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Korsakow-Methode
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Aktuelle Version vom 5. Dezember 2020, 22:09 Uhr
Die von Simeon Korsakow (1787–1853) erfundene und nach ihm benannte Methode zur Herstellung (Verdünnung und Potenzierung) homöopathischer Präparate verwendet insgesamt nur ein einziges statt jeweils eines Glases pro Verdünnungsschritt, was insbesondere bei hohen Potenzen eine erhebliche Vereinfachung und Kostensenkung darstellt, aber gegenüber den Hahnemannschen Potenzen zu anderen Verdünnungsgraden führt. Im deutschen Homöopathischen Arzneibuch wird die Einglasmethode nicht zugelassen.
Der Autor Dr. Roth schrieb 1872 über die Korsakow-Methode im British Journal:
Diese unglückliche und mystische Idee von einer Entmaterialisierung der Arzneien und von der Überführung einer materiellen medizinischen Substanz in den Zustand einer immateriellen, geistartigen Arzneikraft, die sich als größtes Hindernis für eine rationelle Entwicklung der Homöopathie herausgestellt hat, bewog einen Laien, den russischen Grafen Korsakof, tausend unarzneiliche Streukügelchen mit jener Arzneikraft quasi zu ,infizieren', die ein einziges, vorher mit dem dreihundertsten Teil eines Tropfens der l00sten Centesimalpotenz einer Arznei gesättigtes Kügelchen auf sich trug, so daß dann alle tausend ebenfalls arzneikräftig wären; dies war der verderbliche erste Schritt in Richtung der ungeschickten Hochpotenzen.[1][B 1]
Inhaltsverzeichnis
Simeon Nicolajewitsch von Korsakow (1787–1853)
Simeon (auch Semjon) Nikolajewitsch Korsakow[B 2] wurde 1787 im heutigen Cherson in der Ukraine geboren. Seine Familie stammte aus Litauen, von wo sie im 14. Jahrhundert auswanderte. Sein Vater war ein Militäringenieur. Er heiratete Sofia Mordvinova und hatte vier Töchter und sechs Söhne. Einer von ihnen, Michail Semjonowitsch, wurde als Generalgouverneur von Ostsibirien berühmt und war der Namensgeber der Stadt Korsakow in Sachalin. Korsakow starb im Jahre 1853 im Dorf Tarusovo in der Provinz Moskau.[2]
Korsakow war wohl der erste Russe, der sich mit der Homöopathie beschäftigte. Nach Angaben seines Biographen Jost Künzli von Fimelsberg hatte er bereits vor 1829 Interesse an der Homöopathie gehabt.[3] Im Juni 1836 publizierte er in „Stapfs Archiv“ über die trockene Potenzierung von Feststoffen (siehe nachfolgendes Kapitel).
Korsakow wurde in den Cholerajahren 1830 und 1847 durch den Adel zum Distriktsinspektor gewählt.
In den Jahren 1841 bis 1844 hat Korsakow – so von Fimelsberg – am alten Katharinenhospital, wo unter der Leitung von Dr. Goldberg bei 1274 Cholerafällen die Sterblichkeit nur 6 % betrug, Studien durchgeführt zur Wirkungsweise von tierischen, pflanzlichen und mineralischen Substanzen, von Säuren und Basen auf die verschiedenen Teile des menschlichen Körpers. Er hatte die Absicht, die Heilmittelwahl durch eine generelle Klassifizierung zu erleichtern. Nach von Fimelsberg trage diese Arbeit zwar den „Stempel einer Laienarbeit“, enthalte aber dennoch „einige wertvolle Hinweise“.[3]
In den Quellen finden sich nirgendwo Hinweise darauf, dass „Korsakoff“ General war, wie es Richard Haehl behauptete und worauf Adolf Voegeli sich berief. Allerdings habe es nach von Fimelsberg in der Schweizer Geschichte einen General Korsakow gegeben, der in der zweiten Schlacht bei Zürich am 25. und 26.09.1799 als Befehlshaber der russischen Truppen eine Rolle gespielt habe.[3]
Trockene Potenzierung von Feststoffen (Globuli)
Korsakow publizierte in „Stapfs Archiv“ eine Arbeit mit dem Titel Erfahrungen über die Fortpflanzung der Arzneikraft der homöopathischen Heilmittel, nebst einigen Ideen über die Weise dieser Fortpflanzung.[4]
Er schlägt in dem Artikel vor, ein trocknes arzneikräftiges Kügelchen mit einer großen Zahl unarzneilicher Kügelchen in einem Medizinfläschchen zusammenzubringen, dann würden die unarzneilichen Kügelchen alle die Arzneikraft von dem einen arzneihaltenden Kügelchen übernehmen.[3]
Seine Technik bestand darin, ein imprägniertes Kügelchen in ein Fläschchen mit einer gewissen Anzahl von neutralen Kügelchen zu geben und das Ganze während einer Minute zu schütteln. Was Samuel Hahnemann, der Erfinder der Homöopathie, glaubte, bei flüssigen Arzneimitteln zu bewirken, wollte er auf diese Weise mit trockenen Kügelchen erreichen. Es sollte eine trockene Zubereitungsmethode werden.[5] Diese trockene Zubereitungsmethode ist nicht zu verwechseln mit der bekannten „Einglasmethode“, die fest mit dem Namen Korsakows verbunden ist und die unten beschrieben wird.
