Homöopedia Informationen zur Homöopathie |
Fernsehbeiträge zur Homöopathie - Die Webseite des rbb
Dieser Artikel liefert einen Faktencheck für die Aussagen zur Homöopathie auf der Webseite des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb), die der Sender in Zusammenhang mit der Reportage Die Wahrheit über… Homöopathie erstellte.
⇒ Eine ausführliche Besprechung der Inhalte des damit zusammenhängenden Sendebeitrages „Die Wahrheit über… Homöopathie“ findet sich im Hauptartikel „Fernsehbeiträge zur Homöopathie - Die Wahrheit über Homöopathie“
Die Reportage Die Wahrheit über… Homöopathie ist ein vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) produzierter Beitrag der Sendereihe Die Wahrheit über… von Sven Oswald und Angelika Wörthmüller. Laut rbb beschäftigt sich der Moderator Sven Oswald in dieser Reihe „mit Wissenschaftsthemen, die uns im Alltag begegnen“.[1] Die Erstaustrahlung der Sendung Die Wahrheit über… Homöopathie erfolgte im Mai 2020.[2] Zusammen und ergänzend zur Sendung erstellte der rbb ein „Dossier“[3] zum Thema auf seiner Webseite.
Laut rbb hat dieses Dossier folgenden Anspruch:
Unsere Übersichtsseite liefert Ihnen Hintergrundinformationen zum Thema Homöopathie. Dabei geben wir einen Überblick über die Studienlage, informieren über die Ausgaben für homöopathische Mittel und werfen einen Blick auf die Kritiker der Homöopathie.[2]
Dieser Artikel beschäftigt sich ausschließlich mit den Aussagen dieses „Dossiers“ und prüft, ob die dem Zuschauer gelieferten Informationen im Faktencheck bestehen und ob wissenschaftliche Methodik und Argumente zum Thema korrekt und vollständig wiedergegeben wurden. Dies ist – wie im Folgenden ausführlich begründet – an sehr vielen Stellen nicht der Fall.
Die Beschreibung der Inhalte des Dossiers bezieht sich dabei, wo nicht anders angegeben, auf den Stand der Webseite des rbb vom 31. August 2020. Diese Version wurde am 5. November 2020 vom rbb zur Überarbeitung zunächst offline gestellt und ging mit geringen Ergänzungen wenige Wochen danach wieder online. Ein kurzer Update zu diesen nachträglichen Änderungen findet sich ganz am Ende des Artikels im Kapitel Update: Die Änderungen nach der Überarbeitung im Herbst 2020.
Inhaltsverzeichnis
Übersicht
Die wie in der Einleitung angekündigte Übersichtsseite des Dossiers[3] verlinkt weiter zu einzelnen Unterthemen. Unter der Überschrift „Hintergrund zur Sendung“ findet sich der Link Wirksame Medizin oder Zuckerkügelchen?.[4] Als „wissenschaftlicher Hintergrund“ angekündigt wird der Text unter der Überschrift Streit um Studien.[5] Anschließend findet der Leser unter Homöopathie in Zahlen einige Verkaufszahlen zur Homöopathie. Der auf der Webseite der zugehörigen Sendung[2] versprochene „Überblick über die Studienlage“ besteht zumindest an dieser Stelle aus der Nennung von nur fünf handverlesenen Studien (im Unterthema Streit um Studien werden vier weitere Arbeiten erwähnt.) Zudem finden sich Kontaktmöglichkeiten der im Sendebeitrag auftretenden bzw. erwähnten homöopathisch arbeitenden Ärzte und der Berliner Insel-Apotheke, die gegen diese für sie kostenlose Werbung durch einen öffentlich-rechtlichen Rundfunksender bestimmt nichts einzuwenden haben. Kritische Links – wie beispielsweise zur Stellungnahme des European Academies Scientific Advisory Council (EASAC)[6] oder zum Positionspapier der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V.[7] – sucht man dagegen ebenso vergebens wie z. B. auf Veröffentlichungen der Kritiker, die im Sendebeitrag ein Statement abgeben durften.
Die folgende Analyse folgt diesem Aufbau der Webseite.
Wirksame Medizin oder Zuckerkügelchen?
Die erste Unterseite des Dossiers unter dem Titel „Wirksame Medizin oder Zuckerkügelchen?“[4] wiederholt einige Aussagen der Sendung. Aufgegriffen werden etwa von Patienten erlebte Besserungen, die Existenz positiver Studien oder die gesetzlichen Sonderregelungen zur Homöopathie in Deutschland.
Als problematisch zieht sich erstens durch diesen Abschnitt des Dossiers eine Verwischung der Begriffe „Wirkung“ und „Wirksamkeit“. Während auch Placebos, Behandlungsumfeld und Gespräche unspezifische Effekte erzeugen und damit eine „Wirkung“ auf den Patienten haben,[8] versteht man wissenschaftlich unter der „Wirksamkeit“ einer Arznei die vom gegebenen Mittel abhängigen spezifischen Effekte, die über diese immer vorhandenen Effekte des Settings hinaus gehen.
Zweitens fehlt eine klare Darstellung, wie sehr die gesetzlichen Sonderregelungen, von denen die Homöopathie in Deutschland profitiert, das Fehlen eines Nachweises einer solchen wissenschaftlichen Wirksamkeit für den Verbraucher intransparent machen. Sie erzeugen auf der einen Seite Präparate, die der Forderung nach dem Nachweis von spezifischer Wirksamkeit unterworfen sind, auf der anderen Seite homöopathische Präparate, deren „Wirksamkeitsnachweis“ allein auf dem Erfüllen bestimmter juristisch vorgegebener Anforderungen beruht. Den Kollegen vom WDR gelang auf der Webseite des Wissenschaftsmagazins Quarks eine deutlich bessere Herausarbeitung dieses Sachverhaltes als dem rbb:
Der Gesundheitsforscher Gerd Glaeske argumentiert, das Arzneimittelgesetz fördere falsche Vorstellungen noch. Denn die Hersteller homöopathischer Arzneimittel können zu Recht sagen: „Wir haben doch alle regulatorischen Vorgaben erfüllt – inklusive des im Gesetz geforderten Wirksamkeitsnachweises“. Dem Gesetz nach sei Wirksamkeitsnachweis aber nicht gleich Wirksamkeitsnachweis, sagt Glaeske. Und mit dem Label „Arznei“ und der grundsätzlichen Apothekenpflicht (§ 43 AMG) kann der Eindruck entstehen, dass für homöopathische Mittel dieselben Vorgaben gelten wie für andere Arzneimittel.[9]
Aussage im Dossier | Kritikpunkte | Der wissenschaftlichen Faktenlage besser entsprechende Formulierung |
Kritiker bemängeln zu Recht, dass die Heilmethode nicht überschätzt werden darf, sondern immer eine Ergänzung zur Schulmedizin sein muss. | Dieser Satz ist sehr irreführend:
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Wissenschaftler fordern, Patienten zur Homöopathie im Einklang mit der wissenschaftlichen Gesamtevidenz über den Placebocharakter der Homöopathika aufzuklären, um eine Überschätzung des Verfahrens zu vermeiden. |
Viele Patienten machen die Erfahrung: Homöopathie hilft – zum Beispiel bei Migräne, Neurodermitis oder Schlafstörungen. Sie ist keine unwirksame Methode. | Der Satz ist irreführend, weil dem medizinischen Laien oft der Unterschied zwischen unspezifischen „Wirkungen“ wie dem Placeboeffekt und einer darüber hinausgehenden spezifischen, mittelabhängigen „Wirksamkeit“ nicht bewusst ist.[8][16][B 2][17] Die Behauptung der Homöopathie, eine spezifisch wirksame Arzneimittellehre zu sein, wird aber durch die wissenschaftliche Gesamtevidenz[6][10][11][12][13][14] gerade nicht getragen. Unspezifische Kontexteffekte sind bei jeder Behandlung möglich, etwa über die Zuwendung und Empathie des Arztes. Sie rechtfertigen aber nicht die auf Irrtümern beruhenden Aspekte einer Methode. Dieser Punkt sollte nicht verwischt werden. | Viele Patienten erleben nach der Einnahme homöopathischer Mittel eine Besserung ihrer Situation – zum Beispiel bei Migräne, Neurodermitis oder Schlafstörungen. Sie führen dann die Besserungen ohne weiteren Nachweis eines kausalen Zusammenhangs auf diese Einnahme zurück. Homöopathie ist dennoch keine spezifisch wirksame Methode. |
Es gibt auch wissenschaftliche Studien, die eine Wirkung über den Placebo-Effekt hinaus zeigen. | Siehe nächstes Kapitel „Streit um Studien.“ | Siehe nächstes Kapitel „Streit um Studien.“ |
Dass nicht für jedes Mittel ein Wirksamkeitsnachweis vorliegt, ist kein Versäumnis der Hersteller, sondern eine logische Folge der aktuellen Gesetzeslage. | Diese Darstellung ist irreführend, denn der Leser erhält hier leicht den Eindruck, ein Wirksamkeitsnachweis läge längst vor, hätte es die gesetzlichen Sonderregelungen nicht gegeben. Das ist aber nicht der Fall: Einerseits gibt es eine Vielzahl von Studien zur Homöopathie. Die australische Bundesbehörde durchsuchte für ihren Bericht weltweit medizinische Datenbanken und fand über 50 Übersichtsarbeiten mit rund 200 darin enthaltenen Einzelstudien. Trotz dieser umfangreichen Daten kam sie zu dem Ergebnis, dass es nicht gelungen ist, einen sauberen und reproduzierbaren Wirksamkeitsnachweis über Placebo hinaus vorzulegen. Gleichlautende Ergebnisse fanden wissenschaftliche Einrichtungen weltweit.[6][10][11][18][19][20] Dies hat also überhaupt nichts mit den gesetzlichen Sonderregelungen für die Homöopathie in Deutschland zu tun. Andererseits sollte bedacht werden, dass ein Wirksamkeitsnachweis aufgrund der naturwissenschaftlichen Unplausibilität des Verfahrens eigentlich auch nicht zu erwarten ist.[13][14] Ergebnis der Gesamtstudienlage und naturwissenschaftliche Vorhersage ergeben also ein stimmiges Bild, in das sich weitere Puzzleteile wie der Zerfall der Homöopathie in einander widersprechende Strömungen und das eigentlich unwissenschaftliche Verweisen auf positive Einzelergebnisse logisch passend einfügen. Der WDR hat für das Wissenschaftsmagazin „Quarks“ hier sehr viel besser recherchiert:
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Für kein homöopathisches Arzneimittel existiert ein wissenschaftlicher Wirksamkeitsnachweis über Placebo hinaus; kein solches Mittel ist auf Basis der Ergebnisse placebokontrollierter, klinischer Studien zugelassen. Die Einstufung als Arzneimittel wird allein durch gesetzliche Sonderbehandlung ermöglicht. Die naturwissenschaftliche Unplausibilität der Grundpfeiler des Verfahrens gibt auch keinen Anlass, auf solche Nachweise zu hoffen. |
Aktuell gehen die Forderungen einiger Kritiker aber über das Maß der Vernunft hinaus. Homöopathische Mittel aus den Apotheken zu nehmen und ihnen den Status eines Arzneimittels zu entziehen, wie einige Kritiker fordern, könnte fatale Folgen haben, denn dann würde auch ihre Herstellung nicht mehr streng kontrolliert. Wenn homöopathische Mittel nicht unter den aktuell geltenden hohen Standards produziert würden, könnten sie schwerwiegende, mitunter sogar tödliche Nebenwirkungen haben. 2017 starben in den USA zehn Babys, weil Belladonna-Kügelchen noch Rückstände der giftigen Tollkirsche enthielten. | Hier wird mit einer völlig unangebrachten Emotionalisierung der Debatte der Sinn des Arzneimittelgesetzes verdreht. Es wird reduziert auf die Aufgabe, zu gewährleisten, dass falsche Therapiewahl aufgrund gesetzlich erlaubten Vorgaukelns unbelegter Wirksamkeitsbehauptungen wenigstens nicht aktiv schädlich sei. Tatsächlich dienen Arzneimittelgesetze aber nicht dazu, für die Hersteller eine Schutzzone zu erzeugen, die es überhaupt erst begünstigt, dass Eltern aufgrund unhaltbarer Wirkversprechen zu diesen Produkten greifen. Vielmehr soll ein Arzneimittelgesetz auch die Wirksamkeit eines Arzneimittels gewährleisten. Sie ist deshalb explizit vom Gesetzestext gefordert:
