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Bach-Blütentherapie

Tausendgüldenkraut (Centaurium quadrifolium)
Bildquelle:Nanosanchez - Eigenes Werk, Gemeinfrei (Link)

Bei der Bach-Blütentherapie handelt es sich um eine Behandlungsmethode aus dem „alternativmedizinischen“ Spektrum, die vom britischen Arzt Dr. Edward Bach (1886–1936) während und nach seiner Tätigkeit am London Homoeopathic Hospital erfunden wurde. Er griff dabei einige Konzepte der Homöopathie auf, verwarf jedoch andere und entwickelte die Methode soweit von dieser weg, dass sie nicht als homöopathische Methode angesehen wird.[B 1]

Grundlagen

Bach erfand seine Blütentherapie Mitte der 1930er Jahre aus der Annahme heraus, dass der Mensch ähnlich wie bei der Anthroposophie über einen sterblichen Körper und eine unsterbliche Seele verfüge, die in Beziehung zueinander stünden. Weiter ging Bach davon aus, dass jeder Mensch ein Teil eines großen kosmischen Energiefeldes sei und er als Teil dieses Feldes gewisse spirituelle Aufgaben lösen müsse. Falls es die Seele nicht schaffe, diese Aufgaben am Körper zu erfüllen, erzeuge dies „disharmonische Seelenzustände der menschlichen Natur“ und daraus sollen die Krankheiten resultieren. Bach glaubte nun, dass die körperliche Heilung durch die Re-Harmonisierung der gestörten Schwingungen zu erfolgen habe. Dies zeigt deutlich, dass die Bach-Blütentherapie ein esoterisches Konstrukt ist, welches keinerlei medizinische Wirkung beinhaltet.

Bachs Grundsatz lautet, dass jedes körperliche Problem auf eine Störung des seelischen Gleichgewichtes zurückgeht. Grund dieser Störung sei ein Konflikt zwischen der unsterblichen Seele und dem sterblichen Körper des Menschen. Eine Heilung könne nur durch eine Harmonisierung dieser beiden Parteien herbeigeführt werden.[1]

Zuerst waren es 19 „disharmonische Seelenzustände der menschlichen Natur“, die er im Laufe der Zeit auf 38 erhöhte. Jedem dieser Seelenzustände ordnete Bach eine Pflanzenessenz zu (genau: 37 Blütenessenzen und eine Essenz aus Fels-Quellwasser), die durch ihre „speziellen Schwingungen“ die „Eigenschwingung des Patienten“ mit dem „kosmischen Energiefeld wieder harmonisieren“ und so die Krankheit heilen sollen.[2]

Die Pflanzenauswahl zu den seelischen Negativzuständen geschah rein intuitiv, wobei Bach davon ausging, dass ihn eine göttliche Eingebung bei der Auswahl leitete. Hauptkriterium zur Auswahl war aber, dass die Pflanzen dem jeweiligen „positiven archetypischen Seelenkonzept“ im Sinne Carl Gustav Jungs entsprechen.[3][4][5]

Sein hoch entwickelter Tastsinn befähigte ihn, die Vibrationen und die Kraft zu spüren, die von jeder Pflanze abgestrahlt wird, die er zu testen wünschte. Und sein Körper reagierte auf diese Schwingungen so empfindlich, dass Bach auf die Wirkungen der betreffenden Pflanze augenblicklich reagierte. Er brauchte nur ein Blütenblatt oder eine Blüte selbst in die Hand zu nehmen oder sie auf seine Zunge zu legen, und schon verspürte er in seinem Körper die spezifischen Reaktionen auf die Wirkkraft der jeweiligen Pflanze. Manche übten auf seinen Geist und Körper einen stärkenden und belebenden Einfluss aus; andere verursachten Schmerzen und Brechreiz, Fieber, Ausschläge und Ähnliches mehr.[4]

Für jede Pflanzenessenz erfand Bach auch einen Sinnspruch, der deren Wirkung verstärken soll.