Es gab allerdings auch Kritik an der trockenen Potenzierung von Feststoffen. Ein Dr. Roth schrieb 1872 im British Journal einen Artikel über „Hahnemanns merits, errors and critics“:
Diese unglückliche und mystische Idee von einer Entmaterialisierung der Arzneien und von der Überführung einer materiellen medizinischen Substanz in den Zustand einer immateriellen, geistartigen Arzneikraft, die sich als größtes Hindernis für eine rationelle Entwicklung der Homöopathie herausgestellt hat, bewog einen Laien, den russischen Grafen Korsakof, tausend unarzneiliche Streukügelchen mit jener Arzneikraft quasi zu „infizieren“, die ein einziges, vorher mit dem dreihundertsten Teil eines Tropfens der 100sten Centesimalpotenz einer Arznei gesättigtes Kügelchen auf sich trug, so daß dann alle tausend ebenfalls arzneikräftig wären; dies war der verderbliche erste Schritt in Richtung der ungeschickten Hochpotenzen.[3]
Hahnemann begrüßte dieses Verfahren als Experiment, wie weit Arzneien mit potenzierten Verdünnungen getrieben werden können. Er lehnte diese hohen Potenzen für die Behandlung von Kranken aber ab:[6]
Indeß muß man sich erinnern, daß diese Veranstaltung mehr zur Erforschung diente, wie hoch man mit potenzierter Verdünnung der Arzneien steigen könne, ohne daß die Wirkung derselben auf das menschliche Befinden zu Null werde, wozu jene Versuche unschätzbar sind; zum homöopathischen Gebrauche bei Kranken aber ist es zweckmäßig, bei Bereitung der Arzneien aller Art, bei der dezillionfachen Verdünnung und Potenzierung (X) stehen zu bleiben, damit die homöopathischen Ärzte sich gleichförmige Resultate bei ihren Heilungen versprechen können.[7]
Hahnemann hatte zunächst allzu hohe Potenzgrade abgelehnt. Bis zum 10.09.1838 hat er Potenzen oberhalb von C30 vermieden. Hahnemann schrieb 1829 an einen seiner Schüler, den ungarischen, später in Lemberg tätigen Homöopathen Dr. Gustav Adolph Schreter, der wie Korsakow mit sehr hohen Potenzen experimentierte:[8][B 3]
Ich kann Ihre Potenzierungen über die XII. und über die XXII. nicht gutheißen. Es muß in diesem Gebiet eine Grenze geben, man kann nicht immer weitergehen. Mit einem klaren Entscheid, daß alle homöopathischen Arzneien bis zur X. verdünnt und potenziert werden, gibt es eine Homogenität in der Behandlung für alle Homöopathen. Wenn sie eine Heilung beschreiben, wird es uns möglich sein, sie nachzuahmen, weil sie mit den gleichen Mitteln behandeln wie wir. Und unsere Feinde können uns nicht vorwerfen, wir hätten nichts Klares, keine festen Regeln.[9]
Hahnemann war damals auch der Meinung, dass nicht alle Potenzstufen gleichermaßen wirksam seien. Obwohl seine homöopathische Lehre besagt, dass die Wirksamkeit mit zunehmender Potenz steigt, hat sich Hahnemann bei der Auswahl seiner Potenzen anders verhalten. Seine Hausapotheke enthielt nur die Potenzen C1, C3, C6, C9, C12, C18, C24 und C30. Die dazwischen liegenden Potenzen hielt er für weniger wirksam. Und Potenzen oberhalb einer C30 – das entspricht nach Hahnemanns Nomenklatur der Potenzstufe „X“ für „decillionfache Potenz“, eine Zahl mit 10 mal 6 Nullen, entsprechend D60 oder C30 – hat Hahnemann bis 1838 nicht verwendet.[10]
Nach dem 10.09.1838 hat Hahnemann seine Potenzstufen jedoch in kurzer Zeit in extreme Höhen getrieben. Karl-Otto Sauerbeck nennt das „Hahnemanns kopernikanische Wende“.[11]
