Homöopedia Informationen zur Homöopathie |
Krankenkassen
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Version vom 13. Juli 2016, 21:13 Uhr
Der Artikel befasst sich mit dem Unterschied zwischen medizinisch notwendigen Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenkassen in der Bundesrepublik Deutschland einerseits und deren kostenfreien oder kostenpflichtigen Mehrleistungen andererseits, und hier insbesondere mit homöopathischen Behandlungen und Medikamenten, und es werden die gesetzlichen Ausnahmeregelungen und privatrechtlichen Grundlagen dafür erklärt, die dies möglich machen.
Inhaltsverzeichnis
Gesetzliche Grundlagen
Es gibt in Deutschland 88 gesetzliche Krankenkassen (Stand: Juni 2016), deren Aufgabe im Sozialgesetzbuch V (SGB V) geregelt ist:
Die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft hat die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern.[1]
Alle Versicherten haben den gleichen Leistungsanspruch, dessen Umfang im Sozialgesetzbuch V (SGB V) festgelegt ist. Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.[2]
Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, nennt man IGeL-Leistungen (individuelle Gesundheitsleistungen). Diese sind von den Versicherten privat zu bezahlen. Zusätzlich zu den gesetzlich festgelegten Pflichtleistungen dürfen die Krankenkassen seit 2012[3] auch Mehrleistungen anbieten, die in den Satzungsregelungen der jeweiligen Krankenkasse festgelegt sind. Das sind beispielsweise:
- Schutzimpfungen gegen Hepatitis A und B oder Typhus
- Rufbereitschaft Hebamme
- Haushaltshilfe
- Professionelle Zahnreinigung
- Homöopathische Behandlungen und Medikamente
Es gibt bei den Satzungsleistungen sinnvolle (z.B. Schutzimpfungen), aber auch solche ohne medizinischen Nutzen, wie z.B. homöopathische Präparate, deren Wirksamkeit als nicht gegeben angesehen werden kann[4] bzw. die nur in gleicher Größenordnung wie der Plazebo-Effekt wirken. Einige Krankenkassen haben sich aus Wettbewerbsgründen dennoch entschieden, Leistungen ohne Nutzen zu bezuschussen. So schreibt z. B. die BKK EUREGIO auf ihrer Homepage über die Motivation zur Bezuschussung:
Wir bieten Ihnen nämlich die Möglichkeit einer ärztlichen Versorgung mit klassischer Homöopathie. Damit sind wir dem Wunsch vieler Kunden nach alternativen Behandlungsmethoden nachgekommen.[5]
Übersicht: Leistungen zur Homöopathie
Inhalt und Umfang der Erstattungen für homöopathische Leistungen sind unterschiedlich.
Die Krankenkassen bezahlen homöopathische Leistungen in der Regel direkt an den homöopathisch tätigen Arzt. Abgerechnet wird ganz einfach über die Chipkarte.
Die meisten Krankenkassen bieten die Erstattung pseudomedizinischer Leistungen an. Nur elf Krankenkassen bieten die Erstattung homöopathischer Leistungen nicht an (Stand Juni 2016). Manche Krankenkassen weisen auf ihrer Homepage ausdrücklich auf die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) hin. Andere geben auf ihrer Homepage an, dass Homöopathie erstattet wird, wenn folgende Punkte erfüllt werden:
- Erstanamnese
- Folgeanamnese
- Fallanalyse/Reportisation und Beratungen
Es wird darauf hingewiesen, dass die Ärzte eine Zusatzbezeichnung Homöopathie haben müssen, der Hinweis auf den DZVhÄ fehlt aber.
Einige Krankenkassen machen ungenaue Aussagen, z. B. dass die Erstattung von Homöopathie „nicht ausgeschlossen“ sei. Manche erstatten lediglich die homöopathischen Arzneimittel, meistens bis zu 100,- Euro/Jahr.
