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Systematische Reviews zur Homöopathie - NHMRC (2015)
Im Jahr 2015 veröffentlichte das australische Gesundheitsministerium das Schlussdokument der bisher umfangreichsten Untersuchung zur Wirksamkeit der Homöopathie. Diese war vom National Health and Medical Research Council (NHMRC, Regierungsausschuss für Forschung zur Gesundheit und Medizin) in Auftrag gegeben worden. Die in mehreren Teilen ab 2013 veröffentlichte Dokumentation umfasst knapp 1000 Seiten. Es wurden insgesamt 225 klinische Studien mit Daten zu 85 Krankheitsbildern ausgewertet, und man kam zu dem Ergebnis, dass es keine Indikation gibt, für die die Wirksamkeit einer homöopathischen Behandlung zweifelsfrei erwiesen ist. Infolgedessen hat das Ministerium eine Warnung herausgegeben, wonach die Homöopathie nicht zur Behandlung von chronischen und ernsthaften Beschwerden eingesetzt werden sollte und Patienten ein gesundheitliches Risiko eingehen, wenn sie wirksame Therapien zugunsten einer homöopathischen Behandlung verschieben oder ganz ablehnen. Dieses für die Homöopathie vernichtende Ergebnis hat weltweit beträchtliche Kritik seitens homöopathischer Interessenvertreter ausgelöst. Die Diskussion scheint (Stand Januar 2018) bei Weitem noch nicht abgeschlossen zu sein.
Inhaltsverzeichnis
Wegweiser zur Veröffentlichung
Der sehr umfangreiche Bericht wurde in insgesamt elf Teilen sowie einer Pressemitteilung veröffentlicht und ist von daher nicht sehr übersichtlich.[1] Als eine Art Wegweiser soll hier zunächst eine Übersicht über die Inhalte gegeben werden.
Pressemeldung[2]
Pressemeldung des NHMRC über die Präsentation der Arbeit im März 2015.
Statement on Homeopathy[3]
Dies ist die als Abschlussdokument auf zwei Seiten zusammengefasste Schlussfolgerung aus der Untersuchung mit einer sehr kurzen Darstellung der Vorgehensweise und der Ergebnisse. Hier wird die Empfehlung gegeben, dass Homöopathie nicht bei chronischen oder ernsthaften Beschwerden eingesetzt werden sollte und dass jeder ein Gesundheitsrisiko eingeht, wenn er auf eine wirksame Therapie zugunsten der Homöopathie verzichtet oder eine solche verzögert.
Information paper[4]
Hier findet sich auf 40 Seiten eine detaillierte Beschreibung des gesamten Projekts. Es enthält alle wichtigen Informationen über den Zweck der Untersuchung, die Autoren, die Vorgehensweise und die Ergebnisse. Wer sich eingehend mit der Arbeit auseinandersetzen will, sollte mit diesem Dokument beginnen.
Administrative report[5]
Dies ist der zehnseitige Bericht des Arbeitsteams an die australische Regierung. Er enthält deutlich verdichtet die gleichen Informationen wie das Information paper.
Frequently asked questions[6]
Auf zwölf Seiten werden die häufigsten Fragen zur Studie und deren Ergebnissen sehr ausführlich beantwortet.
Public consultation summary[7]
Stellungnahmen zu den in den öffentlichen Anhörungen geäußerten Kommentaren und Anmerkungen.
Expert review comments[8]
Stellungnahmen zu den Anmerkungen aus dem Expertenreview.
Overview report[9]
Auf 301 Seiten wird für jede Indikation dargestellt, wie die einzelnen Studien aus der Literaturrecherche ausgewertet und die Aussagen zur Wirksamkeit der Homöopathie abgeleitet wurden. Dies betrifft 176 Studien aus 57 systematischen Reviews für 61 Krankheitsbilder.
Overview report – appendices[10]
Dieses Dokument enthält auf 282 Seiten die Dokumentation der Datenerfassung und Qualitätsbewertung der in der Literaturrecherche ermittelten systematischen Reviews.
Review of submitted literature[11]
Auswertung der Literatur, die von den australischen Homöopathie-Vereinigungen auf Anfrage zu Beginn der Untersuchungen eingereicht wurden. Dies ergab neun Einzelstudien für acht verschiedene Krankheitsbilder, von denen drei noch nicht im Overview report enthalten waren (87 Seiten).
Review of submitted literature from public submissions[12]
Auswertung der im Rahmen der öffentlichen Anhörung eingereichten Evidenz von 40 Studien, in denen 35 verschiedene Krankheitsbilder untersucht wurden, von denen 21 bisher noch nicht betrachtet worden waren (199 Seiten).
List of evidence[13]
Verzeichnis aller Arbeiten, die in der Literaturrecherche als möglicherweise passend identifiziert sowie von den Homöopathieverbänden vorgeschlagen wurden (36 Seiten).
Autoren
Dieses systematische Review[B 1] wurde vom Ausschuss für Forschung zur Gesundheit und Medizin (National Health and Medical Research Council, NHMRC) der australischen Regierung in Auftrag gegeben. Hierzu wurde eine siebenköpfige Arbeitsgruppe (Homeopathy Working Committee, HWC) unter Vorsitz von Prof. Glasziou von der Bond Universität in Queensland eingerichtet. Dieser Gruppe gehörten nicht nur Medizinprofessoren an, sondern auch ein Patientenvertreter, eine auf Naturheilkunde spezialisierte Pharmazeutin und ein Vertreter des Gesundheitsministeriums.
Dieses Gremium hatte im Wesentlichen Überwachungs- und Steuerungsaufgaben wahrzunehmen sowie am Ende die Abschlussberichte zu verfassen. Die Auswertungen selbst wurden von unabhängigen externen Forschungsdienstleistern ausgeführt. Dies waren die Firma OPTUM mit Hauptsitz in den USA und das Australische Forschungszentrum für die Gesundheit von Frauen und Babys (Australian Research Centre for Health of Women and Babies, ARCH).
Quelle: Information paper[4]
Vorgehensweise
Das NHMRC sieht seine Aufgabe unter anderem darin, die Öffentlichkeit auf Basis bestmöglicher Evidenz in Gesundheitsfragen zu informieren und zu beraten. Hieraus ergab sich die Notwendigkeit, die Homöopathie näher zu untersuchen.
Demzufolge wurde die zu beantwortende Forschungsfrage formuliert:
Stellt die Homöopathie im Vergleich zu „Nicht-Homöopathie“ oder anderen Therapien eine wirksame Behandlung für gesundheitliche Beschwerden dar?[B 2][4]
Literatursuche: Systematische Übersichtsarbeiten
Die Vorgehensweise ist etwas ungewöhnlich, denn man hat die vorliegenden Einzelstudien nicht direkt selbst untersucht, sondern stattdessen nach systematischen Übersichtsarbeiten gesucht und die dort enthaltenen Angaben zu Qualität und Ergebnissen der Einzelstudien extrahiert und ausgewertet. Man hat also nicht die Schlussfolgerungen der Autoren dieser Reviews übernommen, sondern hat die relevanten Daten extrahiert und eigene Schlussfolgerungen erarbeitet. Die Idee dahinter war, möglichst weitgehend auf bereits vorhandene Ergebnisse zurückzugreifen. Da viele Einzelstudien schon in systematischen Reviews untersucht worden waren, ist dadurch die Expertise einer Vielzahl von Reviewern eingeflossen.
Zur Literatursuche hat man zunächst die einschlägigen Verzeichnisse wie Medline, PubMed und Cochrane systematisch nach systematischen Reviews zur Homöopathie durchsucht. Die Suche lieferte insgesamt 1367 Literaturstellen, die zwischen dem 1. Januar 1997 und dem 3. Januar 2013 veröffentlicht worden waren. Hierin wurden 57 systematische Übersichtsarbeiten identifiziert, in denen randomisierte Vergleichsstudien oder Verlaufsstudien mit Kontrollgruppe untersucht worden waren. Nicht eingeschlossen wurden Laborstudien, Studien zur Veterinärmedizin und Studien an Menschen ohne ein bestimmtes Krankheitsbild, etwa zur homöopathischen Prophylaxe, zum homöopathischen Impfen, zu Auswirkungen der Homöopathie auf die generelle Gesundheit oder das Wohlbefinden.
Systematische Reviews in anderen Sprachen als Englisch wurden ebenfalls nicht betrachtet. Insgesamt wurden zehn Arbeiten nach Sichtung der Titel und der Zusammenfassungen wegen der Sprache ausgeschlossen. Dies erfolgte in einem recht frühen Stadium, denn nach dieser Sichtung verblieben noch 183 Arbeiten, von denen nach der Analyse des Volltextes noch 57 Arbeiten übrig blieben, die die Einschlusskriterien erfüllten.
Die schließlich untersuchten 57 systematischen Übersichtsarbeiten lieferten Daten für 61 verschiedene Krankheitsbilder sowie die Information, dass für sieben weitere Krankheitsbilder keine Studien vorliegen. In den Reviews werden insgesamt 176 Einzelstudien untersucht, deren Daten folglich auch in den NHMRC-Review eingeflossen sind.