Da die Original-Blütenessenzen von der Firma Nelsons aus Großbritannien importiert werden, tragen sie englische Namen, was auch die anderen Anbieter übernahmen. Am bekanntesten dürfte wohl eine Kombination aus fünf Essenzen sein, die unter dem Begriff „Rescue-Tropfen“ vertrieben wird.[2][3][5]

Heute werden auch Blütenmischungen angeboten, die außerhalb des Lehrkanons von Edward Bach stehen. Die 38 Original-Essenzen sind: [2][6]


Nummer Englischer Name Deutscher Name Anwendung laut Bach Herstellungsverfahren Sinnspruch laut Bach
1 Agrimony Gemeiner Odermennig Beeinflussbarkeit von außen Sonnenmethode Ich lächle von innen her.
2 Aspen Espe/Zitterpappel Ängstlichkeit Kochmethode Ich bin in mir gefestigt.
3 Beech Rotbuche Übermäßige Besorgtheit um andere Kochmethode Ich bin tolerant und verständnisvoll.
4 Centaury Tausendgüldenkraut Beeinflussbarkeit von außen Sonnenmethode Ich bin von Bedeutung.
5 Cerato Bleiwurz Unsicherheit Sonnenmethode Ich bin entscheidungsfreudig.
6 Cherry Plum Kirschpflaume Ängstlichkeit Kochmethode Ich gewinne Distanz und lasse los.
7 Chestnut Bud Rosskastanienknospe Ungenügendes Interesse an der Gegenwart Kochmethode Ich sammle Kraft für den nächsten Schritt.
8 Chicory Wegwarte Übermäßige Besorgtheit um andere Sonnenmethode Geben und Empfangen sind in Balance.
9 Clematis Gewöhnliche Waldrebe Ungenügendes Interesse an der Gegenwart Sonnenmethode Ich stelle mich der Realität.
10 Crab Apple Holzapfel Mutlosigkeit und Verzagtheit Kochmethode Ich kläre und ordne im Innen und Außen.
11 Elm Englische Ulme Mutlosigkeit und Verzagtheit Kochmethode Ich bin meinen Aufgaben gewachsen.
12 Gentian Herbstenzian Unsicherheit Sonnenmethode Ich halte vertrauensvoll durch.
13 Gorse Stechginster Unsicherheit Sonnenmethode Ich mache mit Schwung einen neuen Anfang.
14 Heather Schottisches Heidekraut Einsamkeit Sonnenmethode Ich genüge mir selbst.
15 Holly Europäische Stechpalme Beeinflussbarkeit von außen Sonnenmethode Ich bin offen, freundlich und liebesfähig.
16 Honeysuckle Geißblatt Ungenügendes Interesse an der Gegenwart Kochmethode Ich genieße mein Leben im Hier und Jetzt.
17 Hornbeam Hainbuche Unsicherheit Kochmethode Ich gehe frisch und motiviert an meine Aufgaben.
18 Impatiens Springkraut Einsamkeit Sonnenmethode Ich nehme mir Zeit.
19 Larch Europäische Lerche Mutlosigkeit und Verzagtheit Kochmethode Ich entfalte mich zu voller Größe und Schönheit.
20 Mimulus Gefleckte Gauklerblume Ängstlichkeit Sonnenmethode Ich bin sicher und mutig.
21 Mustard Ackersenf Ungenügendes Interesse an der Gegenwart Kochmethode Mit heiterem Gemüt begegne ich dem neuen Tag.
22 Oak Eiche Mutlosigkeit und Verzagtheit Sonnenmethode Ich bin stark und flexibel zugleich.
23 Olive Ölbaum Ungenügendes Interesse an der Gegenwart Sonnenmethode Ich tanke neue Energie.
24 Pine Schottische Kiefer Mutlosigkeit und Verzagtheit Kochmethode Ich bin mit mir im Reinen.
25 Red Chestnut Rote Kastanie Ängstlichkeit Kochmethode Ich stelle mich und andere unter den höchsten Schutz.
26 Rock Rose Gelbes Sonnenröschen Ängstlichkeit Sonnenmethode Ich bin standfest in allen Lebenslagen.
27 Rock Water Felsquellwasser Übermäßige Besorgtheit um andere Sonnenmethode (ohne Blüten) Ich vertraue mich dem Fluss des Lebens an.
28 Scleranthus Einjähriger Knäuel Unsicherheit Sonnenmethode Ich entscheide selbst über den nächsten Schritt.
29 Star of Bethlehem Doldiger Milchstern Mutlosigkeit und Verzagtheit Kochmethode Ich finde Trost und Heilung.
30 Sweet Chestnut Edelkastanie Mutlosigkeit und Verzagtheit Kochmethode Ich finde den Weg ins Licht.
31 Vervain Eisenkraut Übermäßige Besorgtheit um andere Sonnenmethode Ich gehe gelassen auf mein Ziel zu.
32 Vine Weinrebe Übermäßige Besorgtheit um andere Sonnenmethode Ich respektiere mich und andere.
33 Walnut Walnuss Beeinflussbarkeit von außen Kochmethode Ich schreite entschlossen vorwärts.
34 Water Violet Wasserfeder Einsamkeit Sonnenmethode Ich kann Nähe zulassen.
35 White Chestnut Weißblühende Rosskastanie Ungenügendes Interesse an der Gegenwart Sonnenmethode Mein Kopf ist frei und klar.
36 Wild Oat Waldtrespe Unsicherheit Sonnenmethode Ich finde und verwirkliche mein Lebensziel.
37 Wild Rose Heckenrose Ungenügendes Interesse an der Gegenwart Kochmethode Mir steht alles Glück dieser Erde zu.
38 Willow Gelbe Weide Mutlosigkeit und Verzagtheit Kochmethode Ich mache das Beste aus meinem Leben.