Das Problem der in den USA gestorbenen Kinder liegt vor allem darin, dass Eltern überhaupt eingeredet wurde, zahnende Babys würden von Produkten auf der Basis homöopathisch verdünnter Tollkirsche profitieren. Diese Babys hätten die für sie tödlichen Tabletten ohne dieses wissenschaftlich unbegründete Versprechen wahrscheinlich nie von ihren Eltern bekommen. Die unterschiedliche Zulassungshandhabe im Arzneimittelgesetz erzeugt eine problematische Intransparenz beim Verbraucher. Der Schutz vor fehlerhaft produzierten Globuli würde beim Wegfall der Apothekenpflicht zudem – was hier unterschlagen wird – keineswegs gänzlich entfallen, sondern über das Lebensmittelgesetz geregelt. Die bestehende gesetzliche Sonderbehandlung der Homöopathika gefährdet Kinder also dadurch, dass Eltern überhaupt zu dem Glauben verleitet werden, einerseits wegen der „Harmlosigkeit“ der Mittel zu einer Selbstbehandlung qualifiziert zu sein und andererseits mit den homöopathischen Mitteln spezifisch wirksame Arzneien in der Hand zu haben. Aus diesem Grund empfiehlt das European Academies Scientific Advisory Council (EASAC) in seiner Stellungnahme zur Homöopathie auch klar und deutlich die Rücknahme dieser gesetzlichen Sonderregelung zur Zulassung und Registierung als Arzneimittel ohne Wirksamkeitsnachweis.[B 3] Auch die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. spricht sich auf dieser Basis in ihrem Positionspapier zur Homöopathie gegen die gesetzliche Sonderbehandlung der Homöopathie aus:
Es ist schon ein höchst gewagtes Stück Journalismus, solchen Stellungnahmen und allen ihren Unterzeichnern pauschal die Vernunft abzusprechen. |
Dass Homöopathika nur aufgrund gesetzlicher Sonderregelungen als Arzneimittel gelten, macht es für Verbraucher oft intransparent, dass hinter den Produkten keine Wirksamkeitsbelege stehen. Würde die fehlende spezifische Wirksamkeit und damit die fehlende Notwendigkeit solcher Produkte sauber kommuniziert, würde es keine Eltern geben, die für ihr Baby überhaupt die Gabe von Tollkirsche, Arsen oder anderen Giftstoffe in homöopathischen Dosen in Erwägung ziehen. Tragische Todesfälle von Kleinkindern, wie sie aufgrund fehlerhaft hergestellter Homöopathika in den USA zu beklagen waren, würden dadurch ebenfalls ursächlich verhindert. Kritiker stellen deshalb die Apothekenpflicht in Frage, weil der Verkauf über Apotheken dem Verbraucher eine Gleichwertigkeit der Wirksamkeitsnachweise von Homöopathika und anderen Medikamenten vorgaukelt, die aufgrund der gesetzlichen Sonderbehandlung der Homöopathika nicht gegeben ist. Auch das European Academies Scientific Advisory Council (EASAC) fordert in seiner Stellungnahme zur Homöopathie eine einheitliche Regelung und damit den Wegfall von gesetzlichen Sonderregelungen zur Zulassung und Registierung als Arzneimittel ohne wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweis. |
Homöopathie als Methode aus dem Leistungskatalog der Krankenkasse herauszunehmen, wie Kritiker außerdem vorschlagen, würde nur verschwindend geringe Einsparungen bringen. | Hier fällt unter den Tisch, dass diese Forderung keineswegs durch einzelne Kritiker ausgesprochen wurde, sondern eine klare Empfehlung der Dachorganisation der Europäischen Wissenschaftsakademien, European Academies Scientific Advisory Council (EASAC), an die Regierungen der Mitgliedsstaaten ist, zu denen auch Deutschland gehört:
Diese wissenschaftlich fundierte Empfehlung beruht, wie man dem Schreiben des Councils entnehmen kann, überhaupt nicht auf der Höhe des Einsparpotentials, sondern auf der Unhaltbarkeit der Versprechen von spezifischen Effekten der Homöopathika und der damit verbundenen Probleme.[B 5] Kritiker der Homöopathie argumentieren nicht über die Höhe der Ersparnisse, sondern über die Aufwertung der Homöopathie als scheinbar rational begründete Arzneimittellehre durch ihre Präsenz in der Apotheke. Die Apothekenpflicht ist Teil eines Teufelskreises, weil sie dem Patienten vorgaukelt „es müsse etwas dran sein an der Homöopathie, wenn die Mittel in der Apotheke stehen“. So wird die Apothekenpflicht zu einem Grund der Beliebtheit der Homöopathie – und wird ihrerseits wiederum mit dem Hinweis auf die Beliebtheit der Mittel verteidigt.[22] Es gibt zudem keine rational begründbare Untergrenze, ab der es sinnvoll wäre, die knappen Gelder der Sozialkassen für pseudowissenschaftliche Verfahren auszugeben, so lange es einem Gesundheitswesen unmöglich ist, sinnvolle Maßnahmen für alle Patienten (Brillen, Zahnersatz, Rollstühle, …) voll zu erstatten. |
Bislang ist die Bundesregierung – anders als die Regierungen etlicher anderer europäischer Länder – der Empfehlung der Dachorganisation der Europäischen Wissenschaftsakademien, European Academies Scientific Advisory Council (EASAC), nicht nachgekommen. Diese hatte 2017 gefordert, der Homöopathie den Zugang zu den Geldern der Sozialkassen durch Rücknahme der dies ermöglichenden Sonderregelungen zu verbauen, so lange keine wissenschaftliche Evidenz für Effekte über Placebo hinaus vorgelegt wurde. |
Streit um Studien
(Anmerkung: Auf der Webseite des rbb vermerkter Stand vom 19.05.2020)
Die zweite Unterseite des Dossiers unter dem Titel „Streit um Studien“[5] ist als „wissenschaftlicher Hintergrund“ angekündigt und ganz dem Thema Studien gewidmet. Problematisch ist jedoch, dass das Dossier hierbei die wissenschaftliche Methodik bei der Anwendung des Werkzeugs der klinischen Studie mehrfach grob falsch beschreibt – sowohl in Bezug auf einige Aussagen von Studien zur Homöopathie als auch weit über das Thema Homöopathie hinaus.
Mehrfach hinterlassen die Formulierungen den Eindruck, als Wirksamkeitsnachweis würde es genügen, einzelne positive Studien für ein Verfahren zu erzeugen – völlig ungeachtet dessen, wie oft man in anderen Studien daran gescheitert ist. Den wichtigen Unterschied von Rosinenpickerei und einem kritischen Blick auf die Gesamtevidenz kann die Webseite in der aktuellen Fassung – laut rbb dem Stand vom 19. Mai 2020 – so nicht erklären.
Aussage im Dossier | Kritikpunkte | Der wissenschaftlichen Faktenlage besser entsprechende Formulierung |
Es gibt Studien, die Homöopathie wissenschaftlich erforschen. Insgesamt sind es aber noch vergleichsweise wenige, die den Standards entsprechen, die Wissenschaft braucht, um etwas als erwiesen zu betrachten. | Diese Aussage ist sehr missverständlich formuliert.
Hier entsteht leicht der Eindruck, es genüge zum Wirksamkeitsnachweis, eine bestimmte Mindestanzahl qualitativ hochwertiger positiver Studien zu generieren. Dem ist aber nicht so. Fällt beim Versuch, solche Studien anzusammeln, gleichzeitig eine große oder noch größere Zahl von Ergebnissen an, in denen keine Effekte zugunsten des getesteten Verfahrens auftraten, dann dürfen diese Arbeiten nicht einfach unter den Tisch fallen. Aussagekräftig ist deshalb nicht das Vorhandensein von Studien mit positiven Effekten, sondern die Frage, wie sich die Gesamtevidenz und die stabile Reproduzierbarkeit solcher Effekte darstellt. Das sollte hier besser deutlich gemacht werden. |
Es gibt Studien, die Homöopathie wissenschaftlich erforschen. Auf der Grundlage der Auswertung der Gesamtevidenz finden sich keine zuverlässigen und reproduzierbaren Belege für die Wirksamkeit der Homöopathie bei irgendeinem Krankheitsbild.[6] Aufgrund der grundsätzlichen Methodik klinischer Vergleichsstudien ist das tatsächlich das schlechtestmögliche Ergebnis, das ein Verfahren wissenschaftlich erzielen kann. Es ist das Gesamtbild, das man erhält, wenn man Präparate ohne spezifische Wirksamkeit mit anderen Placebos in vielen und nicht selten schlecht durchgeführten Studien vergleicht.[18][10] |
Warum gibt es nicht genügend Studien? | Die Darstellung ist nicht richtig.
Zur Homöopathie gibt es sehr viele klinische Studien. Der große Report der australischen Gesundheitsbehörden identifizierte 57 systematische Übersichtsarbeiten für 61 verschiedene Krankheitsbilder. In den Reviews werden insgesamt 176 Einzelstudien untersucht, nach Einbeziehung der Nachmeldungen sogar über 200, deren Daten folglich auch in den NHMRC-Review eingeflossen sind.[23] Diese Menge an Studien ist für eine Einschätzung durchaus ausreichend, besonders wenn man die naturwissenschaftliche Unplausibilität des Verfahrens bedenkt. |
Die Überschrift und der Abschnitt darunter sollten als Ganzes entfallen. Sie sind inhaltlich falsch und irreführend. |
Wissenschaftliche Studien sind teuer. Pharmazeutische Hersteller holen sich die Kosten dafür über die Preise ihrer Medikamente wieder herein. Sie sind gesetzlich verpflichtet, Wirksamkeitsnachweise in Studien vorzulegen. Anders ist es bei den Herstellern homöopathischer Arzneien. Der Gesetzgeber nimmt sie – u.a. aufgrund der geringen Nebenwirkungen – von dieser Pflicht aus. Deshalb gibt es bei der Homöopathie viel weniger Geld für solche aufwändigen und teuren Studien – was auch einen Vorteil für die Konsumenten hat: Die homöopathischen Arzneien sind in der Regel sehr preiswert. | Der Sinn eines Arzneimittelgesetzes ist nicht, unhaltbare Wirkversprechen wenigstens billig zu halten. „Preiswert“ sind die Produkte ohnehin nicht: Homöopathische Einzeldosen in C1000 liegen am Markt zwischen zehn und fünfzehn Euro für ein halbes Gramm Globuli.[24][25] Das entspricht einem Kilopreis von über 20.000 € für ein Produkt, das letztlich reinem Zucker entspricht, der im Laden weniger als einen Euro kostet. Selbst bei den häufiger verkauften 10-Gramm-Gläschen einer C30, wie sie in der Sendung gezeigt werden, summieren sich die sieben bis 10 Euro pro 10-Gramm-Gläschen auf einen Kilopreis von 700 bis 1.000 Euro. Auch das ist für reinen Zucker keineswegs preiswert. Anders als bei der Entwicklung wirksamer Medikamente, die im Voraus anfallende hohe Investitionskosten in der pharmazeutischen Forschung erfordern, bleibt bei Globuliherstellern hiervon erheblich mehr als reiner Gewinn – gerade weil die Hersteller vom Nachweis der Wirksamkeit ihrer Produkte befreit sind. Von den gesetzlichen Sonderregelungen profitiert also vor allem die Industrie hinter den Globuli. Dies hier als Vorteil für den Verbraucher darzustellen, dass man für reinen Zucker nicht noch größere Summen verlangt, ist in geradezu grotesker Weise irreführend.