⇒ Siehe auch Hauptartikel Potenzen
⇒ Siehe auch Hauptartikel C-Potenzen
Hahnemann hat sich also bis ins hohe Alter – 1838 war er 83 Jahre alt – nicht an seine eigene Lehre gehalten, die höheren Potenzstufen eine höhere Wirksamkeit zuschrieb. Einerseits sah er offenbar „Sprünge“ in der Wirksamkeit zunehmender Potenzstufen, was man an der Bestückung seiner Hausapotheke feststellen kann, und andererseits sah er offenbar keine Notwendigkeit, Potenzstufen oberhalb der C30 zu verwenden. Über die Gründe kann man nur spekulieren. Einen Grund zumindest hat Hahnemann jedoch angegeben: Er möchte eine Vergleichbarkeit der Behandlungsmethoden bei unterschiedlichen Behandlern herstellen und er möchte zudem den Vorwurf seiner Gegner vermeiden, die Homöopathie habe keine festen Regeln. Warum Hahnemann nach 1838 diese Strategie verlassen hat und in kürzester Zeit zu immer höheren Potenzgraden gelangte, können wir nicht beantworten. Hahnemann selbst entwickelte in seinen letzten Lebensjahren die Q-Potenzen, deren Verdünnungsstufen pro Potenzgrad im Vergleich zu den C-Potenzen sehr viel höher waren. Seine Nachfolger hingegen trieben in Unkenntnis von Hahnemanns letzter Entwicklung die Potenzstufen der C-Potenzen immer höher. Die homöopathische Regel, nach der die Wirksamkeit mit der Potenzstufe steigt, scheint nach 1838 also wieder uneingeschränkt gültig zu sein.
Korsakows Einglasmethode
Mit dem Aufkommen immer höherer Potenzierungen wurde die Mehrglasmethode von Hahnemann zunehmend unwirtschaftlich und zeitaufwändig.
Korsakow ersann daraufhin das „Einglas-Verfahren“, bei dem für jede Potenzstufe dasselbe Glas verwendet wird. Die nach der Ausleerung des Gläschens durch Adhäsionskräfte an der Wandung des Gläschen verbleibenden Reste der Arzneilösung dienen als Ausgangsstoff für die nächste Potenzstufe. Auf diese Weise konnte Korsakow Material und Zeit einsparen. Er stellte Potenzen bis zur C1.500 her.[6]
Korsakow wollte wissen, wie oft er eine Arznei „verdünnen“ könne, bis ihre Wirksamkeit auf den menschlichen Organismus aufhört.
H. von Brunner schreibt:
Er verdünnte im Verhältnis 1:100 und verschüttelte die jeweilige Verdünnung 2 mal. Als Verdünnungsmedium verwendete er geschmolzenes Eiswasser, da ihm kein destilliertes Wasser zur Verfügung stand. Korsakoff rechnete sich nun aus, daß er, um zu jener ‚höchsten Verdünnung’ zu kommen, bei der die Wirkung auf den menschlichen Organismus aufhören müßte, eine ungeheure Menge an Gläsern, Korken usw. verbrauchen würde. Das bedeutete für ihn einen hohen Aufwand an Material und Kosten. Er sah sich veranlaßt, ein ‚leichteres und ökonomischeres Verfahren’ zu suchen.[12][13]
Korsakow kam also auf den Gedanken, dass es auch möglich sein müsste, ein und dasselbe Glas viele Male zur Potenzierung zu verwenden. Er stellte folgende Berechnung an:
Die von ihm verwendeten Gläser hatten ein Fassungsvermögen von etwa 15 g. Wenn er ein Fläschchen mittels eines kräftigen, abwärtsgeführten Armschlages entleerte, so blieb an den Wänden des Fläschchens die Menge von ca. 1 Tropfen, das entspricht 1 Gran (ca. 0,05 g) Wasser hängen. Zu diesem einen Tropfen (1 Gran) fügte er dann 99 Tropfen (99 Gran, das entspricht ca. 5 g) Wasser, was einem Verhältnis von 1:100 entspricht. Um aus der letzten Verdünnung dann Globuli herstellen zu können, verwendete er als Medium statt Wasser hochprozentigen Alkohol.