Quelle: Information paper[4]
Von Dritten benannte Einzelstudien
Neben der eigenen Literaturrecherche waren Interessengruppen und die Öffentlichkeit aufgefordert worden, weitere Arbeiten zu benennen, die ebenfalls betrachtet werden sollten. Die Interessengruppen Australian Homeopathy Association (AHA) und Australian Medical Fellowship of Homeopathy (AMFH) wurden zu Anfang des Projektes eingeladen, in Frage kommende Literaturstellen anzugeben. Diese benannten 343 Arbeiten, von denen 25 als Volltext näher betrachtet und 318 nach Analyse des Titels und der Zusammenfassung ausgeschlossen werden mussten, in der Hauptsache, weil die Art der Studie (beispielsweise zur Veterinärmedizin) oder die Art der Veröffentlichung (beispielsweise Leserbrief) nicht den Einschlusskriterien entsprach oder weil die Arbeit bereits bei der eigenen Literaturrecherche ermittelt worden war. Schließlich wurden nach der Sichtung des Volltextes noch neun Arbeiten in das Review eingeschlossen. In diesem Schritt wurden fünf Studien ausgeschlossen, weil sie nicht in englischer Sprache veröffentlicht worden waren, drei aufgrund von Titel und Zusammenfassung und zwei aufgrund des Volltextes.
In einer öffentlichen Anhörung wurden die Berichtsentwürfe vorgestellt, und die Öffentlichkeit wurde aufgefordert, weitere Arbeiten zu vorzuschlagen. Hier wurden weitere 153 Arbeiten benannt, von denen aus ähnlichen Gründen wie oben 94 aufgrund von Titel und Zusammenfassung ausgeschlossen wurden und weitere 17 aufgrund der Analyse des Volltextes. So wurden 42 Arbeiten in das Review aufgenommen, in denen über 40 Studien berichtet wurde. Insgesamt wurden fünf Arbeiten wegen der Sprache ausgeschlossen, vier aufgrund von Titel und Zusammenfassung, eine aufgrund der Betrachtung des Volltextes.
Quelle: Information paper[4]
Auswertung
Entsprechend der Zielsetzung wurde für jedes Krankheitsbild getrennt eine Aussage zur Wirksamkeit (evidence statement) entwickelt, in dem die Erkenntnisse aus allen für diese Indikation gefundenen Studien zusammengefasst wurden. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu den anderen bisherigen systematischen Reviews, die die Wirksamkeit der Homöopathie indikationsübergreifend untersucht hatten. Während sonst alle Studien gemeinsam analysiert und die Ergebnisse aus mitunter extrem unterschiedlichen Krankheitsbildern zusammengefasst worden waren, war hier das Ziel, für jedes einzelne Krankheitsbild, für das Ergebnisse vorliegen, eine Aussage zu treffen.
Quelle: Anhang C des Overview report[10]
Evidence statement
Das Endergebnis für jede Indikation wird in einer Evidenzaussage zusammengefasst, die in kurzen Sätzen die wesentlichen Ergebnisse darstellt:
- Art und Umfang der vorliegenden Evidenz
- Bewertung der Zuverlässigkeit dieser Evidenz (level of confidence, LOC)
- Schlussfolgerung daraus.
Beispiel:
Beweislage
In drei systematischen Reviews von schlechter bis guter Qualität wurden vier randomisierte Vergleichsstudien ermittelt (Qualität nicht berichtet, insgesamt 1259 Patienten, Umfang 100–487), in denen die Homöopathie (Anas barbariae – Oscillococcinum) in der Therapie von Menschen mit grippeähnlichen Beschwerden mit Placebo verglichen wurde. Diese Studien sind von unzureichender Qualität und/oder Größe, so dass keine weitere Berücksichtigung der Ergebnisse gerechtfertigt erscheint. LOC ist niedrig.
Gestützt auf die in diesem Review untersuchten Nachweise ergaben sich keine belastbaren Nachweise dafür, dass die Homöopathie bei der Behandlung von Menschen mit grippeänlichen Beschwerden wirkungsvoller gewesen wäre als Placebo.[B 3]
Diese Statements beruhen auf der ausführlichen verbalen Bewertung der Studien, die zusammen mit den Statements im Overview Report dokumentiert sind (siehe die folgenden Kapitel).
Es wurden mehrere denkbare Fälle unterschieden, für die eindeutige Kriterien definiert wurden. Für Studien, in denen die Homöopathie mit Placebo verglichen wurde, galten folgende Kriterien:
Evidence Statement | Kriterien |
(1) Belastbare Evidenz für eine therapeutische Wirkung | Belastbare Evidenz wäre dann gegeben, wenn mehrere ausreichend große und qualitativ gute Studien einen Vorteil gegenüber Placebo aufgezeigt hätten. Alternativ wäre auch eine Meta-Analyse aus einer größeren Anzahl kleinerer Studien guter Qualität als belastbare Evidenz gewertet worden. |
(2) Hinweise für eine Wirksamkeit über Placebo hinaus | Als Hinweis („some evidence“) wäre gewertet worden, wenn es mehrere ausreichend große und qualitativ gute Studien gegeben hätte, für die jedoch keine Replizierung vorlag, oder wenn mehrere kleinere gute Studien in einer Meta-Analyse zusammengefasst worden wären. |
(3) Es liegt keine belastbare Evidenz für eine Wirkung vor | Wenn alle oder zumindest die meisten Studien zu dem Krankheitsbild statistisch signifikante Vorteile für die Homöopathie ergaben, diese Studien aber zu klein oder von unzureichender Qualität waren, dann wurde dies als ein Fehlen belastbarer Evidenz bewertet. |
(4) Die Homöopathie ist nicht wirksamer als Placebo | Wenn gute und ausreichend große Studien keinen statistisch signifikanten Vorteil der Homöopathie gegenüber Placebo erbrachten, dann gilt als erwiesen, dass der Homöopathie in diesem Krankheitsbild die Wirksamkeit fehlt. |
(5) Es liegt keine ausreichende Evidenz für eine Beurteilung der Wirksamkeit vor | Sofern nur eine einzige kleine und/oder qualitativ unzureichende Studie vorlag, dann wurde dies nicht als ausreichend angesehen, die Evidenz in die eine oder andere Richtung zu beurteilen. |
Für die Bewertung von Studien, in denen die Homöopathie mit einer anderen Therapie verglichen wurde, gab es entsprechende Vorgaben.
Es gab also im Wesentlichen drei Möglichkeiten der Bewertung, entweder für eine Wirksamkeit der Homöopathie (Fälle 1 und 2), für eine nachgewiesene Unwirksamkeit (Fall 4) oder das Fehlen von Nachweisen (Fälle 3 und 5).
Die Ergebnisse der Einzelstudien selbst wurden nicht weiter analysiert, sondern die Studienergebnisse wurden so wie im Review berichtet übernommen. Beispielsweise wurde ein statistisch signifikanter Vorteil als Beleg für eine Wirksamkeit akzeptiert, ohne zu betrachten, ob dies auch von therapeutischer Relevanz war. Sofern die Homöopathie mit einer anderen Therapie verglichen wurde, wurde beispielsweise nicht hinterfragt, ob diese Therapie für die Indikation auch angezeigt war oder ob sie richtig angewandt wurde.
Quelle: Anhang C des Overview report[10]
Studienqualität
Eine der entscheidenden Größen für die Bewertung der Einzelstudien und der Reviews war deren Qualität.
Zunächst wurden die in der Literaturrecherche ermittelten Reviews einer Qualitätsprüfung unterzogen. Dies geschah mit Hilfe der AMSTAR-Checkliste, die anhand von elf Fragen eine Einschätzung liefert.[14]
Beispiele:
- Wurde eine umfassende Literaturrecherche durchgeführt?
- Wurde die wissenschaftliche Qualität der eingeschlossenen Studien bewertet und dokumentiert?
- Sind die zur Zusammenfassung der Daten angewandten Methoden angemessen?
Konnte nur weniger als die Hälfte der Fragen positiv beantwortet werden, dann galt das Review als schlecht, bei neun und mehr positiven Antworten als gut, dazwischen als mittel.
Die Qualität der Studien, die in den systematischen Reviews enthalten waren, wurden nach den Angaben der Autoren dieser Reviews beurteilt. Somit wurden mehrere Bewertungsskalen verwendet, wie sie von den Reviews vorgegeben wurden. Typisch ist der Jadad Score:[B 4] 1 bis 2 Punkte = schlecht, 3 bis 4 Punkte = mittel, 5 Punkte = gut.
Da einige Studien von mehreren systematischen Reviews untersucht worden waren, gab es Regeln, wie bei unterschiedlichen Bewertungen der Studienqualität zu verfahren ist: Bei drei und mehr systematischen Reviews entschied die Mehrheit, bei zwei Reviews folgte man der Bewertung des Reviews mit der höheren AMSTAR-Bewertung, und wenn das auch nicht weiterhalf, dann wurde die niedrigere Wertung übernommen.
Bei den von Dritten eingereichten Einzelstudien, bei denen nicht auf vorliegende Beurteilungen aus systematischen Reviews zurückgegriffen werden konnte, wurde eine Qualitätsbewertung nach den im Cochrane-Handbuch beschriebenen Verfahren durchgeführt, indem das Risiko eines Bias[B 5] als niedrig, mittel oder hoch bewertet wurde.
Größe der Studie
Das zweite wichtige Bewertungskriterium für die Einzelstudien war deren Größe, das heißt die Zahl der teilnehmenden Testpersonen. Dies ist ein nach dem für die Gesamtbewertung der Studien angewandten GRADE-Verfahren empfohlenes Vorgehen, da in zu kleinen Studien auftretende Effekte oft überzeichnet werden („small study bias“). Während im GRADE-Handbuch eine Teilnehmerzahl von n = 400 als Grenzwert vorgeschlagen wird,[15] ab der man eine Abwertung der Studie in Erwägung ziehen sollte, haben die Autoren des NHMRC n = 150 („mittlere Größe“) als Mindestanzahl für zuverlässige Evidenz festgelegt – aber leider keine Begründung dafür angegeben, warum gerade dieser Zahlenwert gewählt wurde.