Homöopathiehersteller versuchten nie, gesetzliche Sonderregelungen durchzusetzen, um die Produkte billig anbieten zu können. Vielmehr drängte man auf juristische Sonderbehandlungen, weil schon damals klar war, dass Homöopathika und Anthroposophika einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhalten.[26][B 6][27] ⇒ Siehe hierzu auch das Kapitel „Einfluss auf die Gesetzgebung und Gesundheitspolitik“ im Hauptartikel Hufelandgesellschaft |
Der Absatz sollte als Ganzes entfallen. Er ist inhaltlich falsch und irreführend. |
Hersteller haben keine Studien-Pflicht
Die Studien, die vorliegen, sind also keine „Pflicht“-Studien wie bei den Pharma-Unternehmen, ohne die es keine Zulassung gibt. Sie sind „Kür“-Studien. Ärzte und Wissenschaftler machen sie freiwillig, um ihre eigenen Ergebnisse zu überprüfen und sie anderen zur Verfügung zu stellen. Die Kosten dafür tragen sie entweder selbst, oder sie werden von Universitäten, Stiftungen oder anderen Fonds gefördert. Die dafür zur Verfügung stehenden Mittel sind – im Vergleich zur Pharmaindustrie, die einen Großteil aller Medikamenten-Studien finanziert – vergleichsweise gering. |
Homöopathiestudien werden nicht aus „Spaß“ oder als „Kür“ durchgeführt. Sie dienen dazu, Öffentlichkeit und Politik gegenüber permanent den Eindruck zu erwecken, ein wissenschaftlicher Nachweis eines homöopathischen Phänomens stünde unmittelbar bevor. Sie haben den Zweck, eine Wissenschaftlichkeit vorzugaukeln, die nicht gegeben ist, weil die Ergebnisse dieser Studien in keiner Weise Auswirkungen auf die homöopathische Praxis haben. Trotz hunderter klinischer Studien zur Homöopathie gibt es nicht eine einzige daraus resultierende von allen Homöopathen anerkannte Erkenntnis für die Behandlungspraxis. Es handelt sich um eine reine „Rechtfertigungsforschung“[28][B 7] mit dem Ziel, die juristisch durchgesetzte Schutzzone möge möglichst lange bestehen. Professor Norbert Schmacke schreibt hierzu in seinem Buch „Der Glaube an die Globuli“:[27]
Ein Hinweis auf diesen Umstand zeigt sich auch bei den in der homöopathischen Literatur recht häufigen Pilotstudien mit einer sehr kleinen Teilnehmerzahl. Knappe Gelder würden sich darin äußern, dass man zwar mit solchen Pilotstudien auf preiswerte Art vorfühlt, bei welchen Anwendungsgebieten Hauptstudien erfolgversprechend sind – dann aber die beschränkten Resourcen genau dort für aussagekräftige Studien einsetzt. In der Literatur zur Homöopathie ist dies jedoch anders: Auch auf erfolgreiche – aber wegen der geringen Teilnehmerzahl noch nicht belastbare – Ergebnisse in Pilotstudien folgt höchst selten eine Hauptstudie. Stattdessen werden in der Summe mehr Gelder ausgegeben für viele weitere kleine Untersuchungen bei allen möglichen anderen Anwendungsgebieten. Beispielsweise wurden die auch im Dossier zitierten Arbeiten von Jacobs et al. in fast zwei Jahrzehnten zwar immer wieder zitiert – aber nie extern repliziert. In einem anderen Fall, einer Studie des in der Sendung auftretenden Menachem Oberbaum,[29] wird die erfolgreiche Pilotstudie bis heute (Stand 2020) mehr als fünf mal so häufig zitiert wie die gescheiterte Replikation[30] mit einer größeren Teilnehmerzahl. Ein solches Vorgehen passt sehr viel besser zu dem Ziel, Studien zu Marketingzwecken zu produzieren, als zu einer durch knappe Gelder gehinderten echten Bereitschaft, die Homöopathie wissenschaftlich zu testen. |
Überschrift und Absatz darunter sollten als Ganzes entfallen. Sie sind inhaltlich falsch und irreführend. |
Kritik trifft auch schulmedizinische Studien (…)Eine Übersichtsanalyse[31] aller medizinischen Studien, die 2013 veröffentlicht wurde, kam zu dem Schluss: Etwa 45 Prozent der Therapien in der gesamten Medizin sind wahrscheinlich wirksam, nur in zwei Prozent dieser Fälle ist die Sicherheit so groß, dass keine weitere Forschung nötig ist. |
Richtig ist, dass schlecht gemachte Studien und eine unzureichende Beleglage auch in der evidenzbasierten Medizin ein Problem sind. Falsch ist, zu suggerieren, in der evidenzbasierten Medizin läge deshalb eine ganz ähnliche Situation wie in der Homöopathie vor. Dieser Eindruck entsteht aber leicht, weil auf die fundamentalen Unterschiede nicht hingewiesen wird:
Außerdem gilt grundsätzlich: Egal, wie sich nun die Evidenzlage der evidenzbasierten Medizin präsentiert: Sie ändert nichts an der Situation der Homöopathie. Von daher ist der Fingerzeig auf die Evidenzlage bei anderen Verfahren nichts als ein Ablenkungsmanöver, ein „Tu-quoque-Fehlschluss“, manchmal auch als „Whataboutism“[35][B 8] bezeichnet. |
Kritik trifft auch medizinische Studien. In der evidenzbasierten Medizin sind schlecht gemachte Studien und unzureichende Gesamtevidenz ebenfalls oft ein Problem. Dennoch ist die Situation hier ganz anders: Im Wissenschaftsbetrieb werden offene Fragen kommuniziert und ernst genommen. Homöopathische Lobbyverbände immunisieren ihr Verfahren gegen die Widersprüche zum naturwissenschaftlichen Wissen und die nicht reproduzierbar belegbare Überlegenheit gegen Placebo: Behandlungspraxis und Wirkversprechen bleiben unbeeinflusst von den Ergebnissen; gegenüber dem Patienten stellt man einzelne positive Arbeiten in den Vordergrund, unabhängig von ihrer Qualität und Fehleranfälligkeit.[36] Der Verweis auf offene Fragen in der medizinischen Forschung ist hier nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver. |
Es gibt aber Studien, die eine Wirkung der Homöopathie über Placebo hinaus zeigen. | Es gibt auch starke Raucher, die ein hohes Alter erreichen. Das ist dennoch kein Beleg dafür, dass Rauchen harmlos wäre.
Auch bei Mitteln ohne spezifische Wirksamkeit ist bei einer großen Anzahl durchgeführter Studien ein gewisser Anteil von Arbeiten zu erwarten, der statistisch signifikante Ergebnisse liefert. Dieser Anteil ist umso größer, je schlechter die Qualität der Studien ist. Aussagekräftig sind aber nicht einzelne, nach dem Wunschergebnis ausgesuchte Arbeiten, sondern die Gesamtevidenz aus allen wissenschaftlichen Untersuchungen eines Verfahrens. Studien sind statistische Messinstrumente. Man hat zwei (oder mehr) Patientengruppen, in denen die Teilnehmer durch die Randomisierung im Schnitt möglichst ähnliche Ausgangsbedingungen haben sollten. Diese beiden Patientengruppen werden dann verblindet mit verschiedenen Verfahren behandelt. In placebokontrollierten Studien bekommt eine der beiden Gruppen ohne ihr Wissen Placebo, die andere Gruppe – „Verumgruppe“ genannt – das zu testende Verfahren, zum Beispiel individuell ausgewählte Homöopathika. Am Ende des Studienzeitraums wird geprüft, ob sich Unterschiede bei der Genesung zwischen den Gruppen ergeben haben. Von einem „signifikanten Ergebnis“ spricht man dann, wenn ein auf der Basis der Teilnehmer der Studie gefundener Unterschied mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit (oft 95 %) nicht zufällig zustande gekommen ist. In der Praxis hat man aber nie „ideale“ Teilnehmergruppen: Patienten sind nicht alle gleich. Zu kleine oder von Beginn an ungleiche Gruppen, keine oder nicht ausreichende Randomisierung oder Verblindung oder andere selbst minimale Fehler führen leicht dazu, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ergebnis irrtümlich als Arzneimitteleffekt eingestuft wird, weiter steigt. ⇒ Siehe hierzu Hauptartikel Statistische Signifikanz Einzelne Studien können daher gar nicht „beweisen“, ob ein Verfahren wirklich besser oder schlechter als Placebo ist, weil sie immer nur eine Wahrscheinlichkeitsaussage auf der Basis einer begrenzten Personenzahl darstellen. Und das wohlgemerkt auch dann, wenn die Autoren der Arbeit alles richtig gemacht haben. Wissenschaftlich aussagekräftig ist deshalb erst die Gesamtsicht auf die vorhandene Evidenz, die naturwissenschaftliche Einschätzung und die gesamte Studienlage, so wie sie sich in Systematischen Reviews und anderen Analysen aller Studien darstellt. In dieser Gesamtsicht zeigt sich: Es gibt keine stichhaltigen Argumente dafür, dass Homöopathika etwas anderes als Placebos sind.[6][10][11][12][18][19] Ganz unabhängig davon gibt es mehr als deutliche Hinweise, dass die Homöopathie nicht auf echten Naturphänomenen beruht:
Obwohl bereits die naturwissenschaftliche Unplausibilität für sich genommen ein sehr starkes Argument darstellt, bekam die Homöopathie aufgrund ihrer Beliebtheit bei Patienten durch die Untersuchung in klinischen Studien quasi eine zweite Chance. Klinische Studien hätten auch bei einem komplett unverstandenen Wirkmechanismus Unterschiede zu Placebo messen können. In der Gesamtsicht der Studienlage von mittlerweile über 200 klinischen Vergleichsstudien ergeben sich jedoch in Übereinstimmung mit der naturwissenschaftlichen Vorhersage keine stichhaltigen Argumente dafür, dass Homöopathika etwas anderes sind als Placebos. Alle systematischen Reviews, die die Homöopathie als Ganzes (über alle Anwendungsgebiete) betrachten, bemängeln die schlechte Qualität der Einzelstudien, die leicht dazu führen kann, ein Verfahren zu überschätzen. Immer wieder stellen die Autoren fest, dass kleine statistische Effekte weiter zurückgehen oder ganz verschwinden, wenn man sich auf die qualitativ besseren Arbeiten beschränkt. Bei keinem einzigen Krankheitsbild berichtet auch nur einer der Reviews von stichhaltigen oder in Reproduktionen robusten Belegen einer Überlegenheit gegen Placebo. Zu diesem Ergebnis kamen auch verschiedene Gesundheitsbehörden, etwa die amerikanische Food and Drug Administration (FDA)[20] oder der britische National Health Service (NHS)[11]. Dies wird noch einmal aussagekräftiger durch den Umstand, dass die meisten Studien von Homöopathen selbst durchgeführt wurden – und dies vor allem, um externe Anerkennung zu bekommen. Innerhalb der homöopathischen Lehre braucht man dieses Instrument nicht: die Ergebnisse der Studien haben auf die homöopathische Behandlungspraxis keinen Einfluss. Daraus ist zu folgern, dass die Studien wahrscheinlich bei Indikationen durchgeführt wurden, von denen man annahm, dass sie besonders gut die Wirksamkeit des Verfahrens demonstrieren – siehe etwa die Münchner Kopfschmerzstudie. Wenn das dann selbst dort nicht klappt, dann sagt das Scheitern des Nachweises einer Wirksamkeit sehr viel aus. Zusätzlich wurde die Studienlage bisher (Stand Anfang 2020) zweimal mit einer weiteren Methode, der sogenannten „p-Kurven-Analyse“ gesichtet. Bei diesem Verfahren wird die Verteilung der p-Werte der Einzelstudien betrachtet, also ob und wie häufig diese eher nahe an der Signifikanzgrenze lagen. Bei statistischen Artefakten ergeben sich für die Ergebnisse andere Verteilungen als bei Ergebnissen, die auf echten Naturphänomenen beruhen. Die Ergebnisse beider unabhängigen Analysen haben die Systematischen Reviews eindrucksvoll bestätigt: Homöopathika sind Placebos.[10][18] Basierend auf dieser Gesamtevidenz hat das European Academies Scientific Advisory Council (EASAC) – eine Dachorganisation Europäischer Wissenschaftsakademien – eine Stellungnahme zur Homöopathie verfasst. Darin heißt es:
Aussagen der Art „es gibt Studien, die eine Wirkung der Homöopathie über Placebo hinaus zeigen“ oder auch nur „es sei unklar, ob Homöopathika spezifische Effekte haben“, spiegeln diesen innerwissenschaftlichen Konsens in keiner Weise korrekt wieder. |
Auch wenn es, allein schon aus statistischen Gründen, einzelne Studien gibt, in denen sich Unterschiede zu Placebo ergaben: In der Gesamtsicht über alle Daten fand keine der vorhandenen Übersichtsarbeiten zur Homöopathie stichhaltige, reproduzierbare Nachweise von Effekten über Placebo hinaus. Zusammen mit anderen Aspekten wie der naturwissenschaftlichen Unplausibilität und dem Zerfall in einander widersprechende Strömungen ergibt sich deswegen ein wissenschaftlich sehr konsistentes Gesamtbild über die Homöopathie. |
Die Wissenschaftler gehen immer von einer Hypothese aus und prüfen, ob es dafür Nachweise gibt. | Diese Darstellung ist sehr leicht missverständlich, denn sie lässt den Eindruck entstehen, es würde genügen, wenn man nach Daten Ausschau hält, die zur eigenen Hypothese passen. Dem ist aber nicht so. Zu einer wissenschaftlichen Untersuchung gehören auch die Fragen, ob es noch andere Erklärungen für die Beobachtungen gibt oder woran man merken würde, dass die Hypothese falsch ist.