Es ist sehr wichtig klarzustellen, dass Korsakow seine Arzneien nicht aus der Urtinktur herstellte, sondern eine im Handel erhältliche C30 als Ausgangssubstanz verwendete und diese „potenzierte“ Arznei dann nach seiner Methode weiterverarbeitete.[12]
Korsakow verwendet also für seine Einglas-Methode ein Gläschen mit etwa 15 ml Fassungsvermögen, das nach dem Potenzierungsschritt mit einem „kräftigen Armschlag“ entleert wird. Nach der Entleerung verbleibt dann etwa 1 Tropfen der Arzneiflüssigkeit (entsprechend 1 Gran, etwa 62 mg) durch Adhäsion an der Flaschenwandung. Danach wird die Flasche mit 99 Tropfen – entsprechend 99 Gran – Verdünnungsmittel (Eiswasser; beim letzten Schritt hochprozentiger Alkohol von 86 %) wieder aufgefüllt und durch Schüttelschläge „dynamisiert“. Danach wird der Vorgang wiederholt, bis die gewünschte Potenzstufe erreicht ist.[12]
⇒ Siehe auch Hauptartikel Potenzen: K-Potenzen
⇒ Siehe auch Hauptartikel C-Potenzen: Korsakow-Potenzen
Die Einglasmethode nach Korsakow nutzt die Adhäsionskräfte aus, die zwischen der Gefäßwandung und der Arzneiflüssigkeit bestehen. Außerdem gibt es einen Austausch von Molekülen zwischen der Gefäßwandung (Glas oder Kunststoff) und der Arzneiflüssigkeit. Friedrich von Dellmour schreibt:
Glas- und Kunststoffgefäße, die in Berührung mit sehr verdünnten Lösungen kommen, können daraus Ionen und Moleküle durch Adsorption oder Austausch aufnehmen, was in den höheren Potenzbereichen zu Abweichungen von den theoretischen Arzneigehalten führt.[14]
K. Haas hat 1949 bei Untersuchungen an D-Potenzen folgende Merkmale homöopathischer Konzentrationsverläufe gefunden:[15]
- Aufgrund von Adsorptionseffekten[B 4] führt die Mehrglasmethode zu einer Konzentrationsverringerung gegenüber den theoretischen Werten.
- Die Einglasmethode führt zu einer Konzentrationserhöhung gegenüber den theoretischen Werten.
- Das Ausmaß des Adsorptionseffektes ist von der Art des potenzierten Arzneirohstoffes abhängig.
- Wird während der Potenzierung das Lösungsmittel gewechselt, z. B. durch Anwendung verschiedener Alkoholkonzentrationen, so können sich aufgrund der Unterschiede der Oberflächenspannungen deutliche Veränderungen der Konzentrationsverhältnisse ergeben.
- Die Konzentrationsabweichungen nehmen mit der Potenzhöhe zu.
- Die absoluten Werte der Konzentrationsabweichungen sind bei Einglaspotenzen höher als bei der Mehrglaspotenz.
Bei den Potenzen, die nach Korsakows Einglasmethode hergestellt werden, handelt es sich um „C-Potenzen“: 1 Tropfen wird mit 99 Tropfen Dilutionsflüssigkeit aufgefüllt, was einem Verdünnungsgrad von 1:100 entspricht. Zur Unterscheidung werden Potenzen, die nach Hahnemanns Mehrglasverfahren hergestellt werden, mit einem „H“ gekennzeichnet und Potenzen, die nach Korsakows Einglasverfahren hergestellt werden, mit einem „K“. So gibt es beispielsweise Potenzen der Stärke „CH200“ und „CK200“. Bei den Hahnemannschen Potenzen nach dem Mehrglasverfahren wird der Kennbuchstabe „H“ häufig weggelassen. Potenzangaben ohne einen Kennbuchstaben „H“ oder „K“ sind also immer Hahnemannsche Mehrglaspotenzen.