Die hier genannten Sinnsprüche sind diejenigen, die Edward Bach selbst den jeweiligen Essenzen zugedacht hat. In den 1980er Jahren wurden von der „internationalen Fachautorität der Original Bachblütentherapie“[7] Mechthild Scheffer noch weitere „Kraftformeln“ erfunden, die nicht hiermit verwechselt werden dürfen.[2]

Herstellungsprozesse

Die Herstellungsprozesse der Bach'schen Präparate basieren im Grunde auf den homöopathischen Prinzipien der Verdünnung und der Annahme eines Wassergedächtnisses, auf das die „Schwingungen der Pflanzen“ übergehen.

Zu Beginn der Herstellung seiner Essenzen verwendete Bach nur den Tau, der sich auf den Blüten der jeweiligen Pflanzen zur Zeit des Sonnenaufgangs befand. Durch die Morgensonne, die durch Tau und Blüte schien, sollte das Wasser mit angenommenen Schwingungen der Pflanze „energetisiert“ werden. Als nun seine Blütenessenzen kommerziell immer erfolgreicher wurden, konnte Bach der Nachfrage nur anhand der Tautropfen nicht mehr nachkommen und ersann nun zwei andere Zubereitungsarten für die Essenzen.

Sonnenmethode

Bachs erste neue Methode ist die sogenannte Sonnenmethode. Dabei werden die Blüten an einem frühen Morgen, nicht nach 9 Uhr, gepflückt. Dabei darf die Blüte nicht mit der Hand berührt werden, sondern muss mit einem grünen Blatt der betreffenden Pflanze abgerissen werden. Der Tag muss sonnig und wolkenlos sein und die Blüten dürfen nur von bestimmten Wiesen stammen. Vor dem Pflücken muss man eine Glasschale mit frischem Quellwasser befüllen und in die pralle Sonne stellen. Hierfür soll sich eine Schale aus Kristallglas am besten eignen. Man lässt so viele Blüten in die Schüssel gleiten, bis die gesamte Wasserfläche bedeckt ist. Die so präparierte Schüssel lässt man nun für drei bis vier Stunden in der vollen Sonne stehen. Bach ging davon aus, dass in dieser Zeit nicht näher definierte spirituelle „Schwingungen“ von „Heilenergie“ von den Blüten auf das Wasser übergehen.[2][8]

Nach diesen drei bis vier Stunden wird das so „energetisierte“ Wasser im Verhältnis 1:1 mit vierzigprozentigem Alkohol (früher Brandy oder Cognac) verdünnt, was der Konservierung dienen soll. Diese Mischung ist nun die Ur- oder Muttertinktur, die nochmals im Verhältnis 1:240 mit Alkohol verdünnt werden muss, um die „wirksamen Essenzen“ herzustellen. Der Endverbraucher muss die „Essenz“ zur Einnahme nochmals in Wasser verdünnen.[2][8]

Wenn Bach sich einer Pflanze näherte, hielt er einen Augenblick inne, stellte sich auf die Energie der Blüte ein und kommunizierte mit deren Intelligenz, um quasi um Erlaubnis zu bitten für das, was er vorhatte. Zu Beginn der Aktion war ein großes Glas mit sauberem Wasser gefüllt worden, das er genau prüfte. Mit einer kleinen, sterilen Schere knipste er dann ein paar Blüten ab, legte sie auf die Wasseroberfläche in dem Glas und setzte das Ganze dem Sonnenlicht aus. Einige Stunden später fischte er die Blütenblätter mit einem kleinen Zweig heraus, goss das Wasser durch einen Filter in eine kleine Flasche und beschriftete diese mit Datum und Fundort. Am nächsten Tag konservierte er diese „Mutter-Tinktur“ mit Cognac oder Brandy.[9]

Die Herstellung der „Rock Water“-Essenz erfolgt mit Wasser einer „unberührten“ Quelle nach der Sonnenmethode:[2][8]