Entsprechend falsch ist die Vorstellung, dass einzelne positive Ergebnisse einen „Nachweis“ darstellen würden. Dass hier wirklich der Gesamtblick auf die Daten entscheidend ist, wird verständlicher, wenn man die Methodik der randomisierten, mehrfach verblindeten und placebokontrollierten Studien genauer betrachtet: Vergleichsstudien dieser Art, auch superiority trials genannt, beginnen mit einer „Nullhypothese“. Die Nullhypothese ist die Ausgangsannahme, die in der Studie getestet wird. Meist ist es die Annahme, dass ein Verfahren gleichwertig zu einer Placeboanwendung ist. Anschließend vergleicht man die Gruppenergebnisse und prüft, ob eventuelle Unterschiede höchstwahrscheinlich nicht zufällig zustande kamen. Für die Datenbasis der Studie – also die begrenzte Teilnehmerzahl – wird dann die Nullhypothese verworfen. Studien testen also, ob die Annahme, dass Homöopathika Placebos sind, verworfen werden muss. Die Vorgehensweise, durch Tests zu prüfen, ob Homöopathika spezifische Effekte haben, ist eine messtechnisch unmögliche Forderung. Ein tatsächlicher, realer Effekt könnte immer unterhalb einer erreichten Messgenauigkeit liegen. Aus diesem Grund muss die wissenschaftliche Vorgehensweise sein, zu fragen, ob die Annahme, dass keine spezifischen Effekte vorliegen, falsch ist – weil sich reproduzierbar messbare Unterschiede in den Gruppen ergeben. Selbst einzelne Studien, in denen die Nullhypothese verworfen wurde, stellen wegen des statistischen Charakters dieser Vorgehensweise aber für sich allein genommen keinen Wirksamkeitsnachweis dar. Die Nullhypothese könnte mit einer vom vorher festgelegten Signifikanzniveau abhängigen Wahrscheinlichkeit zu Unrecht verworfen worden sein. Zudem können bei einer begrenzten Teilnehmerzahl immer weitere Gründe für das Auftreten nicht zufallsbedingter Unterschiede vorliegen: Dies kann zum Beispiel gegeben sein, wenn die Gruppen schlecht randomisiert wurden und die Teilnehmergruppen von vorneherein nicht gleichwertig waren. Weil wissenschaftliche Vorgehensweise immer bedeutet, zu fragen, welche anderen Erklärungen es für die Ergebnisse gegeben haben könnte, ist die Frage der Reproduzierbarkeit von Ergebnissen wichtig: Erst wenn sich die statistischen Unterschiede stabil in Untersuchungen verschiedener Autoren zeigen, spricht das dafür, dass die Nullhypothese wirklich verworfen werden muss. In der Gesamtsicht der Daten hat kein einziger der Systematischen Reviews zur Homöopathie (Stand Sommer 2020) stichhaltige, reproduzierbare Belege hierfür gefunden. Damit bleibt die Nullhypothese – Homöopathika sind Placebos – auch bestehen. Es anders zu kommunizieren, ist unwissenschaftlich. Entsprechend äußerte sich etwa Prof. Claudia Witt, deren Beobachtungsstudie vom rbb u. a. als Beispielstudie genannt wird, in einem Interview mit dem Schweizer Tagesanzeiger 2015:
⇒ Siehe hierzu den Hauptartikel Systematische Reviews zur Homöopathie - Übersicht |
Meist werden die Ergebnisse der mit Homöopathikum bzw. Placebo behandelten Gruppen verglichen. Dabei wird statistisch geprüft, ob die Basisannahme (die sogenannte „Nullhypothese“, dass Homöopathika gleichwertig zu anderen Placebos sind) zumindest für die begrenzte Teilnehmerzahl der Studie aufgrund eventuell eingetretener Unterschiede im Ergebnis verworfen werden muss. Erst wenn dies reproduzierbar – also robust wiederholbar – der Fall wäre, könnte das bei einem unplausiblen Verfahren wie der Homöopathie als Hinweis auf eine Wirksamkeit über Placebo hinaus angesehen werden.[39] Doch zu dem Ergebnis, dass dies gegeben ist, kam keine einzige der bis 2020 durchgeführten Übersichtsarbeiten. |
Es gibt Meta-Studien von Wissenschaftlern aus den Reihen der Homöopathen, die alle Studien einer selbstkritischen Betrachtung unterziehen und zu dem Schluss kommen, dass es zwar nur wenige, aber doch einige einwandfrei durchgeführte Studien gibt, die einen Effekt über den Placebo-Effekt hinaus zeigen. [Anmerkung Homöopedia: Die beiden anschließend angeführten Meta-Studien werden im weiteren Text als Linde (1997) und Mathie (2014) bezeichnet.] |
Diese Darstellung ist irreführend, weil sie wieder den falschen Eindruck erweckt, es wäre ein Nachweis einer Wirksamkeit über Placebo hinaus, wenn sich unter vielen Studien einzelne hochwertige Arbeiten finden lassen, in denen es statistisch signifikante Effekte zugunsten der Homöopathika gab. Die Formulierung verschweigt also die enorme Bedeutung der Gesamtsicht auf alle Studien und die Frage nach der stabilen Reproduzierbarkeit von Effekten. Beide genannten Metaanalysen liefern genau in dieser Sichtung der gesamten Evidenz – wie alle anderen (Stand 2020) – keine stichhaltigen Belege einer Überlegenheit von Homöopathika gegenüber Placebo. Mathie (2014) findet zudem noch nicht einmal, wie im Dossier behauptet, dass es „einwandfrei durchgeführte Studien gibt, die einen Effekt über den Placebo-Effekt hinaus zeigen“.