Level of Confidence
Anhand der beiden Kriterien Qualität und Größe wurde festgelegt, wie weit man den vorliegenden Ergebnissen vertrauen kann, was als level of confidence (LOC) angegeben wurde. Hierfür gibt es vier Stufen von „hoch“ (Es kann vermutet werden, dass zukünftige Forschungsergebnisse die Glaubwürdigkeit der vorliegenden Ergebnisse nicht beeinflussen werden) bis zu „sehr niedrig“ (Jede Schätzung eines Effekts ist sehr unsicher).
Für diese Bewertung wurde das GRADE-Verfahren verwendet,[16] das sowohl von der Cochrane Collaboration[17] als auch der Weltgesundheitsorganisation[18] für die Bewertung von Studienergebnissen besonders empfohlen wird.
Ausgehend von einer Ausgangsvermutung (LOC ist hoch) wird die Bewertung entsprechend den Merkmalen der eingeschlossenen Studien herauf- oder herabgestuft. Gründe für die Abwertung waren hauptsächlich:
- um eine oder zwei Stufen in Abhängigkeit von den Einschränkungen zur Studienqualität, bisweilen auch infolge der mangelnden Qualität des betrachteten systematischen Reviews.
- Bezogen auf die Anzahl der Teilnehmer in den Einzelstudien und für die Evidenz als Ganzes:
- sehr kleine Datenbasis: 50 oder weniger Teilnehmer (-2 Stufen)
- kleine Datenbasis: 51 bis 149 Daten (-1 Stufe)
- 150 oder größer: Keine Auf- oder Abwertung.
Durchführung
Die Auswertung der in der Literaturrecherche gefundenen systematischen Reviews erfolgte durch die Firma OPTUM und ist im Overview report[9] dokumentiert. Man hat für die jeweils betrachtete Indikation alle Übersichtsarbeiten herangezogen, in der diese untersucht wurde, und daraus alle Einzelstudien extrahiert, die Aussagen dazu lieferten. Die für jede Einzelstudie extrahierten Daten werden sowohl tabellarisch in Evidence summary tables dargestellt als auch als Text beschrieben. Sofern eine Einzelstudie in mehreren Reviews betrachtet wurde, wurden die Daten auch mehrmals erhoben und gegenübergestellt, wobei bei sich widersprechenden Beurteilungen nach den oben angegebenen Kriterien entschieden wurde, welche Merkmale in das Evidence statement einfließen.
Die nachgereichten Einzelstudien wurden davon abweichend auf andere Weise analysiert, wobei die Auswertung sich im Detail unterschied:
- Die von den australischen Homöopathieverbänden eingereichten Studien wurden ebenfalls von der Fa. OPTUM analysiert, wobei ein Verfahren namens SIGN[19] verwendet wurde, um die Aussagekraft zu bestimmen.
- Die in der öffentlichen Anhörung vorgelegten Arbeiten wurden von der Fa. ARCH analysiert, wobei die Qualitätsbewertung entsprechend den Vorgaben zur Ermittlung des Risk of bias der Cochrane Collaboration erfolgte.
Für diese Unterschiede wurden keine Begründungen angeführt. Es erscheint jedoch naheliegend, dass die Unternehmen nach den Methoden arbeiteten, die sie kannten und mit denen die Reviewer vertraut waren. Schließlich handelt es sich bei beiden Dienstleistern um Unternehmen, die in der Auswertung von Studien erfahren sind. Letztendlich waren die Unterschiede der Verfahren jedoch nur marginal.
Bei Studien, die bereits vorher untersuchte Indikationen betrafen, wurde geprüft, ob das bisher festgestellte Evidence statement abgeändert werden musste. Bei Studien, die bisher noch nicht betrachtete Indikationen betrafen, wurde diese Indikation den bereits bestehenden Auswertungen hinzugefügt.
Qualitätssicherung
Die vom NHMRC angewandte Methodik war neu und ungewöhnlich, indem die Daten von Einzelstudien über vorliegende systematische Reviews ermittelt wurden. Weiterhin waren Mitarbeiter unterschiedlicher Firmen beteiligt. Daher war es notwendig, sehr weitreichende Maßnahmen zur Qualitätssicherung einzuführen.
Quelle: Information paper[4]
Detaillierte Vorgaben
Für jeden einzelnen Schritt bei der Ermittlung der Daten und der Bewertung der Evidenz gab es sehr ausführliche Vorgaben zu Vorgehensweise und Bewertungskriterien, dazu Checklisten und Tabellen zur Extraktion der Daten und zur Bewertung der Qualität. Alles dies ist in den entsprechenden Dokumenten zusammen mit den Ergebnissen für die einzelnen Arbeiten dokumentiert.
Bewertung der Methodik
Die Methodik des Reviews wurde von einer unabhängigen Organisation überprüft, und zwar von der für Australien zuständigen Organisation der Cochrane Collaboration (The Australasian Cochrane Centre). Die Anmerkungen wurden im Review nicht dokumentiert, sondern gleich eingearbeitet.
Expertenreview
Bei der Veröffentlichung wissenschaftlicher Arbeiten in Fachzeitschriften ist ein Peer Review[B 6] üblich, um sicherzustellen, dass die Arbeit gewisse Mindeststandards erfüllt. Da dieser Bericht viel zu umfangreich ist, um in einem Journal veröffentlicht zu werden, hat man drei Experten der Komplementärmedizin mit einem ähnlichen Review beauftragt, wobei diese Reviewer, wie auch bei Fachzeitschriften üblich, anonym geblieben sind. Die Anmerkungen dieser Experten und die Stellungnahmen des NHMRC hierzu sind in den Expert review comments dokumentiert.[8]
Öffentliche Anhörung
Im April 2014 wurde der Entwurf des „Information Papers“ der Öffentlichkeit vorgestellt und damit die öffentliche Anhörung eingeleitet. Es konnten nachträglich Forschungsarbeiten benannt werden, die noch nicht im Reviewprozess berücksichtigt worden waren, entweder, weil sie erst nach dem Ende der Literaturrecherche veröffentlicht worden waren, oder auch, weil sie nicht in einem systematischen Review enthalten sind und somit bei der Literaturrecherche nicht gefunden werden konnten. Weiterhin konnte die Vorgehensweise kommentiert werden. Diese Kommentare sowie die Reaktionen darauf sind in einem eigenen Bericht dokumentiert.[7]
NHMRC Council
Schließlich wurde das Review noch dem Beirat des NHMRC vorgelegt, um sicherzustellen, dass die Regeln und Vorgaben des NHMRC eingehalten wurden. Hierüber gibt es keinen weiteren Bericht.
Ergebnisse
Quelle: Information paper[4]
Umfang
Insgesamt wurden 57 systematische Übersichtsarbeiten aus den Ergebnissen der Literaturrecherche analysiert, die insgesamt 61 verschiedene Krankheitsbilder betrafen und 176 Einzelstudien umfassten. Aus den Einreichungen der australischen Homöopathieverbände wurden neun Einzelstudien in die Betrachtungen eingeschlossen, in denen unter anderem drei weitere Krankheitsbilder untersucht wurden. Im Laufe der öffentlichen Anhörung wurden insgesamt 40 weitere Studien aufgenommen, in denen unter anderem 21 noch nicht aufgenommene Krankheitsbilder bearbeitet wurden. Insgesamt überspannt das Review folglich 57 systematische Reviews und 225 Einzelstudien für insgesamt 85 Krankheitsbilder.
Ergebnisse im Detail
0 Indikationen mit belastbarer Evidenz zur Wirksamkeit (Fall 1)
0 Indikationen mit Hinweisen für eine Wirksamkeit (Fall 2)
13 Indikationen: Homöopathie ist nicht wirksamer als Placebo (Fall 4) |
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14 Indikationen: Keine belastbare Evidenz für eine Wirksamkeit über Placebo hinaus (Fall 3) |
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29 Indikationen: Keine belastbare Evidenz im Vergleich zu Placebo (Fall 5) |
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8 Indikationen: Keine belastbare Evidenz im Vergleich zu anderen Therapien |
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7 Indikationen: Keine Schlussfolgerung im Vergleich zu anderen Therapien möglich |
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24 Indikationen aus nachgereichten Studien |
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Die 24 Studien, die von der Öffentlichkeit und den Homöopathieverbänden nachgereicht wurden und nicht über systematische Reviews bereits erfasste Indikationen betrafen, waren durchweg von unzureichender Qualität oder wiesen eine zu geringe Teilnehmerzahl auf, mit einer Ausnahme:
Eine Studie, in der die Homöopathie im Vergleich zu Placebo bei der Behandlung von geistigen, seelischen und psychischen Erschöpfungszuständen (mental fatigue) untersucht wurde, allerdings nur 86 Teilnehmer aufwies, erbrachte keinen signifikanten Vorteil gegenüber Placebo, wies jedoch eine zu geringe Teilnehmerzahl auf, so dass keine belastbare Schlussfolgerung auf die Unwirksamkeit der Homöopathie für diese Indikation gezogen werden konnte.