Viele Bach-Blüten-Experten sind der Ansicht, dass diese fertig zu kaufenden Blütenessenzen die stärkste Heilkraft aufweisen, da die dazu verwendeten Pflanzen aus dem Gebiet gewonnen werden, in dem Edward Bach sein Heilsystem entwickelte, und die Hersteller vor Ort Erfahrung haben sowie die nötige Sorgfalt beim Gewinnen der Blütenessenzen anwenden. Edward Bach wies in seinen Schriften jedoch darauf hin, dass jedermann selbst Blütenessenzen herstellen und anwenden kann. Für ihn waren Eigenverantwortung für Gesundheit und Wohlbefinden und Hilfe zur Selbsthilfe wichtige Prinzipien seines Therapiesystems.[8]

Kochmethode

Bachs zweite neue Methode ist die sogenannte Kochmethode, bei der nicht nur die Blüten gepflückt werden, sondern komplette Zweige mit Blüten und Blättern. Auch dieser Pflückvorgang muss bei Sonnenschein und vor 9 Uhr morgens erfolgen. Die Zweige sollten in etwa den gleichen Durchmesser wie der Topf haben, in den sie gelegt werden. Es sollen in etwa 120 Gramm Blüten gesammelt und in den Topf gelegt werden, die mit einem Liter frischem Quellwasser übergossen werden. Dies lässt man dann ca. 30 Minuten kochen und danach erkalten. Ist der Sud erkaltet, beginnt man damit, ihn so lange zu filtern, bis er klar ist.[2][8] Die weitere Behandlung ist dann dieselbe. Diese Methode wird zumeist nur für sehr holzige Pflanzen oder für Pflanzen, die im Herbst oder Winter blühen, angewandt.[1][2][10][5]

Abgrenzung zur Homöopathie und Phytotherapie

Obschon Bach aus dem Bereich der Homöopathie kam, lehnte er beispielsweise das Konzept der Potenzierung und das Simile-Prinzip von Samuel Hahnemann, des Erfinders der Homöopathie, ab:[11]

Ähnliches mag Ähnliches stärken, Ähnliches mag Ähnliches zurückdrängen, aber im wahren Sinn einer Heilung kann Ähnliches nicht Ähnliches heilen. (…) Kein Zweifel, Hahnemann hatte das Bestreben, mit seiner Methode der Potenzierung Falsches in Richtiges zu verwandeln, Gifte in Arzneikräfte, aber es ist einfacher, die wunderschönen und heilkräftigen Arzneien direkt zu verwenden.

Dies merkt man auch daran, dass das Verschütteln der Essenzen als Arbeitsschritt in der Herstellung fehlt. Bach-Blüten werden also nicht nach den Vorschriften Hahnemanns „potenziert“ und auch nicht nach dem Ähnlichkeitsprinzip verordnet. Die Bach-Blütentherapie gilt deshalb nicht als homöopathische Methode.[11][B 1]

Der Herstellungsprozess der Blütenessenzen zeigt auch, dass die Bach-Blüten nicht in den Bereich der Phytotherapie, also der Pflanzenheilkunde, gehören. Während bei pflanzlichen Mitteln Auszüge aus Pflanzen bzw. Pflanzenkombinationen, also Säfte, Öle, Tees, Pulver o. ä., mit tatsächlichem Wirkstoff hergestellt und nach medizinischen Kriterien verordnet und dosiert werden, beruht die Verordnung der Bach-Blüten ausschließlich auf den spirituellen Vorstellungen Bachs und seiner Annahme, dass nicht näher definierbare „Schwingungen“ das Wasser „energetisieren“ und „Disharmonien“ zwischen Körper und Seele wieder ins „Gleichgewicht“ bringen.[12] Die Pflanzen wurden von Bach auch nicht nach bekannten Heilwirkungen ausgesucht und sind oft gar keine in der Phytotherapie verwendeten Heilpflanzen.[13] Die Wirkungsweise der Bach-Blütenessenzen liegt also gänzlich im spirituellen Bereich.

Wissenschaftliche Einordnung

Bach selbst sagte über seine Methode:[14]

Es gibt keine in diesem Lande bekannte und übliche Krankheit, die mit Hilfe der Pflanzen, über die ich heute Abend sprechen werde, noch nicht geheilt wurden.