⇒ Siehe hierzu auch Hauptartikel Potenzen
Hans Kritzler-Kosch schreibt zum Vergleich der „H“- und „K“-Potenzen:
Die Korrespondenztabelle nach den Bernéschen Berechnungen, die ich bereits in meiner obengenannten Arbeit nach Leon Vannier-V&ns „Les tuberculiniques et leur traitement homoeopathique" 1947, S. 384, angeführt habe, sei hier noch einmal wiederholt:[16]
Korsakow | Hahnemann |
C1 | C1 |
C2 | C2 |
C3 | C3 |
C6 | C4 |
C30 | C5 |
C100 | C6 |
C200 | C7 |
C500 | C8 |
C1.000 | C9 |
Tabelle 1: Vergleichbare Wirkstärken nach Kritzler-Kosch[16]
Und weiter schreibt Kritzler-Kosch:
Chavanon-Paris schrieb mir auf meine Anfrage, daß ein Vergleich zweier verschiedener Potenzierungsverfahren falsch sei. Nach seiner Ansicht – und, wie er angibt, auch nach der Ansicht vieler anderer französischer homöopathischer Ärzte – sind die Korsakow-Potenzen wirksamer („plus actives") als die Hahnemannschen Potenzen. Es „gehe etwas auf der Flaschenwand bei dem Einglasverfahren vor, was bei der Mehrglasmethode verloren ginge“…[16]
…So entspräche [Anmerkung Homöopedia: nach Chavanon-Paris] die C1.000 Korsakow nur auf dem Papier und mathematisch einer C9 Hahnemann, biete aber klinisch nach Versuchen an organisch oder funktionell kranken Tieren deutliche Unterschiede. Die Hahnemannsche C9 wirke nur kurz und müsse öfter wiederholt werden, während die Wirkung der Korsakowschen C1.000 mindestens 3 Wochen und oft sogar noch länger anhalte.[16][B 5]
Auch Paul Wassily-Kiel schrieb mir auf meine Arbeit, daß C30 nur zahlenmäßig gleich D60 zu setzen ist, denn in der Wirkung sind die beiden nach meiner über 50jährigen Erfahrung ganz verschieden, so daß ich nur C30 benutze, was viel sicherer und intensiver wirkt.’
Solange also die Frage der Potenzierungstechnik nicht geklärt bzw. die Herstellungsart benutzter homöopathischer Potenzen nicht unzweifelhaft aus der Etikettierung erkennbar ist, läßt sich die Frage, ob Hochpotenzen bzw. „Pseudohochpotenzen" wirksam seien, einfach nicht entscheiden.[16]
Im Deutschen Homöopathischen Arzneibuch (HAB)[17] sind Korsakowsche Einglaspotenzen nicht vorgesehen.
Für die Potenzierung von Dilutionen schreibt das HAB 1 vor:[18]
- Der Rauminhalt des Gefäßes muss um ⅓ größer sein als die aufzunehmende Flüssigkeitsmenge.
- Die Zahl der Schüttelschläge ist vorgeschrieben.
- Die Mehrglasmethode (nach Hahnemann) ist vorgeschrieben.
- Die Einglasmethode (nach Korsakow) ist nicht zugelassen.
- Ultraschallverschüttelungen nach Haumann und Lindenberg sind ebenfalls nicht zugelassen.
Vermutungen mancher Homöopathen, Potenzen bis D30 / C30 seien wie im HAB 1 vorgeschrieben mit der Mehrglasmethode, darüber hinausgehende höhere Potenzen aber mit der Einglasmethode nach Korsakow hergestellt, hatten ihre Ursache in den 20er Jahren, als es das HAB 1 noch nicht gab und die Einglasmethode nach Korsakow damals tatsächlich in Erwägung gezogen worden ist.[18]
Dellmour relativiert die Untersuchung von Haas:[14] Der Artikel erwecke den Eindruck, er sei nur zur Ablehnung der Einglasmethode nach Korsakow geschrieben worden und das sei falsch. Zweitens seien die Untersuchungen an D-Potenzen vorgenommen worden; Korsakow-Potenzen werden aber als C-Potenzen hergestellt. Drittens zeige die Untersuchung von Haas, dass auch bei den Mehrglaspotenzen, die im HAB 1 vorgeschrieben seien, erhebliche Abweichungen von den theoretischen Konzentrationswerten auftreten können. Viertens seien diese Unterschiede aus toxikologischer Sicht irrelevant, da die verwendeten Verdünnungen keine Giftwirkung mehr haben können.