Schlussfolgerung
Es konnte mithin keine Indikation gefunden werden, bei der es belastbare Nachweise dafür gegeben hätte, dass die Homöopathie wirksamer gewesen sei als Placebo bzw. dass sie mindestens die gleiche Wirksamkeit entfaltet hätte wie eine konventionelle Vergleichstherapie. Dies wurde im Homöopathie-Statement zusammengefasst:
Gestützt auf die Ermittlung der Nachweise zur Wirksamkeit der Homöopathie, zieht das NHMRC den Schluss, dass es kein Krankheitsbild gibt, für das belastbare Nachweise dafür vorliegen, dass die Homöopathie wirksam wäre.[3][B 7]
Dies führte dann zur warnenden Empfehlung des NHMRC, die Homöopatie nicht bei ernsthaften Beschwerden anzuwenden:
Die Homöopathie sollte nicht angewandt werden, um chronische oder ernste Beschwerden zu behandeln oder solche, die ernst werden könnten. Menschen, die sich für die Homöopathie entscheiden, könnten ein gesundheitliches Risiko eingehen, wenn sie Therapien ablehnen oder verzögern, für die es gute Nachweise zur Wirksamkeit und Sicherheit gibt.[3][B 8]
Dieses Resultat fügt sich gut in die Ergebnisse der bereits vorliegenden systematischen Übersichtsarbeiten ein, die in großer Übereinstimmung feststellen, dass die Qualität der vorliegenden Studien nicht ausreicht, um belastbare Schlussfolgerungen zur Wirksamkeit der Homöopathie zu ziehen, weder generell für die Homöopathie als Therapieverfahren noch für die Anwendung bei einzelnen Indikationen.
Rezeption
Das Review des NHMRC liefert vergleichbare Ergebnisse, wie sie in allen anderen systematischen Reviews gefunden worden sind, die die Homöopathie als ganzes Therapieverfahren über viele Indikationen hinweg untersucht haben. Nirgends wurde bisher ein überzeugender Nachweis gefunden, dass die Homöopathie generell oder nur auf ein bestimmtes Krankheitsbild bezogen eine über Placebo hinausgehende Wirksamkeit aufweist. Unisono wird die Qualität der vorliegenden Studien als niedrig eingeschätzt, was eine eindeutige und abschließende Bewertung verhindert.
Dennoch wird diese Untersuchung des NHMRC von den Interessenvertretungen der Homöopathen und auch Einzelpersonen in einem Ausmaß scharf kritisiert, wie es vorher nur beim Review von Shang (2005) der Fall war. Diese Kritik bleibt jedoch sehr an der Oberfläche. Es werden darin zwar potenziell kritische Behauptungen – oftmals fälschlich – aufgestellt, es wird aber nicht aufgezeigt, welchen Einfluss diese auf das Ergebnis hätten, wenn sie denn zuträfen. Demnach handelt es sich kaum um eine sachliche Auseinandersetzung, es wird vielmehr der Eindruck erzeugt, es sei bei diesem Review nicht mit rechten Dingen zugegangen.
Viele der Kritikpunkte tauchen immer wieder bei verschiedenen Gruppen und Organisationen auf. Mit einfachen Mitteln ist es nicht möglich, den jeweiligen Urheber zu identifizieren beziehungsweise herauszufinden, wer diese Punkte nur aufgenommen und weitergegeben hat. In der untenstehenden Auseinandersetzung wird jeweils eine Quelle als Beleg angeführt, die gegebenenfalls nur als stellvertretend für viele ähnliche Äußerungen zu sehen ist.
Die Kritik ist sehr vielfältig und wurde und wird auch von vielen Personen und Gruppen unabhängig voneinander entwickelt, die mit der Methodik klinischer Studien und systematischer Reviews in sehr unterschiedlicher Tiefe vertraut sind. Das führt zu einer unübersehbaren Vielzahl von Argumenten, die im Rahmen eines einzelnen Artikels unmöglich vollständig betrachtet werden können. Es sei hier der Versuch gemacht, die wesentlichen Kritikpunkte, insbesondere der bedeutenderen Vereinigungen der Homöopathen, darzustellen und ihre Berechtigung zu prüfen.
Pseudokritik
Ein ganz großer Teil der von vielen Seiten aus der Homöopathie geäußerten Vorbehalte setzt sich weniger mit dem Inhalt des Reviews auseinander, sondern betrifft das Umfeld und die Art und Weise, wie die Arbeit zustande gekommen sein soll. Es werden weitgehend unbelegte Aussagen in den Raum gestellt, es fehlt aber eine Darstellung, wie und an welcher Stelle die kritisierten Sachverhalte in die Arbeit eingeflossen sein könnten, um das Ergebnis des Reviews zu beeinflussen. Diese Kritik lässt das Umfeld des NHMRC und die Arbeitsweise aus Sicht der Kritiker lediglich in einem schlechten Licht erscheinen, ohne Fehler der Studie selbst aufzuzeigen.
Behauptung: Das Review wurde zweimal ausgeführt, die unpassende erste Version wird geheimgehalten
Das britische Homeopathy Research Institute (HRI) behauptete seit Jahren, dass es eine Vorgängerversion zum vorgelegten Review gegeben hätte, die der Öffentlichkeit vorenthalten würde.[20] Es wurde bezweifelt, dass dieser erste Bericht aufgrund von Qualitätsmängeln zurückgewiesen worden war. Damit wurde suggeriert, dass sich andere, für die Homöopathie vorteilhafte Ergebnisse ergeben hätten, und der Bericht deshalb der Öffentlichkeit vorenthalten werde. Ausführlicher beschrieb die Australische Homöopathenvereinigung (Australian Homeopathic Association) den angeblich zurückgehaltenen ersten Review.[21] Bei dieser ersten Version handele es sich um eine Arbeit von guter Qualität, schließlich sei sie von einem Experten erstellt worden, der auch entsprechende Richtlinien des NHMRC mit verfasst hat. Es seien 48 relevante Übersichtsarbeiten betrachtet worden (nicht 57 wie in der veröffentlichten Fassung), die in insgesamt fünf verschiedene (Evidenz-)Kategorien eingeteilt worden seien. Allerdings fehlte jede Angabe, zu welchem Ergebnis man gekommen sein soll. Die als Beleg angeführten Quellen waren öffentlich nicht verfügbar.
Nachdem von homöopathischer Seite sogar eine Petition unter dem Aufruf „Release the first report!“[22] ins Leben gerufen worden war, entschloss sich die australische Gesundheitsbehörde zu einer Reaktion auf die Vorwürfe. Bei dem von Homöopathen als „ersten Bericht“ bezeichneten Dokument[23] handelt es sich um einen wissenschaftlich wertlosen ersten Entwurf, der aufgrund von nachvollziehbaren gravierenden Mängeln nicht weiterverfolgt wurde. Ihm liegt zudem mit letztlich nur 40 ins Ergebnis eingeflossenen Reviews eine deutlich kleinere Datenbasis zugrunde als dem zwischen 2013 und 2015 veröffentlichtem NHMRC-Report. Im Ergebnis unterscheiden sich beide Untersuchungen praktisch nicht: Auch der Entwurf („Draft Report“) spricht nirgends von stichhaltigen Belegen für eine Überlegenheit der Homöopathika gegenüber Placebo. Dennoch wurde die darin für fünf Beschwerdebilder verwendete, nicht genau definierte Formulierung „ermutigende Evidenz“ von Homöopathen weltweit als Bestätigung der Wirksamkeit schechthin gefeiert.
Für eine ausführliche Beschreibung des Berichtsentwurfs (Draft Report) siehe Hauptartikel ⇒ NHMRC Draft Report
Behauptung: Bei dem Leiter der Arbeitsgruppe liegt ein Interessenkonflikt vor
Es wird behauptet, der Leiter der Arbeitsgruppe, Prof. Brooks, hätte einen Interessenkonflikt nicht erklärt.[20] Er sei Mitglied einer anti-homöopathischen Lobbygruppe und daher gegen die Homöopathie voreingenommen.
Zunächst ist die Behauptung des HRI falsch: Die Arbeitsgruppe (Homeopathy Working Committee, HWC) wurde nicht von Prof. Brooks geleitet, sondern von Prof. Glasziou. Brooks war wenige Monate lang Mitglied einer Organisation Friends of Science in Medicine („Freunde der Wissenschaft in der Medizin“), die sich gegen Pseudomedizin engagiert. Diese Mitgliedschaft wurde wegen Meinungsverschiedenheiten allerdings bereits nach vier Monaten und lange vor der Fertigstellung des NHMRC-Reviews beendet. Brooks war deswegen vom Vorsitz der Arbeitsgruppe zurückgetreten und war nur noch eines von sieben Mitgliedern des HWC (siehe Frage 6 der FAQ).[6]
Ähnliche Vorbehalte wurden auch zu möglichen Interessenkonflikten bei den ausführenden Dienstleistern aufgestellt. Bei diesen handelt es sich um langjährig für das NHMRC tätige Unternehmen, die eine entsprechende Klausel im Vertrag hatten, dass auftretende Interessenkonflikte einzelner Mitarbeiter angezeigt werden müssen. Solche Anzeigen lagen zunächst nicht vor, weil man keine Interessenkonflikte sah, wurden aber nachgereicht (s. Frage 4 der FAQ).[6]
Wie dem auch sei: Das HRI führt nicht weiter aus, welche Auswirkungen aus einem möglichen Interessenkonflikt des HWC erwachsen sein könnten. Für das gesamte Review sind sämtliche Arbeitsschritte sehr detailliert dokumentiert und die dabei angelegten Kriterien und die Vorgaben sind ausführlich beschrieben. Die Kritiker haben dennoch bislang nicht aufzeigen können, an welcher Stelle ein möglicher Interessenkonflikt eingeflossen sein könnte, welche Entscheidung oder Vorgabe infolge der Voreingenommenheit in eine falsche Richtung erfolgte, um das Ergebnis unzulässig zu beeinflussen.