1. Linde (1997) Die Metaanalyse von Klaus Linde et al. aus dem Jahr 1997[40] wird von Homöopathen oft wegen eines Satzes der Ergebniszusammenfassung als Beleg angeführt. Tatsächlich lieferte auch dieser Review keinen stichhaltigen Nachweis einer Wirksamkeit über Placebo, wie man einem vollständigem Zitat der Interpretation der Ergebnisse durch die Autoren eindeutig entnehmen kann:
In der Summe ergibt sich also bei Linde zwar eine Überlegenheit über Placebo, doch konnte im Review für kein Beschwerdebild eine solche nachgewiesen werden. Der zweite Satz relativiert den ersten also deutlich. Das geht aus der Darstellung im Dossier nicht hervor. Weitere Forschung wird nur unter der Bedingung empfohlen, dass die Studien methodisch hochwertig und aussagekräftig erfolgen möge. Die Auswertung von Mathie (2014) ergibt hier eindeutig, dass Homöopathen diese Aufforderung 17 Jahre lang konsequent umgangen haben. ⇒ Siehe hierzu ausführlich den Abschnitt Systematischer Review von Klaus Linde 1997 im Hauptartikel „Oft gehörte Argumente - Verweise auf konkrete Studien und Experimente“ 2. Mathie (2014) In der Metaanalyse 2014[41] erfüllte nach Ansicht der Autoren keine der untersuchten klinischen Studien die Kriterien für ein niedriges Biasrisiko. Mathie et al. schreiben dies klar in ihrer Arbeit:
Dies widerspricht klar der Darstellung im Dossier des rbb. Zur weiteren Auswertung wichen Mathie et al. vom vorgesehenen Protokoll ab und erklärten drei Studien zur „zuverlässigen Evidenz“, die die nächstbeste Einstufung erhalten hatten. Darunter waren jedoch auch so genannte „Pilotstudien“, die üblicherweise nicht als zuverlässige Evidenz eingestuft werden.[42] Trotz dieser ungewöhnlichen Vorgehensweise kommt der Systematische Review nur zu einem höchst vorsichtig formulierten positiven Ergebnis zugunsten der Homöopathie:
⇒ Siehe hierzu ausführlich den Hauptartikel Systematische Reviews zur Homöopathie - Mathie (2014) Beide vom rbb angeführten Systematischen Reviews behaupten also nicht einmal selbst, stichhaltige Belege für eine Wirksamkeit von Homöopathika gefunden zu haben. Die Aussagen von Mathie (2014) sind im Dossier zudem schlicht falsch wiedergegeben. Wie irreführend die an dieser Stelle des Dossiers betriebene Rosinenpickerei ist, zeigt sich jedoch zusätzlich daran, dass der rbb es vorzieht, seinen Lesern nicht mitzuteilen, dass es von Linde aus den Jahren 1998[43] und 1999[44] zwei weitere Systematische Reviews zur Homöopathie gibt, in denen das Ergebnis deutlich schlechter für die Homöopathie ausfiel: Bereits im Review von 1998 nahm Linde das Ergebnis der Metaanalyse von Shang/Egger aus dem Jahr 2005[45] dahingehend vorweg, dass die Effekte zugunsten der Homöopathie verschwanden, sobald er seine Analyse auf die methodisch hochwertigen Studien beschränkte. Die Untersuchung von 1999 beschäftigte sich genau hiermit und bestätigte ein weiteres Mal diesen Sachverhalt. Dass Linde selbst seine Metaanalyse von 1997 nicht als Beleg einer Überlegenheit der Homöopathie gegen Placebo sah, geht deutlich aus seinem Leserbrief hervor, den er anlässlich der Präsentation der Meta-Analyse von Shang et al. 2005[45] an die Fachzeitschrift Lancet geschrieben hat:
Tatsächlich unterscheiden sich die Ergebnisse von Reviews der von Linde (1997) und Mathie (2014) nur minimal von den Ergebnissen der Reviews, die Homöopathen öffentlich diskreditieren, wie die Untersuchungen von Shang/Egger (2005)[45] oder der Report der australischen Gesundheitsbehörde von 2015. Aus wissenschaftlicher Sicht ist für die hohe Aussagekraft aber nur ein Sachverhalt entscheidend: In den zahlreichen Systematischen Reviews zur Homöopathie zeichnet sich immer dasselbe Bild ab; keine Arbeit findet solide, reproduzierbare Effekte über Placebo hinaus. Sie ergeben untereinander und mit der restlichen Evidenz ein stimmiges Gesamtbild. ⇒ Siehe hierzu den Hauptartikel Systematische Reviews zur Homöopathie - Übersicht |
Es gibt Meta-Studien aus den Reihen der Homöopathen und auch von unabhängigen Wissenschaftlern, die alle Studien einer selbstkritischen Betrachtung unterziehen. Keiner dieser Systematischen Reviews (Stand 2020) fand im Ergebnis stichhaltige und reproduzierbare Belege einer Überlegenheit von Homöopathika gegenüber Placebos. Diese Einschätzung wurde zudem in zwei weiteren Reviews bestätigt, die ein anderes statistisches Auswerteverfahren („p-Kurven-Analyse“) einsetzten. Für die hohe Zuverlässigkeit spricht hier besonders, dass Autoren mit unterschiedlicher Interessenlage über die Jahrzehnte hinweg mit hoher Übereinstimmung zu diesem Ergebnis gekommen sind. Viel unabhängiger kann eine Replizierung eigentlich nicht sein, als die vielen Reviews unterschiedlicher Autoren mit unterschiedlichen Interessenlagen mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen – zumal das Ergebnis im Einklang mit der naturwissenschaftlichen Unplausibilität der Homöopathie ist. |
Eine Studie von 2005 kam zu dem Schluss, dass es keine Evidenz für die Homöopathie gibt. Dieser Studie allerdings wird vorgeworfen, sie habe von 110 betrachteten Studien tatsächlich nur acht berücksichtigt. | Gemeint ist die Metaanalyse von Aijing Shang, Matthias Egger et al., die 2005 in der renommierten Fachzeitschrift The Lancet erschien.[45] Die Darstellung im Dossier ist jedoch in mehrfacher Weise irreführend:
Wiederholt fand sich von Seiten der Homöopathen der Vorwurf, die Begrenzung auf nur acht hochwertige Studien sei dem gewünschten Ergebnis geschuldet gewesen. Hätte man mehr oder andere Studien gewählt, hätte die Metaanalyse durchaus positive Effekte zugunsten der Homöopathie ergeben. Anstatt dies unkritisch zu übernehmen, sollte man dem Leser erklären, dass es eine wichtige Aufgabe einer Metaanalyse ist, die Qualität der existierenden Studien zu bewerten und – auf dieser Bewertung aufbauend – die Evidenz zusammenfassend zu beurteilen.[48] Der Mathematikprofessor Ulrich Berger erklärt auf seinem Scienceblog,[48] warum gerade die in Zusammenarbeit mit dem damaligen Statistiker der Carstens-Stiftung, Rainer Lüdtke, veröffentlichte Kritik[49] an der Arbeit von Shang und Egger diesen Einwand als nicht haltbar entlarvt:[B 14]
Besonders problematisch wird die Formulierung im Dossier noch einmal dadurch, dass man nur wenige Zeilen darüber die Arbeit von Mathie (2014) anführt, ohne hier zu thematisieren, dass Mathie aus der Vielzahl der dort betrachteten Studien zunächst überhaupt keine hochwertige identifiziert, dann aber seine Auswertung auf nur drei ganz offensichtlich im Nachhinein zur „zuverlässigen Evidenz“ erklärte Studien stützt. Insgesamt ist diese Diskussion jedoch müßig. Das Dossier sollte sich nicht dem Ablenkungsmanöver der Homöopathen von der Stimmigkeit der Gesamtevidenz ablenken lassen, indem man fragt, wie die Statistik ausgesehen hätte, wenn man eine Studie mehr in die Schlussbetrachtung hätte einfließen lassen: Selbst dann wird man aus den Daten eben keine stichhaltigen, replizierbaren Belege einer Placeboüberlegenheit machen. Eine Webseite, die selbst den Anspruch erhebt, den wissenschaftlichen Hintergrund zu liefern, hätte die Stimmigkeit der Gesamtevidenz erklären müssen. In genau diese Gesamtsicht der Evidenz, auch unter Berücksichtigung neuerer Daten, fügt sich das Ergebnis der Shang/Egger-Metaanalyse nahtlos ein.[14][B 16] |
Der Absatz sollte als Ganzes entfallen. Er ist inhaltlich falsch und irreführend. |
Die australische Regierung unternahm den Versuch einer Gesamt-Bewertung. Der offizielle Bericht 2015 stellt fest: Es gibt keinen Nachweis für die Wirksamkeit der Homöopathie.
Dann stellte sich heraus, dass es einen zweiten Bericht gibt, der 2012 im Auftrag der australischen Regierung fertiggestellt, aber nicht erschienen war. Auf Initiative des Ombudsman of the Commonwealth wurde er 2019 veröffentlicht. Diesem Bericht zufolge gibt es eine ermutigende Evidenz für die Homöopathie. |
Diese Darstellung ist grob falsch.
Ganz unabhängig davon, dass die Reviewer des NHMRC konkrete Kritikpunkte zur Methodik der Bewertung zu allen fünf Krankheitsbildern hatten, muss festgehalten werden, dass der Berichtsentwurf nirgends von belastbaren Belegen für eine über Placebo hinausgehende Wirksamkeit der Homöopathie spricht. Nirgends erwähnt man „belastbare Evidenz“ („solid evidence“), „überzeugende Evidenz“ („convincing evidence“) oder „zuverlässige Evidenz“ („reliable evidence“). Die Darstellung, dass der erste Entwurf des Reports ganz andere Ergebnisse geliefert habe als die offizielle Version, ist nicht korrekt. Es ist sehr bedauerlich, dass ein öffentlich-rechtlicher Sender wie der rbb hier unkritisch der Verschwörungsdarstellung des britischen Homöopathenverbandes folgt (von dessen Webseite der Draft-Report verlinkt wird), anstatt die wissenschaftliche Einschätzung der australischen Bundesbehörde an den Leser weiterzugeben. Die Betrachtung des Begleitschreibens von Anne Kelso sowie der erklärenden Anmerkungen im Originaltext hätte den Sachverhalt eigentlich schnell aufklären müssen. ⇒ Siehe hierzu ausführlich den Hauptartikel NHMRC Draft Report |
Die australische Regierung unternahm 2015 den Versuch einer Gesamt-Bewertung. In einer Durchsicht von über 50 Übersichtsarbeiten fanden sich keine belastbaren Belege für eine über Placebo hinausgehende Wirksamkeit der Homöopathie. |
Homöopathie in Zahlen
Es ist richtig, dass die genannten Zahlen zu den Ausgaben für Homöopathika und die damit verbundenen Einsparmöglichkeiten für die Krankenkassen klein sind im Verhältnis zu den Gesamtkosten im Gesundheitswesen. Trotzdem lenkt diese Darstellung von den eigentlichen Problemen ab, erwähnt die Argumente der Kritiker nicht einmal und ist deshalb irreführend.
- Den wissenschaftlichen Kritikern der Homöopathie geht es bei der Forderung nach dem Ende der gesetzlichen Sonderregelungen um die Problematik einer falschen Signalwirkung für Patienten. Es suggeriert, „es müsse etwas dran sein“, wenn es als scheinbar gleichwertiges Arzneimittel in der Apotheke steht. Gerade weil die meisten Patienten nicht um die gesetzlichen Sonderregelungen wissen, wird durch die bestehenden Regelungen intransparent, dass hier Präparate mit einem wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweis neben solchen stehen, die wissenschaftlich komplett unplausibel sind und die von einem solchen Nachweis sogar vom Gesetzgeber befreit wurden. Das Arzneimittelgesetz sollte es dem Patienten aber nicht gezielt erschweren, solche Unterschiede zu erkennen.
- Es gibt keine rational begründbare untere Grenze, ab der Geldverschwendung keine solche mehr ist. Auch 20 Millionen Euro, die man den Sozialkassen für unplausible und unwissenschaftliche Verfahren entnommen hat, könnten – an anderer Stelle eingesetzt – den Patienten mehr helfen. Egal, wie wenig: Es bleibt problematisch, die Erstattung wissenschaftlich widerlegter, esoterischer Verfahren zu erhalten, während bei nachweislich wirksamen und notwendigen Maßnahmen – darunter Brillen und Zahnersatz – wegen leerer Kassen hohe Zuzahlungen vom Patienten verlangt werden.
Auf der Übersichtsseite genannte Studien
Auch wenn im Unterkapitel „Streit um Studien“ im Text wenige weitere Veröffentlichungen erwähnt werden, so besteht der ins Auge fallende „Überblick über die Studienlage“ doch nur aus der Nennung von fünf handverlesenen Arbeiten. Mit „Rosinenpickerei“[51] solcher Art findet man in praktisch jeder umfangreichen Datenbank auch ein paar Ergebnisse, die ins gewünschte Bild passen. Ein sauberes Vorgehen besteht aber nicht darin, aus einem Stapel Studien diejenigen herauszuziehen, die zu der Geschichte passen, die man erzählen möchte. Ein Studienüberblick muss zu einer konkreten Forschungsfrage passen, auf der Sichtung der gesamten Literatur beruhen und die relevanten Quellen nach nachvollziehbaren Kriterien auswählen. Wo dies zu aufwändig ist, sollten Übersichtsarbeiten angeführt werden, in denen dies geschehen ist. Die australische Bundesbehörde untersuchte beispielsweise in ihrem Bericht über 50 Übersichtsarbeiten mit rund 200 darin enthaltenen Einzelstudien.[12] Dem Leser hier ganze fünf Arbeiten als repräsentativ vorzustellen, wäre selbst dann auf problematische Weise verzerrend, wenn es sich durchgehend um aussagekräftige und hochwertige Einzelstudien handeln würde. Wie im Folgenden gezeigt wird, ist nicht einmal das der Fall. Die Diskussion um einzelne, die Aussagekraft einer Studie in Frage stellende Details ist jedoch als Ganzes eigentlich unwichtig. Eine solch umfassende Datenlage kann durch fünf Studien nie korrekt wiedergegeben werden.[47]
Vielmehr sollte dem Leser an dieser Stelle von einer öffentlich-rechtlichen Medienanstalt genau das erklärt werden: Dass bei einer großen Zahl von Studien auch dann einige positive Ergebnisse zu erwarten sind, wenn die Mittel wirkungslos sind, so dass die einzig korrekte Vorgehensweise ist, die Gesamtsicht auszuwerten. Gerade weil es nicht die Aufgabe eines Journalisten ist, wissenschaftliche Ergebnisse zu beurteilen, sollte man den Leser auf die Stellungnahmen wissenschaftlicher Gremien wie des European Academies Scientific Advisory Council (EASAC)[6] zur Homöopathie hinweisen, die auf der Durchsicht dieser Daten durch mehrere unabhängige wissenschaftliche Gremien gefällt wurde.