Die Einglasmethode nach Korsakow findet heute noch Verwendung in verschiedenen europäischen und außereuropäischen angelsächsischen Ländern, nicht jedoch in Deutschland, wo das HAB 1 gültig ist und den Einsatz der Einglasmethode nach Korsakow verbietet.[18]
Korsakows Einglas-Methode eröffnete auch die Mechanisierung der Potenzierung. Leon Vannie ließ einen mechanischen Potenzierer für Korsakow-Potenzen bauen. Réné Baudry schreibt:
Der Potenzierer, den wir jetzt in unseren Laboratorien haben, ruft die Bewunderung aller hervor, die ihn arbeiten sehen.[19]
Und der New Yorker Homöopath Bernhardt Fincke (1821–1906) hat im Jahre 1868 eine Maschine erfunden zur Herstellung von Korsakow-Potenzen.
⇒ Siehe hierzu auch C-Potenzen: Korsakow-Potenzen
Korsakow und die Repertorisierung
Korsakow – kein Arzt, sondern medizinischer Laie – hat nicht nur durch seine Einglas-Methode und durch die „Arzneilichmachung“ von Kügelchen auf sich aufmerksam gemacht. Er meinte herausgefunden zu haben, dass man bei der Repertorisierung offenbar nur eine Vorauswahl an Arzneien benötigte. Das richtige Medikament könne man dann aus dieser Auswahl bestimmen, indem man den Patienten an den zuvor ausgewählten Medikamenten riechen lasse. Das richtige Medikament gäbe sich dabei zu erkennen.[3]
Hahnemann lobte ihn dafür in einem Brief, den man in Korsakows Papieren fand (zitiert nach Jost Künzli von Fimelsberg):[3][B 6]
Ich bewundre den Eifer, mit welchem Sie sich der wohltätigen Heilkunst widmen, nicht allein um Ihrer eignen Familie und Ihren Nachbarn zu helfen, sondern auch um die Geheimnisse der Natur zu durchdringen, was Sie durch Ihre wertvollen Schreiben beweisen. Ich liebe einen Ihrer letzten Vorschläge, den Sie meinem Neffen machten, nämlich zum raschen Herausfinden des passenden Mittels den Kranken an den in Frage kommenden der engern Wahl riechen zu lassen, wobei sich dann das Treffende sofort zu erkennen gibt. Ich habe diese Methode experimentell bestätigt gesehen. Mit aller meiner Kraft versuche ich einzig herauszubekommen, was meinen Menschenbrüdern am meisten nützlich sein kann. Ich glaube, dies sei der beste Weg für uns Sterbliche, Befriedigung in unsrer kurzen Erdenlaufbahn zu finden. Ich bin überzeugt, daß Sie ebenfalls dieser Meinung sind. Verfolgen Sie Ihre Aktivität, die ein fühlendes Herz mit Genugtuung erfüllt, weiter und erlahmen Sie nicht. Dies ist mein Wunsch, sich Ihrer Gunst zu erfreuen.
Ihr untertänigster S. Hahnemann
Zusammenfassung und Kritik
Korsakow war als medizinischer Laie von der Homöopathie schon frühzeitig begeistert. Er arbeitete drei Jahre im Katharinenhospital unter der Leitung von Dr. Goldberg, wo die Sterblichkeit bei Cholerapatienten mit 6 % sehr niedrig war.
Er wurde bekannt durch seine material- und geldsparende Erfindung der „Einglasmethode“, die zum Wegbereiter späterer maschineller Herstellungsverfahren für hohe und ultrahohe Potenzen wurde. Seine Einglasmethode führte zu unterschiedlichen Bewertungen durch die Homöopathen: Es gab Zustimmung und Ablehnung. Es wurden Korrespondenztabellen erstellt, um Hahnemannsche Mehrglaspotenzen in Korsakowsche Einglaspotenzen umzurechnen. Andere Homöopathen hielten derartige Umrechnungstabellen für falsch. Manche Homöopathen sahen die Hahnemannschen Potenzen als die höheren an, andere Homöopathen die Korsakowschen Potenzen. Wiederum andere Homöopathen hielten beide für vergleichbar, andere für nicht vergleichbar.