Behauptung: Entgegen den eigenen Vorgaben war kein Homöopath in der Arbeitsgruppe
Dieses Standardargument gegen Kritik an der Homöopathie wird vom HRI aufgestellt.[20] Es ist richtig, es war kein Homöopath an dem Review beteiligt. Der Sinn und Zweck des Projekts war es, die vorliegende Evidenz dahingehend auszuwerten, ob Nachweise für die Wirksamkeit der Homöopathie vorliegen. Die Arbeitsgruppe steuerte den Ablauf und verfasste den Abschlussbericht. Die Auswertungen selbst wurden von beauftragten Dienstleistern (OPTUM, ARCH) durchgeführt. Es bleibt auch hier völlig offen, was anders gewesen wäre, wenn ein Homöopath in dem Leitungsgremium mitgewirkt hätte, oder wie sich fehlendes Fachwissen zur Homöopathie auf das Ergebnis negativ ausgewirkt hätte.
Die zitierten internen Vorgaben, wonach das NHMRC einen Experten der betrachteten Therapie hätte hinzuziehen müssen, betreffen das Erstellen von Leitlinien, wenn also aus den Daten Handlungsempfehlungen für Therapeuten abgeleitet werden sollen. Dies betrifft aber nicht die Situation dieses Reviews, das sich alleine auf eine Analyse der vorliegenden Evidenz bezieht und keine Therapieempfehlungen abgibt (siehe Frage 3 der FAQ).[6]
Behauptung: Es handelt sich um keine Meta-Analyse, sondern nur um eine Literaturrecherche
Die Wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie (WissHom) behauptet, bei dem Review handele es sich nicht um eine Meta-Analyse,[B 9] sondern nur um eine Literaturrecherche.[24] In der Tat ist das NHMRC-Review keine Meta-Analyse, denn dies wäre eine Zusammenfassung von Daten mehrerer Studien mit mathematisch-statistischen Verfahren.
Allerdings ist die Behauptung bei Kenntnis der Studienmethodik ohnehin unverständlich. Wie in der umfangreichen Dokumentation leicht erkennbar, beispielsweise im Overviewreport[9] nebst Anhang,[10] wurde nicht nur eine Literaturrecherche durchgeführt, vielmehr wurden die dabei gefundenen Quellen – ebenso wie die von der Öffentlichkeit und sogar von homöopathischen Fachverbänden zusätzlich eingereichten Studien – auch sehr gründlich ausgewertet und dies sehr detailliert dokumentiert.
Behauptung: Es wurden nicht über 1800 Studien betrachtet
Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) kritisiert, dass das Review nicht, wie fälschlich angegeben, auf über 1800 Studien beruhe, sondern nur auf 176.[25] Diese Kritik geht in vielen Richtungen fehl. In der Tat sagt das NHMRC in seiner Pressemitteilung, dass die Schlussfolgerung auf den Ergebnissen einer strengen Bewertung von mehr als 1800 Veröffentlichungen basiere, allerdings wird bereits im nächsten Satz beschrieben, dass davon nur 225 Studien die Einschlusskriterien für die Überprüfung der Wirksamkeit der Homöopathie durch das NHMRC erfüllten.[2][B 10] Diese Angaben sind im Sinne des CONSORT Statement[B 11] für die Nachvollziehbarkeit der Analyse erforderlich und völlig korrekt:
- Aus den insgesamt drei Suchschritten resultierten 1863 Titel, die alle Schriften umfassen, die mit den Suchbegriffen übereinstimmen, einschließlich Mehrfachnennungen, darin auch Leserbriefe, Firmenmitteilungen, Grundlagenuntersuchungen, in-vitro Versuche („im Reagenzglas“) etc. (Dies waren 1367 Schriften aus der Literatursuche, 343 Schriften aus den Einreichungen der Homöopathieverbände, 153 aus den Einreichungen im Rahmen der öffentlichen Anhörung).
- Die darin enthaltenen 57 auswertbaren systematischen Reviews berichteten über 176 Studien, aus den Nennungen der Homöopathieverbände resultierten 9 bisher darin nicht enthaltene Einzelstudien und aus den Einreichungen bei der öffentlichen Anhörung ergaben sich weitere 40 Arbeiten, zusammen 225.
Dass die Presse aus dieser Meldung gelegentlich unzutreffend berichtete, dass über 1800 Studien in die Endauswertung eingeflossen seien, ist wohl weniger dem NHMRC anzulasten, sondern eher dem Unverstand des einen oder anderen Journalisten, auch den nachfolgenden Satz zu zitieren. Es ist offen, wie das NHMRC die Angaben deutlicher und klarer hätte machen können.
Kritik an der Methode
Unter einer „Kritik an der Methode“ seien hier diejenigen Einwände verstanden, die ganz offensichtlich zu einer Verfälschung des Ergebnisses geführt haben könnten, wenn sie denn zuträfen. Diese Kritik fußt in erstaunlich hohem Ausmaß auf nachprüfbar falschen Behauptungen.
Behauptung: Studien mit einer Teilnehmerzahl unter 150 wurden ausgeschlossen
Nicht nur der DZVhÄ stellt die Behauptung auf, dass alle Studien mit weniger als 150 Teilnehmern ausgeschlossen worden wären und somit ein großer Teil der vorliegenden Daten zur Homöopathie nicht ausgewertet worden sei.[25] Diese Angabe ist, wie leicht festzustellen ist, völlig unzutreffend. Man hat sowohl für die betrachteten Reviews als auch für die darin enthaltenen Einzelstudien eine Einteilung vorgenommen, wonach Studien unter 150 Teilnehmern als klein und unter 50 Teilnehmern als sehr klein anzusehen sind. Kleine und sehr kleine Studien wurden nicht als belastbare Evidenz bewertet, aber nicht per se ausgeschlossen, sondern ausgewertet und inhaltlich dokumentiert. Evidenz zu einem Krankheitsbild, die nur aus solchen Studien bestand, wurde als nicht belastbar eingestuft. Wären sie in einer systematischen Übersichtsarbeit als qualitativ gut eingestuft worden und hätte dieses Review zu einem positiven Ergebnis geführt, wären sie berücksichtigt worden, aber es gab keine solche Arbeit. Siehe auch den nächsten Punkt.
Behauptung: Die Grenze von 150 Teilnehmern wird nicht begründet
Das NHMRC gibt keine Begründung dafür an, dass Studien mit einer Teilnehmerzahl unter 150 als unzuverlässig eingestuft wurden.[26] Man bezieht sich zwar auf einen Artikel im BMJ, früher British Medical Journal, einer der führenden medizinischen Fachzeitschriften,[27] dieser sei aber hier nicht anwendbar, denn der Artikel behandelt dichotome Merkmale,[B 12] während die Ergebnisse in den vorliegenden Studien zumeist als kontinuierliche Daten[B 13] vorliegen. Außerdem führe das NHMRC selbst Studien mit weniger als 150 Teilnehmern durch, die ja nach diesen Standards sinnlos wären.
Es trifft zu, dass der Grenzwert von 150 Teilnehmern für eine zuverlässige Studie im NHMRC-Review nicht begründet wird und dass sich vermutlich auch nur schwer eine wissenschaftliche Begründung dafür finden lässt. Dies entspricht dem Haufenproblem: ab welchem Grenzwert wird eine Menge Sandkörner zu einem Sandhaufen?[28] Irgendwo muss es einen Grenzwert geben, allerdings ist jeder Grenzwert diskutierbar, weil ein einzelnes Sandkorn mehr oder weniger den Charakter des vorliegenden Gebildes nicht durchgreifend ändern kann.
In dem angesprochenen Artikel im BMJ wurde der Einfluss der Teilnehmerzahl auf die ermittelte Effektstärke untersucht. Hierin wird aufgezeigt, dass Studien mit weniger als 50 Teilnehmern im Vergleich zu Studien mit mehr als 50 Teilnehmern fast die doppelte Effektstärke ergeben. Durch Interpolation der Daten (dortige Fig. 2) lässt sich ermitteln, dass bei 150 Teilnehmern der Effekt nur noch um ein Drittel überzeichnet wird. Diese Arbeit befasst sich allerdings tatsächlich nur mit dichotomen Daten, bei denen alle Patienten eines von (mindestens) zwei Merkmalen aufweisen, die sich gegenseitig ausschließen.
Für kontinuierliche Daten, bei denen das Ergebnis eines Patienten praktisch viele verschiedene Werte annehmen kann, kann man dem GRADE-Handbuch entnehmen, dass man schon bei einer Teilnehmerzahl von n = 400 eine Abwertung vornehmen könnte.[15] Die Grenze von n = 150 für die zumeist kontinuierlichen Daten erweist sich den üblicherweise vergleichbar kleinen Studiengrößen der Homöopathie als recht entgegenkommend.
Über diesen Kritikpunkt kann und wird man noch lange diskutieren. Was aber bisher seitens der Kritiker des NHMRC-Reviews nicht aufgezeigt wurde, ist der Einfluss dieser Grenze auf das Ergebnis. Alle anderen systematischen Reviews sind alleine aufgrund der Bewertung der Qualität, ohne einen Grenzwert in der Mindestanzahl an Testpersonen festzulegen, zu dem Schluss gekommen, dass aus den vorliegenden Einzelstudien keine Wirksamkeit der Homöopathie über Placebo hinaus abgeleitet werden kann. Beim NHMRC ist dieses zusätzliche Kriterium zwar eingeführt worden, aber man kommt auf das gleiche Ergebnis. Folglich hat die Mindestteilnehmerzahl keinen Einfluss gehabt. In den Berichten werden alle Unterlagen geliefert, anhand derer man Fälle identifizieren könnte, bei denen die Evidenz für ein Krankheitsbild nur aufgrund des Größenproblems als nicht belastbar eingestuft wurde. Alleine, dieses aussagekräftigste aller Argumente ist seitens der Homöopathie noch nicht vorgelegt worden.