Trotz dieses grundsätzlichen Sachverhaltes sollen die fünf genannten Arbeiten kurz näher betrachtet werden.
Homöopathie bei Fibromyalgie – Pilotstudie von Bell
In der Studie von Iris Bell et al. aus dem Jahr 2004[52] bezeichnen die Autoren ihre Arbeit selbst eher als Pilotstudie denn als klinische Studie.[B 18] Pilotstudien haben oft kleinere Teilnehmergruppen und untersuchen eine Vielzahl von Auswerteparametern. Sie dienen praktisch als preiswertere Voruntersuchungen der Klärung eines optimalen Vorgehens in einer der Untersuchung zeitnah folgenden klinischen (Haupt-)Studie. Ihnen ist also eine Vorläufigkeit der Ergebnisse immanent, weshalb sie in aller Regel nicht als aussagekräftig genug für Schlussfolgerungen für die Behandlungspraxis eingestuft werden.[42][B 19] Diese Einschränkungen gelten auch für die vorliegende Studie, was der Webseite des rbb jedoch nicht zu entnehmen ist. Problematisch an der Studie ist zudem, dass die Effektstärke in allen untersuchten Werten sehr gering war und erst durch Umrechnung bei einigen der untersuchten Parameter statistische Signifikanz ergab. Die Ergebnisse lesen sich dadurch insgesamt positiver für die Homöopathie als sie eigentlich waren.
⇒ Eine ausführliche Besprechung der Studie von Iris Bell et al. findet sich auf dem Blog von Dr. Norbert Aust „Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie“ unter der Überschrift „Homöopathische Therapie von Fibromyalgie – Fisher (1989) und Bell (2004)“ (externer Link, aufgerufen am 24. September 2020))
Langzeitbeobachtungsstudie von Witt
In einer multizentrischen Langzeitbeobachtungsstudie[53][B 20] stellten Claudia Witt et al. 2008 die Entwicklung einer großen Gruppe Patienten mit hauptsächlich chronischen Beschwerden (wie Allergien, Migräne oder Neurodermitis) nach einem insgesamt achtjährigen Beobachtungszeitraum vor. Den Patienten war gemeinsam, dass sie zumindest zeitweise und oft zusätzlich zu anderen Maßnahmen homöopathisch behandelt worden waren. Ein großer Teil der Patienten berichtete über deutliche Verbesserungen. Viele Patienten zeigten sich mit der homöopathischen Behandlung zufrieden.
Ein solches Ergebnis widerspricht dem Placebocharakter der Homöopathika jedoch nicht. Die Autoren machen in ihrer Studie auch deutlich, dass das nicht Gegenstand der Untersuchung war:
Da die Patienten im Studienzeitraum auch konventionelle und andere komplementäre Therapien anwenden durften, können die beobachteten Verbesserungen nicht allein der homöopathischen Behandlung zugeschrieben werden. Das Ziel dieser Studie war es jedoch nicht, die Wirksamkeit der homöopathischen Arzneimittelbehandlung zu untersuchen, sondern vielmehr eine unverfälschte Abbildung der gegenwärtigen homöopathischen Gesundheitsversorgung und ihrer Ergebnisse in der Routineversorgung zu liefern.[53][B 21]
In die in der Studie ermittelte Zufriedenheit der Patienten mit der Homöopathie fließt auch das therapeutische Setting aus den empathisch geführten und sehr ausführlichen Anamnesegesprächen ein. Eine später in Oxford durchgeführte Vergleichsstudie zeigte, dass der Patientennutzen aus dieser Gesprächssituation stammt und nicht aus den homöopathischen Arzneien.[54] Dieser Einschätzung schloss sich auch Claudia Witt 2015 in einem Interview an, das sie dem Schweizer Tagesspiegel gab:
…die wichtige versorgungsrelevante Information ist: Es konnte nicht gezeigt werden, dass homöopathische Arzneimittel besser wirken als Placebo. (…) Wir haben in einer grossen Beobachtungsstudie die gesamte homöopathische Behandlung mit Arztgespräch und Diagnosestellung untersucht und bei chronisch kranken Patienten grosse Effekte gefunden. Bringe ich das zusammen mit der bereits geschilderten Evidenzlage, wird klar: Da muss was anderes wirken als die Arzneimittel. Die Homöopathie hat eine besondere Arzt-Patienten-Interaktion. Daraus könnte man interessante Anregungen für die Medizin insgesamt übernehmen. [38]
Ein entsprechendes Fazit hätte man dem Leser auch auf der Webseite des rbb mitgeben müssen.
ADHS-Studie von Frei
Die Ergebnisse der Studie von Heiner Frei et al. aus dem Jahr 2005[55] sind keineswegs so aussagekräftig, wie sie in der Beschreibung des rbb klingen. Zudem stellt die Arbeit nur eine von mehreren Studien zum Thema dar. Übersichtsarbeiten über alle diese Studien finden in der Summe keine statistisch signifikanten Unterschiede zu Placebo.
Die Studie von Frei erfüllt den beschriebenen Standard „einer randomisierten, placebokontrollierten, doppelblinden Crossover-Studie“ nur über wenige Wochen: Die Studie beginnt mit einem längeren Screening-Zeitraum, in dem es keine Kontrollgruppe und entsprechend weder Randomisierung noch Verblindung gab. Der wesentliche Teil der in der Studie beschriebenen Besserungen stammt bereits aus dem unverblindeten Screening und damit aus einem Zeitraum, in dem die Studie die Kriterien, die an hochwertige Studien gestellt werden, nicht erfüllt. Dass die Ergebnisse aus dieser Phase so gut sind, liegt aber daran, dass nur Kinder in die sich anschließende placebokontrollierte Phase und damit in die Studie eingeschlossen wurden, bei denen sich eine Mindestverbesserung eingestellt hatte.
Kinder, die einen vorab definierten Verbesserungsgrad erreichten, nahmen anschließend an einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Crossover-Studie teil, um die Verschlechterung unter Placebo zu untersuchen.[B 22][55]
Dieser für die Einordnung der Ergebnisse wichtige Punkt bleibt bei vielen Zitaten der Studie – und so eben auch beim rbb – unerwähnt. Die Ergebnisse aus der Crossover-Phase selbst waren nicht überzeugend: die Unterschiede der Gruppen sind nur sehr knapp statistisch signifikant.[B 23] Noch problematischer ist jedoch, dass der Verlauf der Veränderungen während dieser Phase in drei von vier Ästen nicht zu der Annahme passt, Homöopathika seien gezielt wirksam.
Vor allem aber ist es höchst irreführend, hier eine Einzelstudie anzuführen. Seit Jahren gibt es zur homöopathischen Behandlung von ADHS eine Cochrane-Übersichtsarbeit. Diese gehört einer wesentlich höheren Evidenzklasse[47] an, findet aber in der Gesamtsicht aller Studien – einschließlich der Arbeit von Frei – bei ADHS keine robusten und stichhaltigen Nachweise für eine Überlegenheit von Homöopathie gegenüber Placebo.[56] Auch der große Report der australischen Gesundheitsbehörde zur Homöopathie[12] kommt zu diesem Ergebnis.
Eine solche Gesamtsicht über alle Arbeiten ist wesentlich aussagekräftiger als eine einzelne Studie mit letztlich durchwachsenen Ergebnissen.[47] Seriös hätte man entsprechend über diesen Cochrane-Review berichten müssen, nicht über eine letztlich willkürlich herausgepickte Einzelarbeit.
COPD-Studie von Frass
Die Studie zu künstlich beatmeten Patienten auf der Intensivstation von Professor Michael Frass aus dem Jahr 2005[57] wird sowohl im Sendebeitrag als auch im Dossier vorgestellt.
Von insgesamt 50 auf der Intensivstation künstlich beatmeten COPD-Patienten[B 24] erhielt ein Teil der Patienten homöopathisches Kaliumdichromat in der Potenz C30, die anderen Patienten Placebo. Die Studie berichtet, dass die Menge des bei den Patienten abgesaugten Sekrets in der Homöopathiegruppe am zweiten Tag signifikant geringer war als in der Vergleichsgruppe. Außerdem konnte der Beatmungsschlauch früher entfernt werden und die Patienten mussten weniger lang in der Intensivstation bleiben.
Da die Patienten alle mit demselben Homöopathikum behandelt wurden, kann von der Anwendung klassischer oder individualisierter Homöopathie in dieser Arbeit nicht die Rede sein. Zudem enthält die Studie nur sehr wenig wirklich konkrete Daten über die Patienten; die angegebenen Werte sind unklar oder sogar widersprüchlich.[58][59]
Beispielsweise liegt der angegebene Durchschnittswert für den Schweregrad der COPD in beiden Gruppen nur knapp über „1“, dem Wert für leichte COPD. Patienten mit leichter COPD müssen in aller Regel aber noch nicht zu Hause mit Sauerstoff beatmet werden. Genau dies war aber bei nicht wenigen der Patienten pro Gruppe der Fall, in der Placebogruppe fast doppelt so oft wie in der Homöopathiegruppe. Die in der Studie angegebenen Werte für die vor der intensivmedizinischen Behandlung bestehende Schwere der COPD erscheinen deshalb viel zu niedrig; die fast doppelt so hohe Zahl an Patienten in der Vergleichsgruppe, die Sauerstoff benötigten, lässt insgesamt an der Vergleichbarkeit der (ohnehin sehr kleinen) Gruppen zweifeln.
Für die Bestimmung der abgesaugten Sekretmenge, die man sehr exakt mit der Tagesmenge in Millilitern angeben könnte, wählen die Autoren völlig unnötig eine unscharfe Einteilung in drei Mengenklassen (Grad 1 = 1 bis 5 ml; Grad 2 = 6 bis 10 ml; Grad 3 = 11 bis 15 ml) und berücksichtigen zudem nicht, dass in der Homöopathiegruppe öfter abgesaugt wurde. Wie viel Sekret pro Patient tatsächlich abgesaugt wurde, ist deshalb nur schwer nachvollziehbar und insgesamt weit weniger klar als es möglich gewesen wäre. Inwieweit die Sekretbildung den Zeitpunkt der Entfernung des Beatmungsschlauches und die Verlegung der Patienten weg von der Intensivstation beeinflusste, oder ob hier andere Faktoren bei der Entscheidung der Ärzte maßgeblich waren, ist in der Arbeit nicht dargelegt. Damit bleibt offen, warum dieses Auswertekriterium überhaupt etwas mit dem Homöopathikum zu tun haben sollte.
Aufgrund dieser Mängel beschrieb der als Professor für chirurgische Onkologie tätige David Gorski[60] auf seinem Wissenschaftsblog die Arbeit als …
… eine sehr fragwürdige Studie, bei der unklar ist, ob Behandlungs- und Kontrollgruppe wirklich vergleichbar waren.[B 25][58]
In einem „Letter to the Editor“ an die Fachzeitschrift Chest, in der die Arbeit von Frass erschienen war, wurde die Empfehlung wirkstofffreier homöopathischer Hochpotenzen für lebensbedrohlich erkrankte Patienten auf der Intensivstation als gefährlich kritisiert:
Es ist eine Sache, die Homöopathie als harmlose Exzentrik des 19. Jahrhunderts wegen ihres Placebo-Effekts bei harmlosen, sich selbst limitierenden Erkrankungen wie Erkältungen zu tolerieren. Es ist etwas völlig anderes, sie für schwerkranke Patienten zu empfehlen. Das ist schlichtweg gefährlich.[B 26][61]
Es ist auch diese Überschätzung durch Homöopathen, ihre Kügelchen trotz der vorhandenen Evidenz, die gegen eine Überlegenheit gegenüber Placebo spricht, bei lebensbedrohlich erkrankten Patienten überhaupt ins Spiel zu bringen, die EASAC[6] und andere wissenschaftliche Kritiker an der Homöopathie so bedenklich sehen. Dass der rbb dennoch gerade eine solche Anwendung durch ihre Erwähnung sowohl im Sendebeitrag als auch im Dossier bekannt macht und damit gutheißt, zeigt, wie wenig man das Gefährdungspotential einer Überschätzung eines Placeboverfahrens bei der Zusammenstellung der Sendung und der Webseite ernst genommen hat.