⇒ Siehe hierzu ausführlich: Hauptartikel C-Potenzen: Vergleichbarkeit und Potenzen: Potenzreihe mit C-Potenzen
Hahnemann selbst hat sich gegen maschinelle Herstellungsverfahren ausgesprochen.
Mit seiner Erfindung ist Korsakow wesentlich mitverantwortlich für den Streit innerhalb der Homöopathenschaft um die Hochpotenzen. Homöopathen, die tiefe Potenzen verwenden, sehen in den Hochpotenzen den Grund für das schlechte – unwissenschaftliche – Bild, das die Homöopathie bei Wissenschaftlern hat. Und Homöopathen, die hohe Potenzen bevorzugen, kämpfen einerseits um die von ihnen dringend erwartete physikalische Erklärung der Wirkungsweise, während andere eine rein geistartige Wirkung sehen – aber diese ebenfalls nicht erklären können.
⇒ Siehe hierzu ausführlich: Hauptartikel Hochpotenzen
Neben der Erfindung der Einglasmethode hat Korsakow auch noch die trockene Herstellung von Globuli propagiert: Beim Zusammenbringen von arzneilichen und nicht-arzneilichen Globuli würde die Arzneiwirkung von den arzneilichen auf die nicht-arzneilichen Globuli übergehen. Manche zeitgenössische Homöopathen sehen darin einen „Beweis“ für die Quantenverschränkung zwischen arzneilichen und nicht-arzneilichen Globuli („Placebos“): In einer Arzneimittelprüfung mit doppelt verblindeter Placebogruppe habe sich herausgestellt, dass nicht nur in der Verumgruppe, sondern auch in der Placebogruppe spezifische Symptome ermittelt werden konnten. Nach Harald Walach sei das ein Hinweis darauf, dass es in homöopathischen Systemen zu einer Verschränkung zwischen Verum- und Placebogruppe kommen könne.[20] Tatsächlich ist im Rahmen der Physik eine derartige makroskopische Verschränkung höchst unplausibel (Stichwort: „Dekohärenz“[21]) und weder durch korrekte Berechnungen noch durch Experimente abgedeckt.
⇒ Siehe hierzu ausführlich: Hauptartikel Quantenphysik: Quantenmechanik und Homöopathie und Verallgemeinerte Quantenmechanik
Letztendlich hat sich Korsakow auch noch um eine Vereinfachung der Repertorisierung bemüht. Er lässt Patienten an einigen wenigen, vorab ausgewählten Arzneien riechen und glaubt, erkennen zu können, welche Arznei die homöopathisch richtige sei.
Hahnemann ist von seiner Methode so überzeugt, dass er Änderungen an den „homöopathischen Ritualen“ förmlich verbietet:
Macht’s nach, aber macht’s genau nach…[22]
Jedoch wird Hahnemanns Änderungsverbot von seinen Schülern nicht beachtet. Sogar Hahnemann selbst hält sich nicht daran und ändert häufig seine Rituale; seine radikalste Änderung war die Einführung der Q-Potenzen am Ende seines Lebens. Und obwohl Hahnemanns Schüler entgegen Hahnemanns Änderungsverbot der Homöopathie jeweils ihre eigenen „Stempel aufgedrückt“ haben, gibt es Autoren, die die Homöopathie als unverändert ansehen. Sie wehren sich gegen ein „Modernisierungsverbot“. Tatsächlich ist jede nach 1842 durchgeführte Änderung im zeitlichen Sinne eine „Modernisierung“ der Homöopathie, was aber keinesfalls gleichbedeutend mit einer „Verbesserung“ ist. Mit individuell verschiedenen, unsystematischen und nicht in aussagekräftigen Tests überprüften Änderungen auf Zufallsbefunde zu reagieren, ist keine Methodenverbesserung. Wie sehr die Homöopathie auch von einigen Homöopathen als stagnierend betrachtet und eine Modernisierung vermisst wird, sehen wir bei Anton Rohrer:
Wie kann eine medizinische Methode in ihren Grundsätzen und Verfahren seit 1842 ‚stets’ gleich und auch – noch provokanter – ‚in sich abgeschlossen’ bleiben? Ist das nicht wie Religion? Ist keine ‚Modernisierung’ erlaubt?[23]
Quellen- und Literaturangaben |
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Anmerkungen und Originalzitate |
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