Behauptung: Alle Studien in einer anderen Sprache als Englisch wurden generell ausgeschlossen
Der österreichische Homöopath Friedrich Dellmour, nach eigenen Angaben „Wissenschaftsexperte“ der Österreichischen Gesellschaft für homöopathische Medizin (ÖGHM), behauptet auf seiner Webseite, dass alle nicht-englischen Studien ausgeschlossen worden seien.[29] Diese Aussage ist in dieser Form falsch. Es wurden in der Tat einige Studien ausgeschlossen, weil sie nicht in Englisch veröffentlicht wurden – der größte Teil allerdings nicht.
Literaturrecherche: In der Literaturrecherche wurden zu einem frühen Zeitpunkt zehn Arbeiten wegen der Sprache ausgeschlossen. Dies betrifft aber nur in einem Fall ein prinzipiell den Einschlussbedingungen entsprechendes systematisches Review (vgl. Overview-Report, Kap. 7.1.3),[9] nämlich eine Arbeit von Lüdtke und Wiesenauer über die Behandlung von Heuschnupfen mit Galphimia glauca. Die dort behandelten Einzelstudien sind jedoch auch im großen Review von Linde (1997)[30] untersucht worden und somit bereits über diesen Weg im NHMRC-Review enthalten.
Die Einzelstudien, die über systematische Reviews gefunden und analysiert wurden, sind unabhängig von der Sprache eingeflossen: Über 40 Einzelstudien wurden berücksichtigt, die auf Deutsch, Französisch, Italienisch, Portugiesisch, Spanisch und Norwegisch veröffentlicht worden waren.[13]
Einzelstudien: Bei der nachgereichten Literatur wurden insgesamt zehn Arbeiten wegen der Sprache nicht betrachtet. Dies betrifft fünf Studien, die zur öffentlichen Anhörung eingereicht wurden, davon enthielten möglicherweise zwei auf Spanisch veröffentlichte Arbeiten klinische Studien, eine Pilotstudie entsprach nicht den Einschlusskriterien, eine Studie erbrachte keinen Unterschied zwischen Placebo und Homöopathikum und eine war bereits als Review wegen der Sprache aussortiert.
Bei den 334 ausgeschlossenen Studien, die zur öffentlichen Anhörung eingereicht worden waren, wurden ebenfalls fünf Arbeiten wegen der Sprache nicht betrachtet, wobei es zwei Überschneidungen mit bereits genannten Arbeiten gibt.
Es bleiben also in Summe fünf Studien, die außer der Sprache der Veröffentlichung den Einschlusskriterien entsprochen haben könnten und möglicherweise positive Nachweise hätten liefern können – im Vergleich zu den ausgewerteten 225 Einzelstudien erscheint dies eher wenig und die Auswirkung auf das Gesamtergebnis dürfte eher gering sein.
Behauptung: Jadad Score 5 von 5 ist eine ungewöhnlich scharfe Grenze
Es wird weiterhin bemängelt, dass die Anforderungen an die Qualität der Studien zu hoch seien und deshalb zu viele Studien als unzuverlässig eingestuft worden seien.[26] Auch diese Angabe ist falsch. Der Jadad Score[B 14] ist ein etwas überholtes Hilfsmittel, die Qualität einer Studie zu beurteilen, siehe auch den Hauptartikel zur Methodik systematischer Reviews. Dieser Ansatz ist durch die heute übliche Bewertung des „Risk of Bias“[B 15] in drei Stufen erweitert und abgelöst worden. Nach diesen Kriterien wird die Gesamtqualität einer Studie nach der schlechtesten Bewertung eines der Unterkriterien festgelegt und qualitativ gute Studien erfüllen somit alle Kriterien und hätten auch im Jadad Score 5 von 5 Punkten erreicht. Diese Methode wird auch in den vom HRI initiierten Reviews von Mathie 2014[31] und 2017[32] genau so angewandt.
Dass die Qualität der Studien zur Homöopathie diesen Anforderungen nicht entspricht, wird in allen systematischen Reviews bemängelt und es wird festgestellt, dass dadurch keine Schlussfolgerungen möglich sind. Insofern verwendet das NHMRC-Review ein völlig übliches Qualitätskriterium. Dass die Homöopathiestudien diesem weitestgehend nicht entsprechen, ist ein Problem der Studienlage, nicht der Bewertung.
Behauptung: Qualitätskriterien der Homöopathie nicht beachtet
Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte führt in seiner Kritik an, die Qualitätskriterien der Homöopathie seien nicht beachtet worden.[33] Es wird allerdings nicht dargestellt, welche Kriterien das sein sollen. Dies wäre nötig, denn in keinem anderen systematischen Review zur Homöopathie wurden spezielle Qualitätsforderungen an Studien zur Homöopathie gestellt, die bei der Studienauswahl, der Auswertung oder der Interpretation zu beachten wären.
Behauptung: Es wurde keine einzige randomisierte Doppelblindstudie ausgewertet
Der österreichische Homöopath Friedrich Dellmour bemängelt, dass keine einzige Doppelblindstudie ausgewertet worden sei, man sich also mit Daten aus zweiter Hand begnügt hätte.[29] Auch diese Behauptung trifft nicht zu.
Die Methodik der Auswertung, die das NHMRC anwendet, ist sicher ungewöhnlich, indem die Bewertung der Einzelstudien aus der Literaturrecherche indirekt über die systematischen Reviews erfolgt, in denen sie bereits besprochen wurden. Aber die Kritiker bleiben eine Erklärung schuldig, wie sich dies negativ auf das Ergebnis ausgewirkt haben könnte. Es sollte die Forschungsfrage untersucht werden, ob es eine Indikation gebe, in der die Homöopathie vorteilhaft angewendet werden könnte. Es ging nicht darum, neue Erkenntnisse zur Therapie zu generieren. Für den ersten Fall ist es durchaus sinnvoll, auf die existierenden Arbeiten vieler Reviewer zurückzugreifen, was sicher der wahren Situation näher kommt als wenn eine notwendigerweise kleinere Gruppe von Forschern die Einzelstudien erneut auswertet. Schließlich haben die Autoren der Reviews durchaus verschiedene Standpunkte zur Homöopathie, vom Befürworter bis zum Kritiker. Eine ausführlichere Diskussion über die Vor- und Nachteile ist im Information Paper auf Seite 25f zu finden.[4] Die einzeln eingereichten Studien, immerhin 49 Stück, mehr als ein Viertel aller betrachteten Studien, sind einzeln ausgewertet worden.[11][12]
Kritik an Qualitätssicherung und Veröffentlichung
Behauptung: Es wurde kein Peer Review durchgeführt
Die WissHom bemängelt, das Review sei nicht in einem Magazin mit Peer Review erschienen, was offensichtlich eine mangelnde Qualität und ungenügende Qualitätssicherung der Arbeit bedeuten soll.[33] Das Review ist ohne Zweifel nicht in einem Journal mit Peer Review erschienen. Dies wäre auch praktisch unmöglich, da es mit seinen insgesamt fast 1000 Seiten jeden Rahmen gesprengt hätte. Allerdings ist die Implikation falsch: Das Review wurde einer wesentlich stärkeren Kontrolle der Qualität unterzogen als bei der Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift üblich (siehe obiges Kapitel zur Qualitätssicherung).
Kritik am Ergebnis
Behauptung: Es gibt fünf Indikationen mit zuverlässigen Wirkungsnachweisen
Das HRI behauptet, dass es im Gegensatz zu den Ergebnissen des NHMRC für fünf Krankheitsbilder qualitativ gute Studien gebe, in denen die Wirksamkeit der Homöopathie nachgewiesen worden sei,[20] nämlich (1) Durchfallerkrankungen bei Kindern, (2) Heuschnupfen, (3) Nasennebenhöhlenentzündung (sinusitis), (4) Infektionen der oberen Atemwege und (5) Kreuzschmerzen (lower back pain). Wenn es diese Nachweise tatsächlich gäbe, dann wäre das in der Tat ein sehr deutlicher Hinweis darauf, dass das NHMRC-Review aus welchen Gründen auch immer die Realität nicht abbildet. Daher sei die Situation bei diesen fünf Indikationen kurz einzeln betrachtet.
(1) Durchfallerkrankung bei Kindern
Das NHMRC kommt zu dem Ergebnis, dass für die Behandlung mit Komplexmitteln eine zuverlässige Studie vorliege (Jacobs 2006), in der keine Wirkung festgestellt werden konnte. Keine der drei weiteren vorliegenden Studien (Jacobs 1993, 1994 und 2000) für die Behandlung mit Einzelmitteln ist als zuverlässig anzusehen. Die Datenbank CORE-Hom der Carstens-Stiftung[34] nennt nur eine weitere Studie zu dieser Indikation (Cadena 1991), bei der aber nach den Angaben in der Datenbank keine statistische Auswertung erfolgte und die daher hier nicht weiter betrachtet wird.
Mathie (2014)[31] stuft die Arbeiten von Jacobs (1993, 1994, 2000) – wie das NHMRC auch – nur als B oder C, also mit unklarem bzw. hohem Risiko eines Bias ein, also keinesfalls als zuverlässige Evidenz. Bei Mathie (2017)[32] wird die Studie Jacobs (2006) wesentlich schlechter beurteilt als beim NHMRC.
Altunc findet in seinem Review 2007[35] zu Kinderkrankheiten, darunter ebenfalls kindlicher Durchfall, keine Anhaltspunkte für einen überzeugenden Wirknachweis.