Den Beweis selbst blieb er aber schuldig, bleibt doch der Wirksamkeitsnachweis für die Bach-Blütentherapie beschränkt auf anekdotische Berichte. Keine der bisher nach wissenschaftlichen Standards durchgeführten Studien konnten eine Wirksamkeit bestätigen.[10] Eine Übersichtsstudie der Donau-Universität Krems, Department für Evidenzbasierte Medizin und Klinische Epidemiologie wertete insgesamt vier Studien zum Einsatz von Bach-Blüten bei Prüfungsangst und ADHS aus und kam zu dem Ergebnis, dass eine Wirkung über den Placebo-Effekt hinaus nicht festgestellt werden konnte:[15][16]

Alle vier Studien zeigten, dass Bachblüten nicht besser gegen Prüfungsangst oder ADHS wirken als Placebo. Bei allen therapierten SchülerInnen und StudentInnen zeigte sich zwar eine Verbesserung, aber diese Verbesserung stellte sich sowohl bei der Einnahme von Bachblüten als auch Placebo ein. Ein weiteres Ergebnis des Reviews ist, dass im Zuge aller Bachblütentherapien nur vereinzelt Nebeneffekte auftraten. „Viele Menschen stehen Medikamenten skeptisch gegenüber und bevorzugen ‚natürliche’ Therapien wie Bachblüten. Unsere Arbeit zeigt aber klar, dass wissenschaftliche Studien keinen Nachweis für die Wirksamkeit von Bachblüten bei Prüfungsangst gefunden haben. Bachblüten als effektives therapeutisches Mittel zu verkaufen ist daher meiner Ansicht nach eine Täuschung der Patienten“, resümiert Studienautorin Dr. Kylie Thaler.[15]

Auch Prof. Edzard Ernst, im Jahre 2011 emeritierter Lehrstuhlinhaber für Alternativmedizin an der Universität Exeter, kam in einem Review von sieben Studien zum Einsatz von Bach-Blüten, wobei sechs davon placebokontrolliert waren, zum gleichen Ergebnis.[17]

Die Einteilung aller Leiden in 38 Gemütszustände hat moralisierenden Charakter, ist willkürlich und unbegründet. Das Konzept trägt deutlich esoterische Züge. Die Pflanzenauswahl ist zufällig, sie lässt sich ebenso wenig wie die rituelle Herstellung der Mittel wissenschaftlich begründen. Bachs Lehre setzt manche Betroffenen zusätzlich unter Druck und lässt die Krankheit als selbstverschuldete Strafe für vermeintliches Ungenügen erscheinen: So empfiehlt Bach etwa Blütenmittel nach Misshandlung und Vergewaltigung mit folgender Begründung: ‚Derartige Ereignisse können durch unbewusste Programmierungen aus der astralen Ebene herangezogen werden.‘ Wissenschaftler stufen Bach-Blütentherapie als ‚potente Scheinbehandlung‘ ein.[3]

In einer Aktualisierungsrecherche des IGeL-Monitors[B 2] werden vier Übersichtsarbeiten aufgelistet. Keine konnte eine Wirkung der Bach-Blütenessenzen nachweisen, die über den Placebo-Effekt hinaus geht.[18][B 3]

Vermarktung

Edward Bach hatte nicht nur die Herstellung seiner Essenzen stark ritualisiert, er legte auch fest, dass die Ur- oder Muttertinkturen nur aus Blüten von ganz bestimmten Wiesen hergestellt werden durften. Bis 1993 wurden die Essenzen direkt im Bach-Center hergestellt und durch die Firma Nelsons vertrieben. Bei dem Bach-Center handelt es sich um eine Stiftung, die sich in Bachs ehemaligen Wohnhaus der Verbreitung und Vermarktung seiner „Therapie“ widmet. Es wurde nach seinem Tod gegründet. Da sich das Center aber mehr auf die Ausbildung von „Therapeuten“ konzentrieren wollte, übernahm Nelsons ab 1993 auch die Herstellung der Essenzen.[19]

Angeboten werden diese in den „Stock Bottles“, also den traditionellen Apotheker-Fläschchen, zu 20 ml. Lediglich die Rescue-Tropfen werden zu 10 ml verkauft. Die Produkte der Firma Nelsons sind durch die aufgedruckte Signatur Bachs zu erkennen. Während sie in Großbritannien in jedem Supermarkt oder jeder Drogerie erhältlich sind, werden die „original“ Bach-Blüten in Deutschland nur über Apotheken oder spezielle Versandhäuser vertrieben, wodurch das Produkt natürlich durch den seriösen Verkaufsort Apotheke profitiert.[20][21][22]

Das Sortiment wurde in den letzten Jahren sukzessive um Cremes, Globuli, Bonbons und Drops erweitert.[23]