Metaanalyse von Jacobs
Jennifer Jacobs veröffentlichte 2003 eine Metaanalyse, in der sie die Ergebnisse ihrer drei eigenen Studien zur homöopathischen Behandlung von Durchfall bei Kindern zusammenfasste.[62] Während die erste, eine Pilotstudie aus dem Jahr 1993[63] bei der Dauer des Durchfalls zwischen der Homöopathie- und der Placebogruppe noch keine signifikanten Unterschiede erbracht hatte, war dies in den beiden anderen Arbeiten gelungen. Diese waren mit etwas größeren Teilnehmerzahlen in Nicaragua[64] und in Nepal[65] durchgeführt worden. Der Metaanalyse ging also keine Literatursuche voraus und es wurden auch keine Arbeiten anderer Autoren eingeschlossen. Zusammengefasst sind lediglich die eigenen Ergebnisse der Autorin. Dabei ergeben sich in der Summe wegen der höheren Zahl der Kinder bessere Werte für die Signifikanz.
Klaus Linde stuft in seinem Systematischen Review 1997 die Nicaragua-Studie aus dem Jahr 1994 als hochwertig ein,[40] während andere Autoren deutliche Qualitätsmängel erkennen. In einem Leserbrief an das Journal Pediatrics, in dem auch die Arbeit von Jacobs[64] erschienen war, kritisieren Wallace Sampson und William London verschiedene Aspekte der Studie und legen Argumente vor, aufgrund derer sie die Schlussfolgerung der Studie, dass die Homöopathie bei Durchfallerkrankungen im Kindesalter wirksam sei, für nicht gerechtfertigt einstufen. Zusammenfassend schreiben sie:[66]
Der Artikel gibt vor, einen statistisch signifikanten Unterschied zu zeigen, den die Behandlungsgruppe gegenüber den Kontrollen hat. Der Bericht weist folgende Fehler auf: 1) Zweck, 2) Methode, 3) Diagnose und Behandlungsauswahl, 4) Interpretation der Ergebnisse und 5) redaktionelle Kommentare der Autoren. Der berichtete Unterschied zwischen der Behandlungs- und der Kontrollgruppe ist von zweifelhafter Signifikanz.[B 27][66]
Tatsächlich räumen auch Jacobs et al. in der Metaanalyse ein, dass die in den Einzelstudien erfolgte Randomisierung keine gleichwertigen Patientengruppen geschaffen hatte: es gab signifikante oder nahezu statistisch signifikante Unterschiede im Alter, Gewicht und der Größe der Kinder.[62] Die Kinder der Homöopathiegruppe waren in der Nicaragua-Studie[64] im Durchschnitt älter. Zudem waren mehr Kinder zuvor konventionell behandelt worden. Auch in der Nepal-Studie[65] zeigen die Eingangsdaten, dass die Randomisierung erneut keine gleichwertigen Gruppen geschaffen hat, denn auch in dieser Studie waren die Kinder der Homöopathiegruppe im Schnitt älter.[67] In den Arbeiten wird nicht diskutiert, inwiefern diese Unterschiede das Ergebnis beeinflusst haben. Die Effekte sind in beiden Studien ohnehin nicht sehr groß: Die Gruppen liegen nur wenige Stunden auseinander. Der Begriff „signifikantes Ergebnis“ bezieht sich allein auf die Unwahrscheinlichkeit, ob das Ergebnis zufällig zustande kam, nicht aber auf die Frage, ob der Unterschied zwischen den Gruppen wirklich für die Patienten eine deutliche Verbesserung darstellt. Zudem wirft die Ungleichheit der Gruppen in Bezug auf die Eigenschaften der Kinder auch die Frage auf, inwieweit noch davon ausgegangen werden kann, dass die Gruppen bezüglich der Schwere der Erkrankungen gleich waren. Völlig unangesprochen bleibt in den Studien ohnehin die Frage, ob man den Kindern mit anderen Methoden nicht noch besser hätte helfen können.
In ihrem Systematischen Review von 2007 weisen Umut Altunç et al.[68] zudem darauf hin, dass die Ergebnisse insgesamt durchwachsen waren und alle vorhandenen klinischen Studien, die sich mit Durchfallerkrankungen bei Kindern beschäftigen, von denselben Autoren stammen und somit auch Jahre später eine unabhängige Replikation aussteht. Insgesamt kommen sie zu der Einschätzung, dass die Evidenz aus den klinischen Studien nicht überzeugend genug ist, um eine Empfehlung für die Homöopathie auszusprechen.
Fazit
Im Gegensatz zu den privaten Fernsehsendern hat das öffentlich-rechtliche Fernsehen einen Bildungsauftrag und sieht in der Folge auch darin seinen besten Rechtfertigungsgrund:
Der Mehrwert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks liegt insbesondere darin, auch Angebote zur Verfügung zu stellen, die der private Rundfunk aufgrund seiner kommerziellen Ausrichtung weder in gleicher Quantität noch Qualität anbieten kann. Insbesondere starke Informationsangebote sind die Markenzeichen der ARD und bieten den Menschen verlässliche und vertrauenswürdige Orientierungspunkte in einer zunehmend unübersichtlich werdenden Medienwelt.[69]
Diesem Anspruch (und seinem eigenen Titel: „Die Wahrheit über …“) wird das Dossier des rbb zur Homöopathie in keiner Weise gerecht. Der hohe Grad der Übereinstimmung der Ergebnisse der Systematischen Reviews untereinander sowie mit der naturwissenschaftlichen Unplausibilität und der darauf aufbauende internationale wissenschaftliche Konsens zur Homöopathie bleiben unerwähnt. Weder erfährt der Leser von der Existenz der Stellungnahme der Dachorganisation Europäischer Wissenschaftsakademien (EASAC) zur Homöopathie,[6] noch von ihrem Inhalt, noch von der Einschätzung verschiedener wissenschaftlicher Gremien, auf die er sich stützt. Statt wirklich einen Überblick über die Evidenz zu geben, die der einhelligen Einschätzung von Wissenschaftlern vieler Nationen zugrunde liegt, betreibt man Rosinenpickerei, stellt die wissenschaftliche Methodik umfangreich falsch dar und wiederholt unkritisch Verschwörungsbehauptungen homöopathischer Lobbygruppen.
Zu empfehlen ist eine durchgehende Überarbeitung des gesamten „Dossiers“ mit dem Ziel einer Anpassung an die vorliegende Gesamtevidenz und die darauf beruhende wissenschaftliche Einschätzung der Homöopathie.
Update: Die Änderungen nach der Überarbeitung im Herbst 2020
Nachdem Teile der oben beschriebenen Texte für einige Wochen nicht einzusehen waren, ging kurz vor Ende des Jahres 2020 eine aktualisierte Version der Homöopathie-Informationen auf der Webseite des rbb online. Die oben beschriebenen Aussagen blieben von dieser Änderung weitgehend unberührt. Die augenfälligsten Unterschiede zur oben dargestellten Version sind eine Ergänzung um das Unterthema Skeptiker lehnen Homöopathie ab,[70] zwei neue Links im Unterthema Streit um Studien[5] sowie die Nennung von zwei weiteren Beispielstudien.[71][54][72][45] Im folgenden Abschnitt sollen auch diese neuen Textabschnitte einem Faktencheck unterzogen werden.
Metaanalyse von Shang von 2005
Das neue Unterkapitel zur Metaanalyse von Shang und Egger von 2005[72][45] bringt gegenüber der bisherigen Darstellung im Abschnitt Streit um Studien nichts wirklich Neues. Die Arbeit wird kurz beschrieben und man weist darauf hin, dass sich das Ausbleiben von Effekten von Homöopathika über Placebo hinaus erst bei der Beschränkung auf die acht größten und qualitativ am hochwertigsten eingestuften Einzelstudien ergab. Der Tenor des Textes deutet jedoch eine unterstellte Willkürlichkeit bei der Wahl der Studien an:
Je nachdem welche angewendet wird, kann sich das Resultat erheblich verändern.[72]
Nun ist es eine triviale Aussage, dass sich das Ergebnis von Metaanalysen verändern kann, wenn man andere Untergruppen auswertet. Gerade deshalb weist aber Professor Ulrich Berger in seinem Blogartikel[48] zu derartigen Vorwürfen gegen die Arbeit von Shang et al. darauf hin, dass man gerade bei nachträglichen Betrachtungen Vorsicht walten lassen sollte: Probiert man – wie viele Kritiker der Metaanalyse – mehrere Untergruppen durch, dann entsteht genau durch dieses nachträgliche Auswerten die Gefahr, durch multiples Testen falsch positive Befunde zu erhalten oder infolge von (bewusster oder unbewusster) Voreingenommenheit selektiv zu analysieren.[48] Die Beschränkung auf große und qualitativ hochwertige Einzelstudien ist dagegen wissenschaftlich sinnvoll, der small study bias birgt in bekannter Weise das Risiko einer Überschätzung der Ergebnisse. Tatsächlich ist das Ergebnis der Metaanalyse von Shang und Egger aber gar nicht so anfällig für Veränderungen der Studienwahl, wie es von Seiten der Homöopathen gerne dargestellt wird. Genaue Betrachtungen zeigen: man kann …
… zu den acht großen Studien bis zu fünf kleinere mit einschließen, bevor der small study bias zuschlägt und das OR signifikant wird. (…) Verwendet man eine alternative statistische Methode (Metaregression), so verschwindet jegliche Signifikanz in den 21 hochqualitativen Studien.[48]
Eine ausführliche Darstellung hierzu findet sich weiter oben im Abschnitt „Eine Studie von 2005 kam zu dem Schluss, dass es keine Evidenz für die Homöopathie gibt. Dieser Studie allerdings wird vorgeworfen, sie habe von 110 betrachteten Studien tatsächlich nur acht berücksichtigt“ im Kapitel Streit um Studien.
Studie von Sarah Brien zu rheumatoider Arthritis
Die neu eingefügte Unterseite[71] mit der Beschreibung der Studie von Sarah Brien et al. zu rheumatoider Arthritis[54] ist deswegen interessant, weil es die Verantwortlichen beim rbb vorgezogen haben, das Ergebnis der Studie nicht zu nennen. Der Leser erfährt lediglich, dass die Studie durchgeführt wurde und wie man vorging. Dadurch entsteht die Gefahr, dass der Leser, der nur den englischen Titel der Studie sieht („Homeopathy has clinical benefits in rheumatoid arthritis patients that are attributable to the consultation process but not the homeopathic remedy: a randomized controlled clinical trial“), aus dem ersten Teil des Titels „Die Homöopathie zeigt bei Patienten mit rheumatoider Arthritis klinische Effekte…“ irrtümlich schließen könnte, dass die Studie Argumente für den Einsatz der Homöopathie liefert.
Tatsächlich ist das Ergebnis der Studie ein Desaster für die Homöopathie, weil sie – im Einklang mit der Gesamtstudienlage – den Placebocharakter der „Arzneien“ aufzeigt und herausarbeitet, dass der Nutzen der Patienten allein aus den einfühlsamen Patientengesprächen stammt: Ein Teil der Patienten erhielt normale medizinische Beratung, ein Teil der Patienten die ausführlicheren homöopathischen Anamnesegespräche. Die Patienten mit normaler Beratung erhielten randomisiert entweder ein homöopathisches Komplexmittel oder ein Placebo. Die Patienten mit homöopathischen Anamnesegesprächen erhielten entweder Komplexmittel, individuell ausgesuchtes Homöopathikum oder Placebo. An diesem Punkt bricht die Beschreibung auf der Webseite des rbb ab.
