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Branchenverbände (Schweiz)
Der Artikel gibt einen Überblick über die Pharmaindustrie und den Inlandsmarkt für pharmazeutische Produkte in der Schweiz und widmet separate Kapitel den Branchenverbänden. Anders als in Österreich und in Deutschland sind die Hersteller homöopathischer bzw. allgemein „komplementärmedizinischer“ Präparate nicht in den großen Pharmaverbänden organisiert, sondern bilden mit dem SVKH einen eigenen Verband, der wiederum Mitglied in einem ebenfalls separaten Dachverband Dakomed ist.
Weitere Artikel behandeln die Branchenverbände der Pharmaindustrie in Österreich und in Deutschland.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Die Pharmaindustrie in der Schweiz
- 2 Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz (interpharma)
- 3 Vereinigung Pharmafirmen der Schweiz (vips)
- 4 Science Industries Switzerland (SIS)
- 5 Schweizerischer Verband für komplementärmedizinische Heilmittel (SVKH)
- 6 Association Suisse des Spécialités Pharmaceutiques Grand Public (ASSGP)
Die Pharmaindustrie in der Schweiz
Die Pharmaindustrie ist mit 45 % Anteil am Warenexport[1] und 29 % am Gesamtexport[2] die größte Exportbranche der Schweiz, gleichzeitig der bedeutendste Exportwachstumstreiber der schweizerischen Wirtschaft und nahezu allein verantwortlich für deren Exportüberschuss. Von den knapp 4 Mio. Beschäftigten in der Schweiz arbeiten indes mit rund 40.000 Menschen nur etwa 1 % im Bereich der chemisch-pharmazeutischen Industrie.[1] Der schweizerische Branchenverband interpharma zählt 47.000 Beschäftigte (2017) und nennt die Branche die produktivste Industrie der Schweiz noch vor dem Finanzsektor.[3] Rund ein Drittel der Forschungsausgaben wird von den Pharmafirmen getätigt.[1] Die Zahlen variieren je nach Quelle etwas. [4]
Nach Recherchen der US-amerikanischen Fachzeitschrift Pharmaceutical Executive waren mit Novartis und Roche mit Umsätzen von jeweils rund 44 Mrd. USD 2018 zwei der drei größten Pharmakonzerne der Welt in der Schweiz beheimatet. Zum Vergleich: Die deutschen Branchengrößen Bayer und Boehringer Ingelheim belegten mit 18 bzw. 15 Mrd. USD die Plätze 14 und 19.[5] Die Platzierungen wechseln von Jahr zu Jahr. Interpharma nennt abweichende, aber nicht grundsätzlich verschiedene Zahlen und gibt für 2018 einen Weltmarktanteil seiner Mitgliedsfirmen von 8,9 % an.[2]
Gemessen an der Bevölkerungszahl ist der Inlandsmarkt in der Schweiz relativ groß. Nach Angaben der OECD lagen die Pro-Kopf-Ausgaben für Medikamente im Jahr 2016 bei 1.009 USD (inklusive der Medikamentengaben in Kliniken), übertroffen nur von den USA mit 1.208 USD (ohne klinische Medikation). Die „Pharmaquote“, also der Anteil der Medikamente an den Gesundheitskosten, war in der Schweiz im internationalen Vergleich hingegen nicht auffällig.[6]
Interpharma gibt den Inlandsmarkt für 2018 mit knapp 6 Mrd. Schweizer Franken zu Fabrikabgabepreisen an,[7] davon 84,4 % „kassenpflichtig“ (erstattungsfähig).[B 1] Der Marktanteil rezeptfreier Medikamente auf der Basis von Herstellerabgabepreisen betrug 2018 12,8 %, in absoluten Zahlen 762 Mio. Franken.[7] Der Anteil von Homöopathika darin war nicht zu ermitteln.
In der schweizerischen Zeitung Blick beziffert der SVKH die Ausgaben der Schweizer, also zu Verkaufspreisen, für Komplementär- und Phytoarzneimittel auf 300 Millionen Franken, darin 60 Millionen für Homöopathika, beides aufgrund des Veröffentlichungsdatums anzunehmenderweise für 2017.[8]
Eine Besonderheit des Schweizer Rechts ist die behördliche Regulierung der Preise für erstattungsfähige Medikamente.
Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz (interpharma)
Der Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz in Basel hat 23 in- und ausländische Mitgliedsfirmen (Stand Januar 2020), darunter überwiegend namhafte Branchenschwergewichte wie Roche, Novartis und Pfizer.[9]
Unter den Mitgliedern sind keine Homöopathika-Hersteller.[9] Auf der Webseite von interpharma ergaben die Suchbegriffe „Homöopathie“ und „Anthroposophie“ nur jeweils einen Treffer im Zusammenhang mit deren Erstattungsfähigkeit durch die schweizerische Obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP).[10] Auch in der ausführlichen Marktstatistik für 2019 kommen sie nicht vor.[11]
Interpharma kooperiert mit europäischen und ausländischen Verbänden, darunter BPI und VFA in Deutschland, PHARMIG in Österreich und der European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (efpia) in Brüssel.[12]
Vereinigung Pharmafirmen der Schweiz (vips)
Die Vereinigung Pharmafirmen der Schweiz (vips) (Eigenschreibung in Kleinbuchstaben), ansässig in Zug, hat (Stand Januar 2020) 66 in- und ausländische Mitgliedsunternehmen „aus den Bereichen Forschung und Entwicklung, Produktion, Vertrieb und Export“.[13] Darunter sind, soweit erkennbar, keine Hersteller von Homöopathika. Auf der Webseite der vips ergeben die Suchbegriffe „Homöopathie“ und „Anthroposophie“ (Stand Januar 2020) keine Treffer.[14]
Science Industries Switzerland (SIS)
Der Verband Science Industries Switzerland – Wirtschaftsverband Chemie, Pharma, Life Sciences (SIS) hat 138 Mitgliedsfirmen dieser drei Branchen, sowohl inländische als auch schweizerische Niederlassungen ausländischer Firmen.[15] Darunter sind, soweit erkennbar, keine Hersteller von Homöopathika. Auf der Webseite der Science Industries Switzerland ergibt der Suchbegriff „Homöopathie“ (Stand Januar 2020) 21 Fundstellen, in denen es z. B. um Patienteninformationen, geänderte Gesetzes- und Verordnungstexte oder die Erstattbarkeit homöopathischer Arzneien durch die schweizerische Krankenversicherung geht, nicht jedoch in Pressemitteilungen oder ähnlichen Äußerungen, die auf eine Lobbytätigkeit zugunsten der Homöopathie schließen lassen.[16]
Schweizerischer Verband für komplementärmedizinische Heilmittel (SVKH)
Der Schweizerische Verband für komplementärmedizinische Heilmittel (SVKH)[B 2] mit Sitz in Bern vertritt „die fachlichen, politischen und wirtschaftlichen Standesinteressen der Hersteller und Vertriebsfirmen von komplementärmedizinischen und pflanzlichen Produkten in der Schweiz“.[17]
Der SVKH hat 30 Mitgliedsunternehmen (Stand Januar 2020),[18] darunter mit u. a. Boiron, Schwabe, Wala und Weleda auch schweizerische Niederlassungen ausländischer Firmen.
Der SVKH betreibt keine eigene Geschäftsstelle, sondern hat damit ab 2004 die professionelle Lobbyagentur Köhler, Stüdeli und Partner GmbH – Politikberatung, Verbandsmanagement, Kampagnen beauftragt,[19] die auch den Dakomed vertritt. Die Agentur fokussiert sich auf Lobbyarbeit und Kampagnenmanagement.[20] Organisatorische Gliederungen oder Vollzeitpersonal für die fachliche Verbandsarbeit oder statistische Veröffentlichungen wurden nicht gefunden.[21] Stark engagiert hingegen ist der SVKH in Vernehmlassungen, einer Phase im schweizerischen Gesetzgebungsverfahren [22] und der entsprechenden Öffentlichkeitsarbeit.[23][24]
Dakomed
Der SVKH ist Gründungsmitglied des Dachverbands Komplementärmedizin (Dakomed), der auf seiner Website 13 Mitgliedsverbände aus einem breiten „komplementärmedizinischen“ Spektrum und 48 Wirtschaftsunternehmen als „Gönner“ auflistet (Stand Januar 2020).[25] Der Verband wurde 2009 im Kontext der damaligen Volksabstimmung „Zukunft der Komplementärmedizin“ gegründet und verfolgt den Hauptzweck,[26] die Umsetzung ihrer Ergebnisse in konkrete Gesetzgebung zu unterstützen ( ⇒ siehe Hauptartikel Gesetzeslage (Schweiz) ).
Die Präsidentin des Dakomed ist Edith Graf-Litscher, eine amtierende Nationalrätin (Parlamentsabgeordnete).[27][28] Für die Schweizer Parlamentswahlen 2019 hatte der Verband explizite Wahlempfehlungen für Politiker aller Parteien ausgesprochen, die sich „für die Anliegen der Komplementärmedizin im eidgenössischen Parlament einsetzen wollen“, darunter auch für die Verbandspräsidentin selbst.[29]
Association Suisse des Spécialités Pharmaceutiques Grand Public (ASSGP)
Die ASSGP (deutsch: Schweizerischer Fachverband für Selbstmedikation) mit Sitz in Bern vertritt die Interessen von 54 ordentlichen, fünf assoziierten und 40 Fördermitgliedern. Der Anteil der Mitgliedsfirmen am schweizerischen Selbstmedikationsmarkt beträgt nach Verbandsangaben rund 81 %.[30] An anderer Stelle auf der Website des Verbands werden 53 ordentliche Mitglieder gelistet,[31] darunter einige Hersteller homöopathischer Präparate wie Boiron, Similasan, Wala und Weleda, ferner sechs assoziierte [32] und 36 „fördernde“ Mitglieder.[33] Die Angaben sind jeweils nicht datiert.
Neben den ehrenamtlichen Funktionsträgern nennt der Verband nur einen hauptamtlichen Mitarbeiter in Person des Geschäftsführers.[34] Auf Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit (z. B. in Form von Pressemitteilungen oder Positionspapieren) geht die Verbandswebsite nicht weiter ein. Unter „Arbeitsgruppen“ finden sich zwei „interverbandliche“ Arbeitsgruppen mit jeweils nur einem (dazu ehrenamtlichen) Mitglied aus den Reihen der ASSGP. [35] Weitere Aktivitäten im Rahmen einer Industrieverbandsarbeit sind der Website nicht zu entnehmen.
Die Suche nach den Wortstämmen „homöo“ und „anthro“ auf der Verbandswebsite erbrachte keine Treffer. Auch anderweitig war kein spezifisches Engagement des Verbands zugunsten der Homöopathie-Hersteller unter seinen Mitgliedern feststellbar.
Die ASSGP ist Mitglied der Fachverbände Association Européenne des Spécialités Pharmaceutiques Grand Public (AESGP) auf europäischer Ebene und dem Weltverband World Self-Medication Industry (WSMI).[36]
Quellen- und Literaturangaben |
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Anmerkungen und Originalzitate |
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