Obschon die Vorschrift, wo die Pflanzen zu pflücken sind, eine gewisse Monopolisierung der Herstellung garantieren sollte, sind auf dem Markt noch viele andere Hersteller vertreten. Weitere bekannte Marken sind „BB“ und „Miriana“. Mit den Essenzen der Firmen „Blütenfee“ und „Original Murnauer“ sind auch deutsche Anbieter auf dem Markt vertreten. Diese Essenzen werden dann auch beispielsweise auf Esoterikmessen oder in entsprechenden Läden angeboten. Zu den Blütenessenzen gibt es auch zahlreiches Zubehör wie spezielle Holzkästchen, Stock Bottles oder Pendel, um sich seine eigenen Essenzen auszupendeln. Bücher, CDs und DVDs sind in den Shops ebenfalls zu haben.[24]

„Neue Blüten“

Bachs Methode fand rasch zahlreiche Nachahmer, die ebenfalls Blütenessenzen auf Basis seiner Theorie herstellten. Diese Essenzen findet man unter Beschreibungen wie „Remedies“, „Schwingungs-Remedies“, „Neue Bachblüten“, „Blütenmittel“, „Andere Essenzen“ oder „Neue Blüten“. Sehr bekannt sind die „Miriana Fortemflowers Californica“ (kalifornische Blüten) und in Deutschland die „Alpenblüten“. Mittlerweile gibt es aber auch schon „Steinessenzen“ oder „Kristallessenzen“. All jenen Präparaten ist gemein, dass sie sich auf Edward Bach und seine Methode berufen. Hauptabsatzmarkt sind das Internet und Esoterikmessen.[25]

Da sich die von Bach erfundene Methode äußerst diffus auf „Schwingungen“ und „Intuition“ stützt und bereits die Wirksamkeit der „Original“-Essenzen nicht nachweisbar ist, ist es Nachahmern sehr einfach, sich hier anzuhängen. Besondere Aufmerksamkeit erregte beispielsweise eine Essenz, die zur Behebung der psychischen Folgen bei Kindesmissbrauch angewandt werden sollte. Nach starken Protesten wurde dieses Produkt vom Markt genommen.[26][27][28]

Kosten und Risiken

Aufgrund ihrer nicht nachgewiesenen Wirksamkeit werden die Kosten einer Bach-Blütentherapie nicht von den gesetzlichen Kassen übernommen, sie gehören also in den Bereich der individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL).[B 2] Erstgespräch, Untersuchung und Beratung verursachen hier Kosten bis zu 200 Euro zzgl. der Kosten für die Essenzen selbst.[29]

Problematisch ist, dass gerade bei Krankheiten und Beeinträchtigungen im psychischen Bereich mit den Bach-Blüten operiert wird und so leicht eine Therapieverschleppung stattfinden kann.[29][B 4]

Schwere seelische Belastungen können auf Dauer zu körperlichen Beschwerden und Krankheiten führen. Hier kann es medizinisch sinnvoll sein, den Teufelskreis aus seelischen und körperlichen Beschwerden mit Hilfe von Medikamenten zu durchbrechen sowie den Ursachen auf den Grund zu gehen und diese nach Möglichkeit abzustellen.

Manche Menschen nehmen jedoch schon leichte Abweichungen vom seelischen Optimalzustand als behandlungsbedürftig wahr. Sie sehen Gefühle wie Angst, Lustlosigkeit, innere Unruhe, Stress und Ungeduld nicht als vorübergehende Zustände innerhalb eines normalen emotionalen Spektrums an, sondern eher als Vorboten schwerer Krankheiten. An diese Menschen richten sich viele Verfahren der Alternativmedizin, die mit beinahe oder vollkommen wirkstoff- und wirkungsfreien Präparaten oder Apparaturen Patienten, Ärzten und Heilpraktikern die Möglichkeit bieten, „heilerisch“ aktiv zu werden, ohne unmittelbare Nebenwirkungen befürchten zu müssen.[29]

Problematisch ist auch, dass einige Therapeuten bei der Diagnostik auf esoterische Verfahren wie das Pendel oder die Astrologie zurückgreifen. Auch werden teilweise Tarotkarten mit den Abbildungen der Pflanzen eingesetzt.[9]

Rechtliche Einordnung

In Deutschland gelten die Bach-Blütenessenzen nicht als Arzneimittel, da gemäß einer Entscheidung des OLG Hamm keinerlei medizinische Wirkung festzustellen ist. Somit gelten die Essenzen als Lebensmittel und dürfen nicht mit einer spezifischen Wirkungsaussage beworben werden.[30][31]