Als „primäre Endpunkte“[B 28] hatte man eine Mindestverbesserung von 20 % im für rheumatoide Arthritis üblichen „Standardscore ACR“[73] und eine Verbesserung der allgemeinen Selbsteinschätzung der Patienten festgelegt. In Bezug auf diese Hauptauswertekriterien zeigten sich keine statistischen Unterschiede zwischen allen fünf Patientengruppen. Daneben wertete man aber als „sekundäre Endpunkte“ verschiedene Schmerz- und Gelenksparameter aus, die für die Lebensqualität der Patienten relevant sind. Unter anderem waren dies zum Beispiel das Schmerzempfinden und die Zahl der geschwollenen Gelenke. Hierbei zeigten sich zwar innerhalb der beiden Beratungsgruppen nach wie vor keinerlei Unterschiede – es spielte also keine Rolle, ob die Patienten Placebo, Komplexmittel oder individuell ausgesuchte Homöopathika erhalten hatten – aber die Studie fand signifikante Vorteile für Patienten, mit denen ausführliche homöopathische Beratungsgespräche geführt worden waren im Vergleich zu jenen, die nur medizinisch beraten worden waren. Die Autoren der Studie schreiben:
Es gab scheinbar keinen spezifischen Nutzen durch die homöopathischen Mittel selbst. (…) Die Ergebnisse bestätigen frühere Arbeiten, die zeigen, dass der therapeutische Nutzen aus Prozessen innerhalb der homöopathischen Konsultation – Gesprächsführung, Empathie, Hoffnung, Ermutigung und narrative Kompetenz – entsteht.[B 29][71]
Das Ergebnis der Arbeit zeigt also sowohl den Placebocharakter der Arzneien als auch die Bedeutung der psychologischen Effekte der ausführlichen Beratungsgespräche für die Patienten. Auf diesen Aspekt weisen verschiedene Forscher seit Jahren hin[38][27][74] und plädieren dafür, innerhalb der evidenzbasierten Medizin die Beratungsgespräche aufzuwerten und die Ausbildung von Ärzten in psychologischer Gesprächsführung zu erweitern. Ein Argument für die Homöopathie, die sich selbst ja als Arzneimittellehre verstehen will, ergibt sich daraus jedoch nicht. Im Gegenteil warnen verschiedene Autoren davor, die wichtige Rolle der Empathie nicht an pseudowissenschaftliche Verfahren „auszulagern“, weil dies mit der Verbreitung von antiwissenschaftlichem Gedankengut einhergeht.[15][75]
Hiervon erfährt der Leser der Webseite des rbb jedoch nichts, weil das Ergebnis der Arbeit nicht einmal genannt und erst recht nicht erklärt wird. Die Nennung der Studie ist in der aktuellen Form deshalb wertlos für alle Leser, die nicht dem Link weg von der Webseite des rbb hin zur Originalstudie folgen und diese lesen. Die englische wissenschaftliche Fachsprache der Publikation dürfte dies aber für viele Leser schwierig machen.
Die Darstellung der Skeptiker durch den rbb – eine kurze Stellungnahme
Das neue Unterthema Skeptiker lehnen Homöopathie ab[70] lässt es durch das Fehlen von Angaben aus der wissenschaftlichen Originalliteratur so aussehen, als ginge die Kritik an der Homöopathie ursächlich von skeptischen Vereinigigungen wie der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e. V. (GWUP) aus. Das ist faktisch falsch, weil sowohl die GWUP[76] als auch das Informationsnetzwerk Homöopathie (INH) in Bezug auf die Homöopathie lediglich wissenschaftliche Ergebnisse kommunizieren. Der Physiker und Buchautor Florian Aigner, Mitglied im österreichischen Zweig der GWUP, der Gesellschaft für kritisches Denken (GkD), beschreibt das Selbstverständnis der GWUP folgendermaßen:
Wir sind wissenschaftsinteressierte Leute, die sich gegen Verschwörungstheorien, gegen esoterische Geschäftemacherei und für rationales Denken einsetzen. Wir versuchen, durch sachliche Information irrationale Ängste zu nehmen, Wissenschaft möglichst allgemeinverständlich zu erklären und dadurch faktenbasierte Diskussionen zu ermöglichen.[77]
Die Unrichtigkeit der Behauptung, die Kritik gehe allein von „den Skeptikern“ aus, untergräbt der rbb im zur Webseite gehörenden Sendebeitrag selbst eindrucksvoll mit der Vorstellung des Nürnberger Kochsalzversuches von 1835. Dieser ist ein bekanntes Beispiel für die Kritik an der Homöopathie bereits zu Hahnemanns Lebzeiten – und fand weit über 100 Jahre vor Gründung der ersten Skeptikervereine statt. Ausführlich findet sich dies im Kapitel „Kritiker der Homöopathie“ im Hauptartikel über den Sendebeitrag des rbb erläutert. Näheres siehe dort.
Zudem wirft der rbb „den Skeptikern“ vor, unter ihnen befänden sich „fanatische Hardliner, die Andersdenkende scharf angreifen und im Netz diffamieren“. Als Beleg wird dafür das Schwarzbuch Wikipedia[78] genannt, ohne dass der rbb näher erläutert, welche Aussagen denn nun diesem Buch entnommen wurden. Ganz unabhängig von der berechtigten Frage, ob der rbb mit dem Schwarzbuch Wikipedia eine zuverlässige Quelle heranzieht, kann eine derart vage Andeutung – man finde schon irgendwelche „Hinweise“ in diesem über 350 Seiten starken Buch – nicht als seriöse Quellenangabe gewertet werden: Der Leser hat kaum eine Chance herauszufinden, welche Stelle bzw. welche konkrete Anschuldigung der rbb meinte. Im Gegensatz dazu erfährt der Leser der rbb-Webseite nichts davon, dass die Webseite des INH beispielsweise schon 2017 vom Deutschen Krebsinformationsdienst als Informationsquelle zum Thema Homöopathie empfohlen wurde.[79]
Vor allem aber erklärt der rbb nicht, welche Relevanz die Inhalte eines Buches über die Wikipedia oder die behauptete Existenz von „Hardlinern“ unter den Kritikern denn nun für die wissenschaftliche Faktenlage zur Homöopathie haben sollen. Denn selbst dann, wenn der rbb mit der Anschuldigung richtig läge, dass es sich bei manchen Kritikern um „Hardliner“ handelt, so würde das an der wissenschaftlichen Gesamtevidenz für den Placebocharakter der Homöopathika nichts ändern. Das Argumentum ad hominem, der Angriff auf den Überbringer einer Nachricht, ist und bleibt ein logischer Fehlschluss. Gundermann und Sistrom schrieben hierzu in ihrer Liste der logischen Fehlschlüsse:
Wir sollten weder den Nachrichtenüberbringer erschießen, weil wir die Nachricht nicht mögen, noch die Nachricht ignorieren, weil wir den Überbringer nicht mögen. Egal, wie sehr wir die Person, die ein Argument vorbringt, ablehnen, wir haben die Verantwortung, das Argument selbst nach seinen eigenen Vorzügen zu bewerten.[B 30][80]
Der Leser des Textes Skeptiker lehnen Homöopathie ab erfährt nichts über die Stimmigkeit der wissenschaftliche Gesamtevidenz[6][10][11][12][13][14] zur Homöopathie und bekommt somit gar nicht die Möglichkeit einer faktengerechten Einordnung. Die „Ablehnung“ der Homöopathie durch „die Skeptiker“ erscheint so als eine reine Meinungsfrage. Dieser Eindruck ist aber eine durch die vom rbb nicht sauber dargestellte wissenschaftliche Gesamtevidenz eine „false balance“ – eine ungerechtfertigt behauptete Gleichwertigkeit von Fakt und Meinung.[81]
In ähnlicher Weise erzeugt der rbb auch auf der Unterseite zum „Streit um Studien“[5] das Bild, die Wirksamkeit der Homöopathie sei eben eine reine Meinungsfrage. Dort wurde nun ergänzend zum vorherigen Text ein Link zur Webseite des INH angefügt, dem ein Link zum Blog dreier homöopathischer Ärzte gegenübergestellt wird. In eigener Sache möchte das INH darauf hinweisen, dass das Informationsnetzwerk Homöopathie in keiner Weise auf diese Verlinkung gedrängt hat. Ganz im Gegenteil wurde in einem Schreiben an die Redaktion des rbb vom 9. Dezember 2020 darauf hingewiesen, dass die Webseiten des INH Sekundärquellen darstellen. Zudem hat das INH auf die eben beschriebenen Fehlschlüsse hingewiesen und dem rbb empfohlen, die Inhalte der Webseite der wissenschaftlichen Evidenz besser anzupassen und statt den INH-Webseiten die wissenschaftliche Originalliteratur zu verlinken:
In diesem Zusammenhang sehen wir Ihr Angebot, auf Ihrer Webseite auch die Homöopedia zu verlinken, höchst kritisch. Natürlich können wir niemandem verbieten, unseren öffentlichen Webauftritt zu zitieren, doch halten wir dies für Ihre Webseite weder für notwendig noch für zielführend. Das Informationsnetzwerk Homöopathie (INH) ist eine von Privatleuten ins Leben gerufene Initiative mit dem Ziel, wissenschafts- und quellenbasierte Aufklärung zu den Hintergründen und dem wissenschaftlich-medizinischen Stellenwert der Homöopathie zu leisten. Wir kommunizieren lediglich die wissenschaftlich fehlende Evidenz. Die Homöopedia ist deshalb eine Sekundärquelle.
Es ist auch insofern eine weitere verzerrende Information, wenn Sie nun auf der Webseite den Sachverhalt so darstellen, als seien „die Skeptiker“ als solche die „Front“ gegen die Homöopathie und insofern deren „Gegner“, deren Glaubwürdigkeit auch noch hinterfragt werden müsse. Dies geht grundsätzlich fehl. Was der Homöopathie als evidenzfreier Methode, die gleichwohl medizinische Relevanz einfordert, widerstreitet, ist der weltweite wissenschaftliche Konsens – die Kritiker (nennen wir sie „Skeptiker“) stellen sich lediglich der Aufgabe, diese Tatsache angesichts massiv verbreiteter Fehlinformationen auf sachlicher Basis zu kommunizieren. Wir bedauern, dass Ihnen für diese Zusammenhänge offenbar bislang der Blick fehlte und Sie dem geradezu klassischen Irrtum verfallen, den Boten mit der Nachricht zu verwechseln. „Skeptiker lehnen die Homöopathie ab“ – welche Relevanz soll eine solche Aussage im Kontext der „Wahrheit über Homöopathie“ haben?
Wir würden Ihnen deshalb für eine Überarbeitung der Webseite vielmehr das Verlinken wissenschaftlicher Primärquellen anraten, wie beispielsweise der inhaltlich bislang völlig unberücksichtigten, durchaus allgemeinverständlichen Stellungnahme des European Academies Scientific Advisory Council EASAC (European Academies Scientific Advisory Council, 2017)[6] – der Europäischen Dachorganisation von 28 nationalen Wissenschaftsakademien – oder anderer wissenschaftlicher Übersichtsarbeiten zum Thema ((NHS), 2010)[11] (Antonelli M., 2018)[19] (Reisman, 2019)[18].
Dieser Empfehlung ist der rbb jedoch nicht nachgekommen.
Quellen- und Literaturangaben |
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Anmerkungen und Originalzitate |
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