Bei wenigen Krankenkassen ist auf ihrer Homepage kein Hinweis auf Erstattung von homöopathischen Leistungen zu finden.
Krankenkassen, die auf die Zusammenarbeit mit dem DZVhÄ hinweisen
Die folgenden Krankenkassen weisen (Stand: Juni 2016) auf ihrer Homepage ausdrücklich auf die Zusammenarbeit mit dem DZVhÄ hin[6]
Krankenkassen, die auf die Zusammenarbeit mit dem DZVhÄ hinweisen |
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Knappschaft |
Krankenkassen, die unter konkreten Bedingungen Homöopathie erstatten
Diese Krankenkassen (Stand: Juni 2016) geben auf ihrer Homepage an, dass Homöopathie erstattet wird, wenn einer der Punkte Erstanamnese, Folgeanamnese oder Fallanalyse/Reportisation und Beratungen erfüllt wird. Es wird darauf hingewiesen, dass die Ärzte eine Zusatzbezeichnung Homöopathie haben müssen, der Hinweis auf den DZVhÄ fehlt aber.
Krankenkassen, die unter konkreten Bedingungen Homöopathie erstatten |
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DAK Gesundheit |
Krankenkassen mit sehr vagen Hinweisen zur Erstattung der Homöopathie
Bei diesen Krankenkassen (Stand: Juni 2016) gibt es schwammig formulierte Aussagen, z.B. dass die Erstattung von Homöopathie „nicht ausgeschlossen“ sei. Manche erstatten lediglich die homöopathischen Präparate, meistens bis zu 100,- Euro/Jahr.
Krankenkassen mit sehr vagen Hinweisen zur Erstattung der Homöopathie |
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HEK - Hanseatische Krankenkasse |
Krankenkassen, die keine Hinweise zur Erstattung von Homöopathie geben
Bei diesen Krankenkassen (Stand: Juni 2016) ist auf ihrer Homepage kein Hinweis auf Erstattung von homöopathischen Leistungen zu finden:
Krankenkassen, die keine Hinweise zur Erstattung von Homöopathie angeben |
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Salus BKK |
Selektivverträge
Selektivverträge werden zwischen einzelnen Krankenkassen und Leistungserbringern geschlossen.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen, die bei der Ausgestaltung des Kollektivvertrages mitwirken, der für alle Krankenkassen und Leistungserbringer flächendeckend gilt, sind an Selektivverträgen nicht beteiligt. Ursprünglich waren die Selektivverträge für chronisch Kranke vorgesehen (Disease-Management-Programme), mittlerweile gibt es für viele Verfahren und Leistungen solche Verträge. Die Vergütung für Leistungen aus den Selektivverträgen erfolgt außerhalb der Gesamtvergütung (Budget).[7]
Es haben sich auf dem Gesundheitsmarkt viele sogenannte Managementgesellschaften etabliert, die die Lobbyarbeit für derartige Vertragsabschlüsse übernehmen. Im Falle der Homöopathie ist das die Managementgesellschaft des DZVhÄ mbH.[8] Zur Zeit haben ca. 1500 Ärzte (v.a. Allgemeinmediziner, Kinderärzte, Frauenärzte und Internisten) mit den Krankenkassen einen Selektivvertrag für Homöopathie.
Patienten müssen sich in der Regel für einen Selektivvertrag entscheiden. So ist beispielsweise bei der Barmer Ersatzkasse die gleichzeitige Teilnahme an einem Hausarztvertrag (einer anderen Form eines Selektivvertrages) nicht möglich.[9]
Arzneimittel
Damit Krankenkassen die Kosten für Arzneimittel übernehmen, muss deren Wirksamkeit nachgewiesen und müssen sie zugelassen worden sein - normalerweise. Es gibt im Arzneimittelgesetz[10] jedoch drei Ausnahmen:
- Homöopathie
- Anthroposophie
- Phytotherapie
Dieses Konstrukt nennt sich Besondere Therapierichtungen und beruht auf dem im Gesetz definierten Binnenkonsens. Deswegen ist bei Homöopathika nur eine Registrierung ohne einen Wirksamkeitsnachweis unter den üblichen Bedingungen der Medizin nötig. Diese Regelung ermöglicht es den Krankenkassen, Homöopathie und Homöopathika auch ohne Wirksamkeitsnachweis zu erstatten.