Bachblüten sind keine Arzneimittel, sondern Lebensmittel. Für diese darf nicht ausschließlich mit unspezifischen Gesundheitsaussagen geworben werden. Was erlaubt ist, regelt seit 2007 die Health-Claims-Verordnung. Sie hat das Ziel, Verbraucher in der EU vor irreführenden oder wissenschaftlich nicht belegten Angaben und irreführender Werbung zu gesundheitsfördernden oder krankheitsverhindernden Eigenschaften von Lebensmitteln zu schützen. Da es keine zugelassenen gesundheitsbezogenen Angaben für Bachblüten gibt, kann es auch keine legale Werbung zu gesundheitlichen Effekten der umstrittenen Pflanzenteile geben. Nach dem Urteil der OLG-Richter suggerieren die beklagten Aussagen des Apothekers eine nicht nachgewiesene Wirksamkeit von Bach-Blüten in Angstsituationen oder bei emotionalen Herausforderungen. Diese Behauptung wäre nur dann statthaft, wenn belegte spezifische Aussagen zu Bachblüten in der Health-Claims-Verordnung aufgelistet wären.[32]

Diese Einordnung als Lebensmittel stellt die Anbieter der Bach-Blütentherapie auch vor rechtliche Probleme im Hinblick auf die Bewerbung der Blütenessenzen:

Unzulässig wäre beispielsweise folgende Aussage: „Die Bachblüten-Therapie wird für die Behandlungen von körperlichen oder seelischen Erkrankungen angewendet. Sie ist eine Hilfe in besonderen Lebenslagen, in denen Ihre Seelenkräfte eine Stärkung brauchen.“ Hieran würde auch die Formulierung „kann helfen ..." nichts ändern. Denn auch dann würde bei den angesprochenen Personen der Eindruck erweckt werden, es könne eine Heilung erwartet werden.[33]

Die Bach-Blütentherapie gehört auch nicht zu den „Besonderen Therapierichtungen“ gemäß §109a Arzneimittelgesetz (AMG).[34]



