-4) liegt das Risiko für Lokalrezidive und/oder Fernmetastasen innerhalb der ersten zwei Jahren nach der Operation bei 60–80 %.“
  23. Originalzitat: „Since the age and breed distribution compares very well with other studies...“
  24. Die FDA ist die Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelzulassungsbehörde der Vereinigten Staaten. Sie ist dem amerikanischen Gesundheitsministerium (United States Department of Health and Human Services) unterstellt.
  25. Originalzitat: „Further, we are unaware of any substantial scientific evidence which demonstrates that any of your marketed homeopathic drugs are generally recognized as safe and effective for their intended use. Accordingly, continued marketing of these drugs is a serious violation of the Federal Food, Drug, and Cosmetic Act as follows: SECTION BRIEF DESCRIPTION 505(a) The products: ‘BHI Anticancer Stimulation Tablets’, ‘BHI Antivirus Homeopathic Remedy’, …“
    Michels D. Regulatory Letter to Dr. Hans Heinrich Reckeweg, 11. Dezember 1984
    Das Schreiben ist hier einsehbar: http://www.homeowatch.org/reg/BHI/bhiwarning.html (aufgerufen 21. Juli 2017)