Homöopathische „Arzneimittel“ aus der Apotheke muss der Patient erst einmal selbst zahlen, bekommt dann aber unter Vorlage des Rezeptes und der Rechnung das Geld von seiner Krankenkasse erstattet.
Diese Praxis stellt insofern eine Besonderheit dar, da seit 2004 nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt werden. Bis dahin wurden Medikamente, die ein Arzt verordnet hatte, anstandslos von den Krankenkassen bezahlt. Dazu gehören z.B. Schmerzmittel bis zu einer bestimmten Dosierung, schleimlösende Medikamente bei chronisch Lungenkranken, Mund- und Rachentherapeutika bei Entzündungen und andere hilfreiche Arzneimittel.
Bei den Homöopathika wird eine Ausnahme gemacht, obwohl sie ebenfalls nicht verschreibungspflichtig sind.
Wirtschaftlichkeitsgebot
Die Krankenkassen stellen den Versicherten die genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12)[2] zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.[11] Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der 'Besonderen Therapierichtungen' sind dabei indes nicht ausgeschlossen.
Dieses gesetzlich verankerte Wirtschaftlichkeitsgebot wird in Bezug auf die Homöopathie derzeit von den Krankenkassen nicht eingehalten, denn es wird Geld für Leistungen ausgegeben, deren Wirkung über den Placeboeffekt nicht hinausgeht. Aus diesem Grund haben sich die auf dem 100. Deutschen Ärztetag (Mai 1997) anwesenden Ärzte auch explizit gegen den Zugang der Besonderen Therapierichtungen zu den Leistungen des Sozialversicherungssystems ausgesprochen:
In letzter Minute in das Gesetzgebungsverfahren eingebrachte Veränderungen ermöglichen sämtlichen Gruppierungen unkonventioneller Heilverfahren auf der Ebene der von ihnen reklamierten Binnenanerkennung in großem Umfang diagnostische und therapeutische Verfahren den Leistungen des Sozialversicherungssystems zugänglich zu machen.
Diese Verfahren halten einer Prüfung auf Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit nicht stand und sprengen somit die Grenzen des ohnehin bis an den Rand der Leistungsfähigkeit strapazierten Sozialversicherungssystems. Es wird nicht verkannt, daß ein Teil der Bevölkerung sich zu dieser Art Diagnostik und Therapie hingezogen fühlt. Die Finanzierung dieser Wünsche kann jedoch nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung gehen, wenn man nicht die Grundlagen einer wissenschaftlich orientierten Medizin in Frage stellen will.
Die deutsche Ärzteschaft fordert daher die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auf, die (...) in letzter Minute in das Gesetzgebungsverfahren eingebrachten Veränderungen im SGB V ersatzlos zu streichen.[12]
Selbst Claudia Witt, Professorin für Komplementärmedizin an der Uni Zürich, kommt nach Auswertung von Versorgungsstudien zu dem Schluss:
Es konnte nicht gezeigt werden, dass homöopathische Arzneimittel besser wirken als Placebo.[13]
Auch das Argument, die Krankenkassen könnten Geld sparen, wenn Patienten zum Homöopathen gingen, ist falsch. Das Gegenteil ist richtig, wie eine Arbeitsgruppe der Uni Zürich festgestellt hat. Daten von 44.550 Patienten wurden ausgewertet: Die Gesamtkosten lagen in der Homöopathiegruppe nach 18 Monaten höher (im Mittel bei 7.207 EUR) als in der Vergleichsgruppe (5.857 EUR). Das galt für alle Diagnosen.[14]
Quellen- und Literaturangaben |
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