Quellen- und Literaturangaben
  1. 1,0 1,1 Krämer, Dietmar: Neue Therapien mit Bach-Blüten. Interlaken, 1989
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 2,7 2,8 Scheffer, Mechthild: Die Original Bach-Blüten: Finden, bestimmen und anwenden. Stuttgart, 2011
  3. 3,0 3,1 3,2 Federspiel, Krista: Bach-Blütentherapie (Memento vom 24. Juli 2008 im Internet Archive) 2002. Informationsblatt der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (PDF, abgerufen am 6. April 2017)
  4. 4,0 4,1 Weeks, Nora: Edward Bach: Entdecker der Blütentherapie, München, 1996
  5. 5,0 5,1 5,2 C. Goldner: „38 Blüten gegen alle Leiden“; Süddeutsche Zeitung vom 3. Mai 2010 (Link, abgerufen am 6. April 2017)
  6. Shaw, Non: Bach-Blütentherapie, Köln, 1999
  7. „Institut für Bachblütentherapie, Forschung und Lehre“ (Link, aufgerufen am 23. Januar 2018)
  8. 8,0 8,1 8,2 8,3 8,4 Kübler, Heidi: Bach-Blütentherapie in der Tiermedizin, Stuttgart, 2006.
  9. 9,0 9,1 Hauth, Rüdiger: „Von Bachblüten bis Yoga“, in: Taschenhandbuch Esoterik, Wuppertal 2007.
  10. 10,0 10,1 Singh, S., Ernst, E.: Gesund ohne Pillen: Was kann die Alternativmedizin, München, 2009. S. 366
  11. 11,0 11,1 Bleul, Gerhard: Homöopathische Fallanalyse: Von Hahnemann bis zur Gegenwart, Stuttgart, 2012.
  12. Löscher, Wolfgang: Pharmakotherapie bei Haus- und Nutztieren. Stuttgart, 2014. S. 526.
  13. Much, Theodor: Der große Bluff. Berlin, 2013.
  14. Bach, Edward: Von der Homöopathie zu den Bach-Blüten, Gesammelte Schriften vom Entdecker der Bach-Blüten, München, 1996.
  15. 15,0 15,1 Bericht der Donau Universität Krems über eine „Studie über die Wirkung von Bachblüten: Systematisches Review widerlegt therapeutische Wirkung von Bachblüten“ (Link, abgerufen am 1. Mai 2017)
  16. Thaler, K., Kaminski, A., Chapman, A., Langley, T., & Gartlehner, G. (2009): „Bach Flower Remedies for psychological problems and pain: a systematic review“, in: BMC complementary and alternative medicine, 9(1), 16 (Link, abgerufen am 19. Dezember 2017)
  17. Ernst, E.: „Bach flower remedies: a systematic review of randomised clinical trials“, in: Swiss Med Wkly, 140, w13079, (2010) (Link, abgerufen am 6. Juli 2018)
  18. IGeL-Monitor: Evidenzsynthese-Papier zur Bach-Blütentherapie (PDF, abgerufen am 19. Dezember 2017)
  19. Webseite der Firma Nelsons: „Unsere Firmengeschichte“ (Link, abgerufen am 19. Dezember 2017)
  20. Webseite der Firma Nelsons: „erhältlich bei“-Hinweis (Link, abgerufen am 19. Dezember 2017)
  21. Webseite der Firma Nelsons: „Die Original Bach®-Blüten Sets“ (Link, abgerufen am 19. Dezember 2017)
  22. Webseite der Firma Nelsons: „Die Original Bach®-Blüten: Rescue“ (Link, abgerufen am 19. Dezember 2017)
  23. Online-Angebotspalette im „Bachblüten-Shop“ (Link, abgerufen am 19. Dezember 2017)
  24. Online-Angebotspalette im „Bachblüten-Shop“ (Link, abgerufen am 19. Dezember 2017)
  25. Webseite „Bachblüten Ratgeber Doc Nature“: Neue Bachblüten: Die Kalifornischen Essenzen: MFCalifornica (Link, abgerufen am 1. Oktober 2017)
  26. Reinboth, Christian: Ein neuer Tiefpunkt der Alternativmedizin (Link, abgerufen am 20. April 2017)
  27. Laurin, Stefan: Mit Bachblüten gegen Kindesmissbrauch (Link, abgerufen am 20. April 2017)
  28. diaphanoskopie-Blog über „Kindesmisshandlung: Tipps für Profis“ (Link, abgerufen am 20. April 2017)
  29. 29,0 29,1 29,2 IGeL-Monitor: Informationen zur Bach-Blüten-Therapie: „IGeL-Info ausführlich“ (Link, abgerufen am 19. Dezember 2017)
  30. DAZ aktuell (Deutsche Apothekerzeitung): „Bachblüten sind Lebensmittel, Vertrieb über Apotheken“ (Link, abgerufen am 28. April 2017)
  31. Presseportal: „Gerichte und Umfrage bestätigen: Bach-Blüten sind Lebensmittel; Vertrieb und Präsentation in Apotheken ist zulässig“ (Link, abgerufen am 28. April 2017)
  32. Pharmazeutische Zeitung am 09.12.2014: „Werbung für Bachblüten nur ohne Gesundheitsbezug!“ (Link, abgerufen am 28. April 2017)
  33. Webseite des Rechtsanwalts René Sasse: „Werbung für Bachblüten - Eine juristische Zwickmühle“ (Link, abgerufen am 1. Oktober 2017)
  34. Hinweise des Bundesministeriums für Arzneimittel und Medizinprodukte BfArM: „Besondere Therapierichtungen und traditionelle Arzneimittel“ (Link, abgerufen am 28. April 2017)


Anmerkungen und Originalzitate
  1. 1,0 1,1 Anmerkung Homöopedia: „Alternativmedizinische“ Methoden wie die von Bach und Schüßler fußen in der Homöopathie, sind aber konzeptionell von dieser entfernt und gelten nicht als Teil der Homöopathie. Die Einordnung in die Kategorie Varianten der Homöopathie erfolgt aus pragmatischen Gründen.
  2. 2,0 2,1 „IGel“ steht für individuelle Gesundheitsleistungen: Ärztliche Leistungen, die individuell zwischen Arzt und Patient vereinbart und die von der Gesetzlichen Krankenversicherung nicht erstattet werden. Der IGeL-Monitor ist eine fortlaufend aktualisierte Publikation des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen und bewertet Nutzen und Schaden von IGeL nach wissenschaftlichen Kriterien.
  3. Originalzitat: „An Hand der vorliegenden Ergebnisse lässt sich schlussfolgern, dass es sich bei den Veränderungen unter Therapie bei den untersuchten Indikationen lediglich um Placebo-Effekte handelt. Daher sehen wir keine Hinweise auf einen Nutzen der Bach-Blütentherapie.“
  4. Originalzitat: „Indirekt kann die Therapie schaden, wenn notwendige medizinische Behandlungen unterbleiben.“