Schlussfolgerung: Das Ergebnis des NHMRC deckt sich mit den vorliegenden Untersuchungen. Die Behauptung des HRI steht in diesem Punkt im Widerspruch zur Evidenz.
(2) Heuschnupfen (allergic rhinitis)
Aus den systematischen Reviews wurden insgesamt 13 Placebo-kontrollierte Studien (PCTs)[B 16] extrahiert, dazu zwei Verlaufsstudien mit Kontrollgruppe. Diese einzeln zu betrachten führt im Rahmen dieses Artikels zu weit, jedoch ist der Vergleich mit den Ergebnissen von Linde (1997)[30] und Mathie (2017)[32] möglich. Das NHMRC kommt aufgrund der 13 PCTs mit insgesamt 1436 Testpersonen sowie den zwei Verlaufsstudien mit zusammen 248 Testpersonen zu dem Schluss, dass es eine gute Studie mit fast ausreichender Teilnehmerzahl gibt (n = 144), die auch ein positives Ergebnis erbracht hat, der aber durch die anderen Studienergebnisse widersprochen wird, und die auch nicht repliziert wurde. An der Gesamteinschätzung ändert die eine gute Studie folglich nicht viel, sodass es keine zuverlässige Evidenz für eine Wirksamkeit der Homöopathie über Placebo hinaus gibt.
Im Review von Linde (1997) werden bereits sechs dieser 13 PCTs sowie eine weitere, nicht vom NHMRC ausgewertete Studie betrachtet, zusammen 899 Patienten. Linde kommt zu dem Schluss, dass es kein einziges Krankheitsbild gebe, für das eine Wirksamkeit der Homöopathie über Placebo hinaus erkennbar wäre, also auch nicht für dieses.
Ganz ähnlich das Review von Mathie (2017): Hier werden acht der 13 Studien ausgewertet, darunter fünf, die nicht bereits bei Linde eingeflossen sind, sowie zwei weitere Vergleichsstudien mit insgesamt 1203 Teilnehmern. Auch Mathie kommt zu dem Ergebnis, dass sich aus keiner seiner für bestimmte Krankheitsbilder aufgestellten Meta-Analysen zuverlässige Wirkungsnachweise ergeben hätten – also auch nicht für den Heuschnupfen.
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse des NHMRC sind vergleichbar mit denen anderer systematischer Reviews. Die Aussage, dass es positive Evidenz für die Homöopathie bei Heuschnupfen gebe, entbehrt der Grundlage.
(3) Nasennebenhöhlenentzündung
In den vom NHMRC untersuchten systematischen Reviews finden sich drei Einzelstudien zur Sinusitis (Zabolotnyi (2007), Weiser (1994) und Wiesenauer (1989)), die als nicht zuverlässig angesehen wurden. Nachgereicht wurde die Arbeit von Friese (2007), die wegen stark unterschiedlicher Abbruchraten (Homöopathiegruppe 2 %, Placebogruppe 88 %) als „high risk of bias“ eingestuft wurde, weil dies zu einer ganz beträchtlichen Verzerrung führt.
Die CORE-Hom Datenbank[34] listet nur eine weitere Studie auf, Ricciotta (2005), die, soweit aus dem Eintrag dort zu entnehmen ist, die Einschlusskriterien erfüllt hätte, und auch zu positiven Ergebnissen kam, jedoch nur 38 Teilnehmer aufwies.
Insgesamt kommt das NHMRC zu dem Schluss, dass keine zuverlässige Evidenz für dieses Krankheitsbild vorliegt.
Im Review von Mathie (2017)[32] werden ebenfalls die vier Studien von Friese, Zabalotnyi, Weiser und Wiesenauer untersucht und ebenfalls als nicht belastbar bewertet. Alleine Zabalotnyi (2007) wird als „unclear risk of bias“ eingestuft, alle anderen als „high risk of bias“. Mathie fand in diesem Review kein einziges Krankheitsbild, für das eine Meta-Analyse eine positive Evidenz erbracht hätte – also auch für die Sinusitis nicht.
Schlussfolgerung: Das NHMRC kommt zu dem gleichen Ergebnis wie später Mathie – als Angehöriger des Homeopathy Research Institute sicher nicht gegen die Homöopathie voreingenommen – mit der üblichen Methodik systematischer Reviews. Auch hier ist die Behauptung, für diese Indikation gebe es zuverlässige Nachweise der Wirksamkeit, von den eigenen Leuten widerlegt worden.
(4) Infektionen der oberen Atemwege
Aus den systematischen Reviews der Literaturrecherche wurden insgesamt sieben Studien zu dieser Indikation extrahiert, davon vier kontrollierte Vergleichsstudien (Steinsbekk (2007), Steinsbekk (2005), DeLange (1994), Lecocq (1985)) sowie drei Verlaufsstudien mit Vergleichsgruppe (Haidvogl (2007), Rabe (2004), Riley (2001)). Nach den Erhebungen ergab keine der Vergleichsstudien einen signifikanten Vorteil gegenüber Placebo. In den Verlaufsstudien zeigte sich die Homöopathie den konventionellen Therapien, darunter Antibiotika, nicht unterlegen.
In den nachgereichten Daten fanden sich noch zwei Vergleichsstudien (Zanasi (2014), Steinsbekk (2005_b)). Die Arbeit von Steinsbekk wurde wegen der mangelnden Verblindung in Verbindung mit dem rein subjektiven Bewertungskriterium als „high risk of bias“ eingestuft. Die Arbeit von Zanasi hingegen wurde qualitativ als „low risk of bias“ bewertet, wegen der geringen Teilnehmerzahl allerdings als nicht belastbar eingestuft.
Der Vergleich mit der CORE-Hom Datenbank der Carstens-Stiftung erweist sich als schwierig, weil einerseits Studien, die Grippe bzw. grippale Infekte zum Gegenstand hatten, hier ebenfalls gelistet sind, andererseits auch Studien fehlen, die das NHMRC betrachtet hatte. Es ist mithin nicht möglich zu beurteilen, ob die Studienlage vollständig erfasst wurde.
Es liegen nur für wenige Studien Bewertungen aus anderen Reviews vor: bei Mathie (2014)[31] wird Steinsbekk (2005) als „high risk of bias“ eingestuft, DeLange (2004) als „unclear risk of bias“. Linde (1997)[30] bewertet die Arbeit von Lacocq (1985) als schlecht (Jadad Score 2 von 5, interne Validität als 50 von 100).
Zusammengefasst: Die Faktenlage ist nur schwierig einzuschätzen. Es existieren sechs Vergleichsstudien, von denen nur eine positive Resultate erbracht hat – aber längst nicht in allen betrachteten Kriterien – die große Mehrheit jedoch nicht. Verlaufsstudien können prinzipiell keine belastbare Evidenz liefern, da Störgrößen auch bei Vorhandensein einer Kontrollgruppe nur schlecht kontrolliert werden. Außerdem ist die Beurteilung der Wirkung bei prinzipiell selbstlimitierenden (von selbst weichenden) zumeist viral bedingten Infektionen sehr von den Untersuchungsbedingungen abhängig, zum Beispiel vom Zeitpunkt der Beurteilung des Erfolges: Nach 14 Tagen, wie bei Haidvogl (2007),[36] ist die Infektion unabhängig von jeder Behandlung abgeklungen.
(5) Schmerzen im unteren Rücken
Für diese Indikation liegen nur sehr wenige Studien vor. In den systematischen Reviews findet sich lediglich eine einzige Vergleichsstudie von Stam (2001), die als qualitativ gut eingestuft wurde und mit 161 Probanden auch ausreichend groß war. Untersucht wurde die Wirkung eines Präparates Spiroflor SRL im Vergleich zur herkömmlichen Therapie. Man fand eine bessere Verträglichkeit bei gleicher Wirksamkeit wie beim Vergleichspräparat (Cremor Capsici Compositus). Der Hersteller bezeichnet Spiroflor als homöopathisches Präparat. Als Inhaltsstoffe werden allerdings pro 10 g genannt: „Rhus toxidendron Tinktur 5 g, Ledum palustre Tinktur 5 g“.[37] Außer dem Namen auf dem Etikett deutet nichts auf ein tatsächlich homöopathisches Präparat hin. Folglich kann diese Untersuchung gar keinen Nachweis für die Wirksamkeit der Homöopathie erbringen.
Aus den Nachreichungen ergab sich noch eine Studie von Pach (2011), in der ein Komplexmittel im Vergleich zu Placebo und keiner Behandlung untersucht wurde. Die Arbeit wurde als „low risk of bias“ bewertet und war mit 150 Teilnehmern, allerdings verteilt auf drei Gruppen, zu klein. Es ergaben sich zwar signifikante Unterschiede zur Nicht-Behandlung, allerdings keine Vorteile gegenüber Placebo.
In der CORE-Hom Datenbank[34] werden noch Arbeiten von Gmünder (2002), Beer (2012) und Morris (2016) genannt, wobei letztere erst nach der Veröffentlichung des NHMRC-Berichts veröffentlicht wurde. Bei Gmünder (2002)[38] wird die Homöopathie in einer recht kleinen Gruppe (gesamt 43 Patienten) als Pilotstudie im Vergleich zur konventionellen Physiotherapie untersucht, und es wurden sogar bessere Werte erreicht. Erstaunlich ist aber, dass diese vielversprechende Arbeit, die ja für die Patienten einen erheblichen Vorteil bedeuten würden – einfach Kügelchen einnehmen anstatt sich regelmäßig beim Physiotherapeuten behandeln zu lassen – nach (Stand Januar 2018) 15 Jahren nicht zur Veröffentlichung einer Hauptstudie geführt hat. Dies deutet nicht darauf hin, dass es sich hier tatsächlich um ein reproduzierbares Ergebnis handeln könnte.
Bei der Arbeit von Beer (2012), die ebenfalls auf Deutsch veröffentlicht wurde und daher vom NHMRC in den Nachnennungen nicht berücksichtigt wurde, zeigte sich in der Auswertung der randomisierten Patienten kein signifikanter Vorteil des Homöopathikums gegen Placebo.
Schlussfolgerung: Die Studienlage deutet nicht darauf hin, dass die Homöopathie bei chronischen oder akuten Schmerzen im unteren Rückenbereich über Placebo hinaus wirksam sein könnte.
Zusammenfassung
Die Ergebnisse des NHMRC für die fünf Krankheitsbilder, für die nach Auffassung des HRI positive Evidenz vorläge, stimmen mit der tatsächlichen Studienlage und den Ergebnissen anderer Reviews, insbesondere mit Mathie (2014) und Mathie (2017) überein.
Behauptung: Datenbankrecherchen waren selektiv und für die Komplementärmedizin nicht ausreichend
Die Aussage Dellmours,[29] dass die Datenbankrecherchen selektiv gewesen und für die Komplementärmedizin nicht ausreichend gewesen seien, ist völlig unzutreffend. Es sollte, wie aus der Forschungsfrage erkennbar, nicht die Komplementärmedizin als Ganzes untersucht werden, sondern nur die Homöopathie. Die Literaturrecherche erbrachte zusammen mit den Einreichungen insgesamt einen zu untersuchenden Bestand von 225 klinischen Studien, sowohl kontrollierte Vergleichsstudien als auch Verlaufsstudien mit Kontrollgruppe. Im Vergleich dazu gibt die britische Faculty of Homeopathy an, dass es bis Ende 2014 189 randomisierte kontrollierte Vergleichsstudien gebe.[39] Das NHMRC hat folglich einen sehr umfassenden Überblick zum Stand der Forschung betrachtet.
Behauptung: Die Bewertung der Wirksamkeit muss systematisch nach Diagnosen erfolgen
Dellmour bemängelt, dass die Homöopathie als komplettes Therapiesystem indikationsübergreifend betrachtet worden sei, was kein sinnvolles Ergebnis erbringen könne. Vielmehr müssten die Bewertungen systematisch nach Diagnosen getrennt erfolgen.[29] Genau das wurde aber im Review getan. Es wurde jedes Krankheitsbild für sich betrachtet und danach die zusammenfassende Schlussfolgerung gezogen, dass es für kein Krankheitsbild belastbare Evidenz für eine Wirksamkeit der Homöopathie über Placebo hinaus gebe. Hingegen zitiert Dellmour die Arbeit von Mathie (2014) als Beleg für eine spezifische Wirkung homöopathischer Arzneimittel, die genau dem von ihm bemängelten Ansatz folgt.[31]
Die Beschwerde beim Commonwealth Ombudsman
Auf der Webseite des HRI[20] findet man die Information, die australischen Interessenvertreter der Homöopathie und Komplementärmedizin (Complementary Medicines Australia, Australian Homeopathic Association, Australian Traditional Medicine Society) hätten im August 2016 eine Beschwerde beim Commonwealth Ombudsman eingereicht, verbunden mit der Forderung, dieses Review zurückzuziehen. Es gibt eine Zusammenfassung der Einreichung,[26] die auch in deutscher Sprache vorliegt,[40] sowie den Hinweis auf eine 60-seitige vollumfängliche Analyse des Reviews, die „noch“ nicht zugänglich ist.
Auf diese Aktion der britischen und australischen Homöopathen wird auch in der Diskussion um das NHMRC Review in Deutschland verwiesen.[25][41] Man dokumentiert damit, man wolle sich mit allen Mitteln gegen diese Ungerechtigkeit wehren.
Commonwealth Ombudsman
Der Commonwealth Ombudsman ist eine Schiedsstelle, an die sich jeder australische Bürger kostenlos wenden kann, wenn er meint, von einem staatlichen Organ ungerecht oder willkürlich behandelt worden zu sein.[42][B 17] Es erscheint merkwürdig, diese Schiedsstelle in einem wissenschaftlichen Disput einzuschalten, denn es ist sicher zu bezweifeln, dass in dieser Schiedsstelle die wissenschaftliche Kompetenz gegeben ist, die Streitfrage zu beurteilen, ob das Review korrekt ausgeführt wurde. Erst wenn man dies verneint, dann könnte der Ombudsman tätig werden und eine Willkür der staatlichen Organisation NHMRC reklamieren, die zu einer Irreführung der Öffentlichkeit geführt haben könnte.
Beschwerdegründe
Die wesentlichen Beschwerdegründe sind:
- Es seien nicht standardisierte und nicht akzeptierte wissenschaftliche Methoden angewandt worden
- Interne Grundsätze und Verfahrensweisen seien nicht beachtet worden (z.B. NHMRC-interne Rechtsvorschriften, Normen, Leitlinien etc.)
- Der Transparenz- und Rechenschaftspflicht sei nicht Genüge getan worden
- Sowohl die Administration als auch die Methoden wären stattdessen in unangemessener Weise gegen die Homöopathie voreingenommen gewesen, was naturgemäß zu stark verfälschten Resultaten geführt hätte
Verfolgung
Man sollte meinen, dass ein so wichtiger Schritt, sich über offizielle Kanäle gegen den als ungerechtfertigt empfundenen Übergriff einer Regierungsorganisation zu wehren, auch publiziert und verfolgt wird. Das ist aber nicht der Fall: Das HRI sowie die sich direkt auf das HRI beziehenden Artikel berichten über diese Beschwerde erst ab April 2017, über ein halbes Jahr nach der angeblichen Einreichung. Die Australian Homeopathy Association hat eine eigene Webseite zur Kritik an dem NHMRC-Review eingerichtet,[21] auch hier findet man die Zusammenfassung der Kritikpunkte, aber nichts weiter. Es gibt (Stand Januar 2018) keinen Bericht über die Einreichung oder den gegenwärtigen Status.
Üblicherweise, so sagt es jedenfalls der Jahresbericht des Ombudsmanns aus, geht die Bearbeitung recht schnell: Im Berichtszeitraum 2016/2017 wurden 85 % der insgesamt 41.301 erhaltenen Eingaben innerhalb von 90 Tagen abgeschlossen.[43] Eine solche rasche Erledigung wäre sicher bei einer Überprüfung des NHMRC-Reviews nicht zu erwarten. Es ist allerdings erstaunlich, dass in den 15 Monaten seit Einreichen der Beschwerde (Stand November 2017) weder das NHMRC noch Prof. Glasziou zu einer Stellungnahme aufgefordert wurden.[44]
Schlussfolgerung
Wenn die Eingabe an den Ombudsmann überhaupt je stattgefunden hat, dann hat er diese sehr wahrscheinlich nicht angenommen oder nach kurzer Prüfung zurückgewiesen, auf keinen Fall aber verfolgt. Das wiederum müsste das HRI bzw. die AHA wissen, ohne dass diese Information in den Webauftritt eingeflossen wäre.
Zusammenfassung zur Kritik
Die Kritik an dem Review des NHMRC ist sehr umfangreich und beleuchtet sehr viele verschiedene Facetten über das Umfeld, die Methodik und die Durchführung sowie das aus Sicht der Homöopathen unerwünschte Ergebnis selbst. Die in der Öffentlichkeit sehr engagierte Diskussion um diese Arbeit und ihre möglichen Unzulänglichkeiten sind jedoch relativ bedeutungslos: Das NHMRC kommt zu genau dem gleichen Ergebnis wie Mathie als Mitarbeiter des HRI in seinen in 2014 und 2017 veröffentlichten systematischen Reviews:
Insgesamt hat Mathie in beiden Reviews 107 Einzelstudien untersucht und fand nur zwei Studien, die als qualitativ gut („low risk of bias“), also als zuverlässige Evidenz betrachtet werden können. Mathie hat zwar vier weitere Studien zur zuverlässigen Evidenz aufgewertet, was allerdings im Widerspruch zu den üblichen Vorgehensweisen steht und im Studienprotokoll nicht vorgesehen war.
Die Kritik am Review des NHMRC hat keinen einzigen Punkt fundiert widerlegen können. Man konnte keine Indikation finden, bei der sich die Homöopathie als klar über Placebo hinaus wirksam erwiesen hätte. Diese Punkte sind umso bedeutsamer, weil Mathie die am NHMRC hauptsächlich kritisierten Fehler nicht gemacht hat:
- Als Mitarbeiter des HRI und mit Autoren, die überwiegend für Homöopathie-affine Organisationen arbeiten, ist eine Voreingenommenheit gegen die Homöopathie auszuschließen.
- Mathie hat klassische Reviews ausgeführt, sogar getrennt zwischen einzelnen Ausprägungen (individualisierte Homöopathie und nicht-individualisierte Homöopathie).
- Mathie hat keine Größenbeschränkung der Studien berücksichtigt.
Er kommt aber dennoch zweimal zum gleichen Ergebnis wie das NHMRC.
Angesichts der wirklich als unabhängig anzusehenden Bestätigung der Ergebnisse des NHMRC durch einen Mitarbeiter des Homeopathy Research Institute kann man sicher davon ausgehen, dass es tatsächlich keine belastbaren Wirkungsnachweise für die Homöopathie gibt und dass die von ihren Anhängern behauptete starke, der konventionellen Medizin gleichwertige oder gar überlegene Wirksamkeit der Homöopathie nicht gegeben ist.
Quellen- und Literaturangaben |
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Anmerkungen und Originalzitate |
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